3. Januar 2016

Alternative zu Time-out

Kerbholz28 bietet Schülern, die von der Schule ausgeschlossen wurden, eine Auszeit. Die Waldschule plant nun den Ausbau.











Kochen und Einkaufen gehört zum Programm, Bild: Facebook
"Bei uns bekommen Kids eine Pause von allem", 20 Minuten, 2.1. von Nadine Ellis


Sie sind zwischen 7 und 14 Jahre alt, stören massiv in der Schule oder gefährden sich oder ihr Umfeld – bis es dann heisst: 12 Wochen Schulausschluss. Kinder, die vom Unterricht ausgeschlossen worden sind, werden unter anderem in der 2004 eröffneten Waldschule Kerbholz28 in Frieswil betreut.

Die Waldschule hat seither 114 Kinder betreut und unterscheidet sich von klassischen Time-out-Klassen. Auch sie fördern zwar Schüler mit Lern- oder Leistungsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten, werden aber von den Schulgemeinden organisiert und durchgeführt. In der Time-out-Klasse werden die Kinder daher weiterhin in einem kleineren Pensum unterrichtet – nicht so in der Waldschule.

Pause von allem – ohne Frontalunterricht
«Bei uns bekommen die Kinder eine wirkliche Pause von allem», erzählt die pädagogische Leiterin der Schule Alice Zbinden. Ob bei Regen oder eitel Sonnenschein: Die Kinder verbringen den ganzen Tag in einem selbstgebauten Camp im Wald. Sie sollen so Abstand vom regulären Schulunterricht gewinnen können und eine Chance bekommen, die Geschehnisse zu verarbeiten und auf die Reintegration hinzuarbeiten.

Das Konzept der Waldschule beinhaltet explizit keinen Frontalunterricht: «Würden wir ihn den Kindern aufzwingen wollen, würden sie sich dem Stoff verweigern», erklärt Zbinden. Dennoch lernen die Kinder viel. So rechnen sie etwa ihre Einkäufe fürs Zmittag im Kopf zusammen oder vermessen neue Bauten für ihr Camp. Auch im Winter sind die Kinder im Wald aktiv und ziehen nicht etwa in einen Klassenraum: «Wir ziehen einfach Handschuhe an», sagt Zbinden lachend.

«Mein Leben ist doch schon gelaufen»
Derzeit sind fünf Kinder und Jugendliche in der Waldschule – es gab aber auch schon Zeiten, in denen die Klasse leer blieb. Zbinden zeigt sich daher zufrieden, dass das Angebot in den letzten Jahren immer mehr genutzt worden sei: «Zwar ist die Problematik gleich gross wie früher, man ist aber sensibler geworden und reagiert schneller», erklärt die Pädagogin.

Dank der Auszeit in der Waldschule soll die Reintegration der Kinder in die Stammklasse gelingen. Doch auch ein guter Einstieg in die Waldklasse sei enorm wichtig. Jugendliche bräuchten oft länger, bis sie wieder eine Beziehung eingehen könnten: «Der Schaden bei den älteren Kindern ist oft gross. Viele sind der Meinung, ihr Leben sei schon gelaufen», erzählt die pädagogische Leiterin. Die Arbeit mit den Kleinen hingegen sei etwas einfacher, da sich die Situationen bei ihnen noch nicht «eingeschliffen» habe.

Hohe Erfolgsquote
Da die regulären Schulen gut mit der Waldschule zusammenarbeiten, könnten heute bis zu 95 Prozent der Kinder in die Stammklasse zurückkehren. «Es wird aber immer wieder Kinder geben, die absolut nicht in unser Schulsystem passen. Sie müssen individuelle Wege finden», so Zbinden.

Daher sucht die Waldschule derzeit nach einer Liegenschaft mit Land und Wald, um das Angebot vergrössern zu können. «Wir wollen eine Schule werden für jene, die keine Schule im klassischen Sinn ertragen und auch für jene, die länger als 12 Wochen brauchen, um wieder in die Spur zu kommen», so Zbinden. «Wir können zudem sagen, dass wir ein Drittel bis zur Hälfte günstiger sind als Heime oder stationäre Einrichtungen, denn bei uns fallen teure Therapien weg», erzählt die Leiterin. Auch daher ist sei die Schule auf Spenden angewiesen.

Die Pädagogin liebt ihren Job: «Es ist schön, die Kinder lachend und spielend zu sehen und zu erleben, wie sie aufblühen und sich entwickeln.»


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