16. März 2016

Grossangriff auf integrative Schule

Zwei separate Vorstösse, aber die gleiche Stossrichtung: Sowohl die FDP- wie auch die SVP-Fraktion im Aargauer Kantonsparlament fordern die Aufhebung der integrativen Heilpädagogik, was gleichbedeutend mit dem Ende der integrativen Schulung wäre.











Die integrierte Heilpädagogik kostete im Aargau im Jahr 2015 44,7 Millionen. Im Jahr 2011 waren es noch 27,6 Millionen, Bild: Chris Iseli


Nach Ansicht der FDP-Fraktion geht aus dem Bericht über die Ergebnisse der integrativen Schulung im Aargau hervor, dass die integrative Schulungsform (ISF) ihre Ziele verfehlt habe. Denn es sei keine messbare Qualitätsverbesserung erkennbar.

Die Lernfortschritte bei integrativer Schulung seien in etwa dieselben wie in anderen, konventionelle Schulungsformen. Aber die ISF brauche dafür deutlich mehr Ressourcen, als heute zur Verfügung stehen, damit sie gelingen kann.
Im Klartext: Die 44,7 Millionen Franken, die im Jahre 2015 für integrative Schulung ausgegeben wurden, reichen auf die Dauer nicht aus. Zudem schliesst die FDP-Fraktion aus dem Bericht, dass die integrative Schulung lernschwachen Schülern oft mehr schadet als nützt.

Deshalb verlangt die FDP-Fraktion, dass der heilpädagogische Unterricht nicht mehr in den Regelklassen stattfinden soll. Stattdessen sollen unterstützungsbedürftige Kinder «im geeigneten Klassenrahmen ausserhalb der Regelklasse so weit gestärkt und befähigt werden», dass sie den Wechsel in die Regelklasse möglichst schaffen und dort bestehen können.
Klipp und klar ist auch die Forderung der SVP-Fraktion: Auf integrierte Heilpädagogik soll künftig verzichtet werden. Entsprechend sei das Schulgesetz zu ändern, fordert die SVP – und zwar in der Art, dass Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten in der Primarschule und Oberstufen nur noch in Kleinklassen von Heilpädagogen gefördert werden.

Rückkehr zur Kleinklasse

Die SVP argumentiert ähnlich wie die FDP: Mit der integrierten Heilpädagogik sei keine messbare Qualitätsverbesserung eingetreten. Im Gegenteil. Die Wirtschaft beklage sich, dass die Realschulabgänger heute weniger Wissen für die Lehre mitbringen. Realschüler hätten heute vermehrt Mühe, eine Berufslehre zu absolvieren.
Mit der flächendeckenden Wiedereinführung der Kleinklasse möchte die SVP die Realschule stärken. Denn der Ruf der Realschule sei nicht mehr sehr gut. Viele Berufsverbände nähmen nur noch zögerlich Realschüler auf, da das notwendige Leistungsniveau nicht erreicht werde. Die SVP verweist dabei auf den Umstand, dass viele lernschwache Schüler in der Realschule von Lernzielen befreit seien.
Dazu komme noch, dass viele Eltern deshalb mit allen Mitteln versuchten, die Einteilung ihres Kindes in die Realschule zu verhindern. Mit gravierenden Folgen: Die Klassengrössen an den Realschulen seien tendenziell zu klein und wiesen eher die Grösse von Kleinklassen auf. So werde die Realschule ein Auffangbecken für kognitiv Schwache und Verhaltensauffällige.

Sowohl «normale» Realschüler wie auch Schüler mit Lernschwierigkeiten hätten Anrecht auf ein angemessenes Lernumfeld. Deshalb, so der Schluss der SVP: Rückkehr zum System der Kleinklassen, Verzicht auf die integrierte Heilpädagogik. Das helfe nicht nur den Schülerinnen und Schülern, sondern sei unter dem Strich für den Staat erst noch günstiger.

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