Im Kanton
Zürich gilt das sechsjährige Langgymnasium als Königsweg zur Matura,
entsprechend gross ist der Andrang. Rund 3800 Kinder meldeten sich dieses Jahr
für die Aufnahmeprüfung an, gut die Hälfte hat sie bestanden. Zum Vergleich:
Aus der Sekundarschule versuchten dieses Jahr rund 3300 Jugendliche den Sprung
ans Kurzgymnasium, geschafft haben es 1300. Der Anteil der Kinder, die über das
Langgymnasium zur Matura gelangen, hat über die Jahre zugenommen.
Im Kanton Zürich werden pro Jahr bis zu 400 Schüler weniger den Spring ans Langgymnasium schaffen, NZZaS, 29.5. von René Donzé
Ab nächstem Jahr aber wird dieser Königsweg bedeutend steiniger
werden. Künftig sollen weniger Sechstklässler die Aufnahme ans erste
Untergymnasium schaffen, so die Vorgabe der Politik. Dafür sollen dann mehr aus
der Sekundarschule ans Kurzgymnasium wechseln. Von einer «späteren und stärker
leistungsbezogenen» Aufnahme spricht der Regierungsrat in seiner Botschaft zum
Sparpaket 2016. Er erhofft sich einen Spareffekt von über 4 Millionen Franken
im Jahr, weil er die Schüler dadurch weniger lange finanzieren muss. Marc
Kummer, Chef des Mittelschul- und Berufsbildungsamts, rechnet mit einer
Verschiebung von etwa 300 bis 400 Schülern pro Jahrgang vom Lang- ins Kurzgymi.
Das bedeutet, dass etwa ein Viertel weniger Kinder ins Langgymi eintreten
können.
Damit ist erstmals klar gesagt, worum sich die Verantwortlichen
bis heute immer drückten: Es gibt eine Zulassungsbeschränkung an den
Mittelschulen, und diese wird nun – mindestens für die Langgymnasien –
verschärft. «Bereits jetzt wird die Aufnahme über die zentrale Aufnahmeprüfung
gesteuert», sagt Silvio Stucki, Präsident des Mittelschullehrpersonenverbandes
Zürich (MVZ). «Nun werden die Mittelschulen gezwungen, hier noch strengere
Massstäbe anzusetzen.»
Ein Kenner des Aufnahmeverfahrens bestätigt, dass jetzt schon der
Notenschlüssel jeweils nach der Korrektur der Prüfungen so angepasst wird, dass
nicht zu viele Kinder bestehen. Hier müsse künftig weiter geschraubt werden,
vermutet er. Konkrete Anweisungen dazu gibt es seitens der Bildungsdirektion
indes nicht. Der Druck erfolgt über das Geld; der Finanzierungsschlüssel für
die Unter- und Obergymnasien soll angepasst werden: «Wir setzen die
finanziellen Rahmenbedingungen um», sagt Kummer. «Eine allfällige Verschärfung
der Prüfungen ist Sache der Mittelschulen.» Er erhofft sich, dass dank
strengeren Prüfungen auch die Zahl derjenigen gesenkt wird, die die Probezeit
nicht bestehen.
Die Mittelschullehrer kritisieren das Vorgehen des Kantons scharf:
«Es geht nicht an, dass die Bildungspolitik immer mehr durch die Finanzpolitik
fremdgesteuert wird», sagt MVZ-Präsident Stucki. Die Aufnahme ins Gymnasium
sollte sich nicht nach den Finanzen des Kantons richten: «Grundsätzlich muss
sie sich an der Leistung der Schüler orientieren», sagt er.
Das Ziel der Bildungsdirektion ist, dass in Zukunft etwa gleich
viele Schüler den Weg übers Lang- und Kurzgymnasium zur Matur wählen. Diese
Vorgabe machte kürzlich der Kantonsrat, er will damit vor allem auch die
Sekundarschule stärken. Heute liegt das Verhältnis bei rund 60 zu 40 Prozent.
Die gymnasiale Maturitätsquote im Kanton Zürich von knapp 20 Prozent soll
jedoch nicht gesenkt werden, der Kanton liegt damit etwa im Schweizer
Durchschnitt. Längst nicht alle Kantone führen überhaupt Langgymnasien. Neben
Zürich sind dies: Appenzell Innerrhoden, Glarus, Graubünden, Luzern, Nidwalden,
Obwalden, Uri und Zug. In den anderen Kantonen führt einzig der Weg über die
Sekundarschule zur Matura.
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