3. März 2016

Friede, Freude, Eierkuchen

Christoph Eymann trat zum letzten Mal vor die versammelte Basler Lehrerschaft. Es wurde gelacht und gedankt.
Erziehungsdirektor gesteht Fehler ein, Basler Zeitung, 3.3. von Franziska Laur

Schon am Dreispitz waren die Busse voll mit Pädagogen und vor der St. Jakobshalle rieben sich um acht Uhr morgens einige den Schlaf aus den Augen, bevor sie sich zur Gesamtkonferenz ins Innere drängten. Doch dort verscheuchte fetzige Musik zu einer Diashow die letzte Schlaftrunkenheit. Und bevor die lärmige Action für Murren sorgte, ergriff Gaby Hintermann, Präsidentin der Kantonalen Schulkonferenz, charmant das Wort und begrüsste ihre Lehrerkollegen.

«Ich setze mich für eine Schule ein, in die man gerne geht», sagte sie. Doch man habe schwierige Jahre hinter sich. Sie plädierte dafür, die Fünf gerade sein zu lassen. Auch in Bezug auf die Noten müsse ein Spielraum möglich sein und man könne nicht alle Schüler über einen Kamm scheren. «Eine gute Schule ist nicht, wenn alle am Ende eines Schuljahrs genau das Gleiche durchgenommen haben, sondern wenn auch Raum blieb, um auf individuelle Voraussetzungen einzugehen», sagte sie.

Hintermann sprach auch den Druck an, der permanent geäussert würde. «Ich höre oft, dass die Schule mehr leisten soll. Dass wir in Basel besser werden müssten. Gleichzeitig haben wir einen Integrationsauftrag zu erfüllen – das heisst, die Schule wird immer heterogener.» Doch anstatt dass es mehr Geld gebe, werde bei den Schulen gespart.

Zum Schluss richtete sie ihre Worte direkt an den anwesenden Erziehungsdirektor Christoph Eymann. Ihre Kolleginnen und Kollegen würden sich nach all den Umwälzungen sehnlichst etwas mehr Ruhe wünschen. «Ruhe vor weiteren Grossprojekten und Aufträgen von aussen, damit man im Inneren wieder etwas ansäen, aufbauen und entwickeln kann.» Dazu erschien auf dem Diaprojektor ein Gedicht, das eine Lehrperson verfasst hat:

D Basler Schuel kocht alles neu.
Dank Harmos hämer jetzt e Brei,
wo ewig überlaufe duet.
Siess isch är nit. Und au nit guet.
Mit Qualität het das nümm z due.
I wünsch uns allne wider Rueh
und aine, wo mit ganz viel Muet
dä Dampfkochtopf abstelle duet!
Lehrmittel nicht vorhanden
Eymann zeigte in seiner Ansprache, die übrigens die letzte an einer kantonalen Schulkonferenz ist, da er Ende Jahr abtritt, denn auch viel Verständnis für die Nöte der Pädagogen. Die Belastungen wie auch die Unsicherheiten seien aufgrund der Reformen in den vergangenen Jahren tatsächlich enorm gestiegen. Und er räumte Fehler ein: «Doch wir werden bestrebt sein, besser zu werden.»

So ist beispielsweise das Anmel­deprozedere für die neue Sekundarschule schiefgelaufen. Zahlreiche Eltern wehrten sich gegen die Zuteilung ihrer Kinder. Dazu überschritten bei Schulbeginn fast die Hälfte aller 21 Sek-Klassen des P-Zugs die vorgegebene maximale Klassengrösse von 25 Kindern um bis zu drei Kinder. Auch gibt es für die neuen Sammelfächer des Lehrplans 21 noch keine Lehrmittel. Die Verlage warten zu, bis auch Bern und Zürich den neuen Lehrplan umsetzen.

Eymann gab jedoch seiner Dankbarkeit Ausdruck, dass die Lehrpersonen trotz allen widrigen Umständen nicht lediglich Dienst nach Vorschrift machen, sondern mithelfen würden, die Fehlerkette zu durchbrechen. Er wies darauf hin, dass nicht nur die Schule im Umbruch sei, sondern die ganze Gesellschaft. So bleibe der Schule nichts anderes übrig, als darauf zu reagieren. Er sprach die Informationstechnologie und die Mobiltelefonie an, die nicht zuletzt schulische Probleme wie Ablenkung oder Mobbing generieren würden.

Eymann liess es sich nicht nehmen, in seiner letzten Rede vor 2000 Lehrkräften auch Bonmots zu zitieren. So habe ihm ein Pädagoge einmal gesagt, er würde ein Elterngespräch mit folgenden Worten beginnen: «Wenn Sie mir versprechen, dass Sie nicht alles glauben, was Ihr Kind Ihnen über die Schule erzählt, verspreche ich Ihnen, dass ich nicht alles glaube, was Ihr Kind über Ihr Familienleben erzählt.»
Warnung von Eymanns Lehrer
Und Eymann schloss sein Referat mit einer Mahnung seines ehemaligen Deutschlehrers. Falls jemals einer aus der Klasse Erziehungsdirektor werden sollte, dürfe er sein Referat an der Schulkonferenz keinesfalls, wie es einmal einer getan hatte, mit den Worten beginnen: «Ich habe den Saal schon voller gesehen und ich habe den Saal schon leerer gesehen. Aber so voller Lehrer habe ich ihn noch nie gesehen.» Eymann gestand, er getraue sich nun zum Schluss seiner Karriere als Erziehungsdirektor, diese kleine Episode zu erzählen. Sie sorgte für viel Gelächter im Saal.

Zum Abschluss des offiziellen Teils präsentierte Gaby Hintermann eine Resolution. Einstimmig beschloss die kantonale Schulkonferenz, dass für die Klassenleitungsfunktion auf allen Schulstufen eine angemessene zeitliche Entlastung vom Unterricht erfolgt.

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