27. Dezember 2015

Rentenkürzungen provozieren Frühpensionierungen

Die Zürcher Pensionskasse BVK kürzt per 2017 die Renten. Ältere Betroffene wollen dem nun mit einem Kniff begegnen. Das ärgert den Kanton.














Kanton warnt Schulgemeinden vor Optimierungstricks bei Frühpensionierungen, Bild: Westend 61
Der Renten-Trick der Zürcher Lehrer, NZZaS, 27.12. von René Donzé


Es war keine frohe Botschaft, welche die Versicherten von ihrer Pensionskasse BVK im letzten Sommer erhalten haben: Die Kasse plant per 2017 einen neuen Vorsorgeplan, der für die Betroffenen teilweise zu einschneidenden Rentenkürzungen führen wird. Der technische Zinssatz wird von 3,25 auf 2 Prozent reduziert, die Berechnungsart verändert. Zudem steigen die Sparbeiträge. Betroffen von der Massnahme der ehemals staatlichen Beamtenversicherungskasse sind Tausende Angestellte des Kantons Zürich, vieler Zürcher Gemeinden, Kirch- und Schulgemeinden. Die Rede ist von Einbussen von bis zu 17 Prozent.

Nun macht in Lehrerkreisen eine Idee die Runde, wie ältere BVK-Versicherte die Massnahmen austricksen könnten. Das geht aus einem Schreiben hervor, das das Zürcher Volksschulamt und der Verband Zürcher Schulpräsidien (VZS) verschickt haben. Darin warnen sie vor Sonderlösungen. Und weiter: «Das Volksschulamt legt Wert auf die Feststellung, dass eine solche Umgehungslösung unsolidarisch und mit der Vorbildfunktion einer Lehrperson oder eines Schulleiters kaum vereinbar wäre.»

Konkret geht es um Versicherte, die per 1. Januar 2017 mindestens 60 Jahre alt sind. Ihnen garantiert die BVK den Besitzstand: Ihre Renten werden nicht sinken, aber auch nicht mehr steigen, trotz weiteren Zahlungen. Dies zumindest während eineinhalb bis zwei Jahren, bis die Lücke in ihrer Vorsorge wieder gestopft ist.

Klarheit schaffen
Offenbar liebäugeln jetzt viele Lehrer damit, sich frühzeitig pensionieren zu lassen, um die garantierte Rente zu erhalten, und sich dann gleich wieder anstellen zu lassen. Das würde ihnen eine zusätzliche Rente bringen, so die Rechnung. «Offensichtlich haben sich findige Lehrerinnen und Lehrer mit dieser Möglichkeit auseinandergesetzt», sagt VZS-Präsidentin Vera Lang. Sie habe von mehreren Gemeinden erfahren, in denen dies der Fall sei.

Man habe mit dem gemeinsamen Rundschreiben Klarheit schaffen wollen, bevor die Lehrer mit den Kündigungen kommen: Ein Altersrücktritt mit sofortiger Wiederanstellung würde von der BVK nicht akzeptiert, es brauchte einen Mindestunterbruch von einem Monat, heisst es darin. Auch eine Anstellung als Vikar wäre «in dieser Situation nicht vorgesehen». Kanton und VZS bitten die Schulpflegen um eine klare Haltung in dieser Sache - auch gegenüber den Schulleitern.

Auch andere BVK-Versicherte könnten eigentlich mit diesem Trick eine höhere Rente anstreben. Dass der Kanton mit dem Schreiben die Schulen anspricht, hat damit zu tun, dass Lehrer zwar kantonal angestellt sind, die Anstellungskompetenz aber bei den Schulpflegen liegt. Bei den direkt Angestellten kann er selbst eingreifen. Dass sich der Trick finanziell lohnt, bezweifelt Roger Keller, Sprecher der Finanzdirektion. Rente und voller Lohn würden wegen der Progression zu markant höheren Steuern führen. «Ich frage mich, ob das steuerlich durchdacht ist», sagt Keller.

Mehr Pensionierungen
Doch auch ohne das Schielen auf finanzielle Vorteile dürfte sich der eine oder andere kantonale Angestellte, der vor dem 1. Januar 1957 geboren ist, Gedanken über eine vorzeitige Pensionierung per Ende 2016 machen, da seine Rente kaum mehr wächst. «Ich würde nicht ausschliessen, dass es zu einer Pensionierungswelle bei älteren Staatsangestellten kommt, sagt Brigitte Gügler, Gewerkschaftssekretärin beim VPOD Zürich, der gegen die Rentenkürzungen der BVK kämpft. «Die Leute beschäftigen sich mit dieser Frage», sagt sie.


Auch Lilo Lätzsch, Präsidentin des kantonalen Lehrerverbands, rechnet mit zusätzlichen Frühpensionierungen. Sie ist gleichzeitig Stiftungsratspräsidentin der BVK und also für die Anpassung der Leistungen mitverantwortlich. Eigentlich habe man mit der Besitzstandwahrung eben genau diesen Effekt vermeiden wollen, sagt sie. «Aber natürlich steht es jedem frei, wann und wie er in Pension gehen will.»

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen