16. März 2016

Bern forciert Digitalisierung

Digitale Lehrmittel, aber nicht um jeden Preis: Das hat der bernische Grosse Rat am Mittwoch bei der Beratung der neuen Berner Bildungsstrategie zum Ausdruck gebracht.
Das Kantonsparlament überwies der Kantonsregierung zwei sogenannte Planungserklärungen zur Digitalisierung der Schule. Diese Planungserklärungen sollen nun Eingang finden in die Bildungsstrategie 2016.













Digitale Medien wichtig bei der Individualisierung des Unterrichts, Bild: Valérie Chételat
Grosser Rat will keine übermässige Digitalisierung der Schule, Bund, 16.3. 


In der ersten sagt der Rat, dass digitale Medien einen wichtigen Platz im Unterricht haben und der Kanton die Gemeinden organisatorisch bei den daraus erwachsenden zusätzlichen Lasten unterstützt. Eine finanzielle Unterstützung prüft er.

In der zweiten sagt der Rat, erfolgreiche Individualisierung sei zentral für einen guten Unterricht. «Dabei dürften digitale Lernmedien in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.»
Der Rat wollte aber nicht, dass die Pädagogische Hochschule Bern sowie die Lehrverlage bei der Evaluierung und Herstellung von digitalen Medien mit individualisiertem Lehrprofil verstärkt tätig werden. Den entsprechenden Antrag der SP-Fraktion lehnte der Rat ab.

Im Rat hiess es dazu, gerade in der Unter- und Mittelstufe der Primarschule müsse man zurückhaltend sein mit digitalen Medien. Zentral sei immer noch ein guter Unterricht durch die Lehrpersonen. Pestalozzis Forderung, Kinder nach Kopf, Herz und Hand auszubilden, gelte immer noch, sagte Lehrerin und Grossrätin Sabina Geissbühler (SVP).

Und Heimleiter und Grossrat Michel Seiler (Grüne) sagte, er habe viele digital geschädigte Jugendliche in seinem Heim. SP-Grossrat und Schulleiter Roland Näf hingegen zeigte sich überzeugt, dass digitale Medien in der Schule immer wichtiger würden.

Der Könizer Schulvorsteher und GLP-Grossrat Thomas Brönnimann wiederum gab Seiler zu bedenken, Jugendliche seien nicht wegen digitaler Medien geschädigt, sondern wegen «haltlosen Gamens». Für die Gemeinde Köniz habe die Ausrüstung der Schulen mit Informationstechnologie eine grosse Herausforderung bedeutet. Support vom Kanton sei willkommen.

Strategie gut angekommen
Die vom kantonalen Erziehungsdirektor Bernhard Pulver vor einem Jahr vorgestellte Bildungsstrategie 2016 des Kantons Bern kam im Rat prinzipiell gut an. Die SVP-Fraktionssprecherin und der EDU-Fraktionssprecher begrüssten ausdrücklich, dass sich die Erziehungsdirektion darin zu Ruhe im Bildungsbereich bekennt.

Stabile Rahmenbedingungen sind eine von drei in der Strategie vermerkte Handlungsschwerpunkte. Die zwei anderen sind Unterrichtsentwicklung durch pädagogischen Dialog und gute Anstellungs- und Arbeitsbedingungen.
Die Bildungsstrategie 2016 löst ein Vorgängerpapier aus dem Jahr 2009 ab und soll als Standortbestimmung und Wegweiser in der kantonalen Bildungspolitik dienen.
Insgesamt 18 Planungserklärung lagen dem Grossen Rat zur Beratung vor. Noch nicht über alle hat er am Mittwoch entschieden. Ja sagte er etwa auch zu einer Forderung, der Kanton solle in Zusammenarbeit mit Gemeinden, welche mit Frühförderungsprojekten gute Erfahrungen gemacht hätten, ein neues solches Projekt starten.


Der Kanton soll auch besonders starke und besonders schwache Schüler gleichermassen unterstützen.

3 Kommentare:

  1. Habe ich das richtig verstanden? Die SP forderte "dass die Pädagogische Hochschule Bern sowie die Lehrverlage bei der Evaluierung und Herstellung von digitalen Medien mit individualisiertem Lehrprofil verstärkt tätig werden."

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  2. Auch die Berichterstattung ist verwirrend. Der Bund titelt "will keine übermässige Digitalisierung". In der Wirklichkeit wird jedoch eine klare Forcierung des Umgangs mit Computern die Folge sein - verbunden mit der in Bern unbestrittenen Individualisierung.

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  3. Dass erfolgreiche Individualisierung für einen guten Unterricht zentral sein soll, wäre an sich schon ein Thema, über das man erst einmal diskutieren müsste. Es kommt nämlich sehr darauf an, was man unter Individualisierung versteht. Ob dann daraus ein erhöhter Bedarf an digitalisierten Lehrmitteln abgeleitet werden kann, ist auch noch die Frage. Tatsache ist, dass Kinder in erster Linie gute Lehrer brauchen, die von den Eltern und den Behörden unterstützt werden. Und zweitens brauchen sie eine förderliche Klassengemeinschaft, in der sie unter pädagogischer Anleitung gemeinsam mit den anderen lernen können. Medien, auch digitale, sind nur Hilfsmittel. Diese sollten alters-und bedarfsgerecht eingesetzt werden können. Leider klingt es hier aber wieder einmal nach einem lukrativen Geschäft, wenn es heisst " Der Einsatz von ... spielen in der Zukunft eine wichtigen Rolle." Dies gilt wohl in erster Linie nicht für die Bildung sondern für die Lernverlage. Das scheint in diesem Fall die SP noch nicht wahrgenommen zu haben.

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