26. Januar 2016

"Prüfungen am Montag sind ein No-Go"

Bis zu 34 Lektionen pro Woche drücken die Schüler der Oberstufe in der Schweiz die Schulbank. Danach sind mehrere Stunden Hausaufgaben und Lernen für Prüfungen angesagt. Hinzu kommen Musikunterricht und Sport. Bei Peter Hofmann, Schulrechts-Experte und Leiter der Fachstelle Schulrecht GmbH, läuten die Alarmglocken. «Wir laufen Gefahr, dass eine Generation von Kindern unter dem Leistungsdruck und überzogenen Erwartungshaltungen zusammenbricht», warnt er in der Zeitschrift «Bildung Schweiz».
Im Oberstufenalter leisteten Jugendliche oft mehr als in einer Lehre, prangert er an. Damit verstiessen die Schule und die Gesellschaft laut dem Schulrechtler gar gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Diese verlangt, dass bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl der Kinder vorrangig zu berücksichtigen sei.













Oberstufen-Schüler stark unter Druck. Bild: Getty Images
Der hohe Leistungsdruck macht die Schüler krank, 20 Minuten, 25.1. von B. Zanni

Auch Lehrervertreter bestätigen, dass der Schuldruck gross ist. «Wir haben eine anforderungsreiche Schule, die gute Resultate bringt, und betreiben keine Kuschelpädagogik», sagt Beat Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH). Sicher nicht alle, aber ein Teil der Schüler sei an der Belastungsgrenze angekommen.

Psychologen sind vermehrt mit erschöpften Jugendlichen konfrontiert. «Nervosität, Ängstlichkeit, Sorgen und depressive Störungen haben bei Oberstufenschülern zugenommen», sagt Urs Kiener, Kinder- und Jugendpsychologe bei Pro Juventute. Er verweist zudem auf eine Studie mit Schülern der Stadt Zürich. «Knapp die Hälfte gab an, regelmässig Schmerzmedikamente etwa gegen Kopf- und Rückenschmerzen zu konsumieren.»

Auch Jugendpsychologe Allan Guggenbühl erlebt oft überlastete Schüler. «Sie haben Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder den Schulverleider», sagt er. Er stellt fest, dass die Leistungsnachweise zu schaffen machen. «Die Schüler haben das Gefühl, sie müssten permanent Output produzieren.» Sie müssten sich nicht nur in Prüfungen, sondern auch mit aufwendigen Arbeiten beweisen. «Das selbständige Lernen, das als grosser Fortschritt angepriesen wird, ist zum Teil ein Schuss nach hinten.»

«Prüfungen am Montag sind ein No-go»
Peter Hofmann sieht dringenden Handlungsbedarf. Der Lehrplan 21 habe die Chance verpasst, die Lektionen spürbar zu reduzieren. «Wir überlasten die Schüler zeitlich und verplanen ihre Kindheit.» Er fordert, dass die Schüler am Wochenende weder Hausaufgaben erledigen noch sich auf Prüfungen für den Montag vorbereiten müssen. «Der Montag als Prüfungstag ist ein absolutes No-go. Es löst bei den Jugendlichen, aber auch der ganzen Familie unnötigen Stress aus!» Auch das Jugendparlament St. Gallen-Appenzell verlangte, dass die Anzahl der Prüfungen an den Schulen pro Tag und Woche begrenzt wird.

Beat Zemp zeigt dafür ein gewisses Verständnis. Nähmen die Lektionen, Freifächer, Hausaufgaben und Prüfungsvorbereitung pro Woche 45 Stunden oder mehr ein, sei das deutlich zu viel. «Die obere Grenze für die Sekundarstufe liegt bei 42 Stunden», so der LCH-Präsident. Leide die Mehrheit einer Klasse unter zu vielen Prüfungen oder Hausaufgaben, müsse sie mit der Lehrperson nach Lösungen suchen.

Zemp betont aber auch, dass die Schule durchaus streng sein dürfe und müsse. «Wir sind keine Larifari-Gesellschaft, sondern ein fleissiges Volk.» Eine gewisse Härte bereite die Schüler optimal auf das Berufsleben vor.


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