Kanton warnt Schulgemeinden vor Optimierungstricks bei Frühpensionierungen, Bild: Westend 61
Der Renten-Trick der Zürcher Lehrer, NZZaS, 27.12. von René Donzé
Es war keine frohe Botschaft, welche die Versicherten von ihrer
Pensionskasse BVK im letzten Sommer erhalten haben: Die Kasse plant per 2017
einen neuen Vorsorgeplan, der für die Betroffenen teilweise zu einschneidenden
Rentenkürzungen führen wird. Der technische Zinssatz wird von 3,25 auf 2
Prozent reduziert, die Berechnungsart verändert. Zudem steigen die
Sparbeiträge. Betroffen von der Massnahme der ehemals staatlichen
Beamtenversicherungskasse sind Tausende Angestellte des Kantons Zürich, vieler
Zürcher Gemeinden, Kirch- und Schulgemeinden. Die Rede ist von Einbussen von
bis zu 17 Prozent.
Nun
macht in Lehrerkreisen eine Idee die Runde, wie ältere BVK-Versicherte die
Massnahmen austricksen könnten. Das geht aus einem Schreiben hervor, das das
Zürcher Volksschulamt und der Verband Zürcher Schulpräsidien (VZS) verschickt
haben. Darin warnen sie vor Sonderlösungen. Und weiter: «Das Volksschulamt legt
Wert auf die Feststellung, dass eine solche Umgehungslösung unsolidarisch und
mit der Vorbildfunktion einer Lehrperson oder eines Schulleiters kaum vereinbar
wäre.»
Konkret
geht es um Versicherte, die per 1. Januar 2017 mindestens 60 Jahre alt sind.
Ihnen garantiert die BVK den Besitzstand: Ihre Renten werden nicht sinken, aber
auch nicht mehr steigen, trotz weiteren Zahlungen. Dies zumindest während
eineinhalb bis zwei Jahren, bis die Lücke in ihrer Vorsorge wieder gestopft
ist.
Klarheit schaffen
Offenbar
liebäugeln jetzt viele Lehrer damit, sich frühzeitig pensionieren zu lassen, um
die garantierte Rente zu erhalten, und sich dann gleich wieder anstellen zu
lassen. Das würde ihnen eine zusätzliche Rente bringen, so die Rechnung.
«Offensichtlich haben sich findige Lehrerinnen und Lehrer mit dieser
Möglichkeit auseinandergesetzt», sagt VZS-Präsidentin Vera Lang. Sie habe von
mehreren Gemeinden erfahren, in denen dies der Fall sei.
Man
habe mit dem gemeinsamen Rundschreiben Klarheit schaffen wollen, bevor die
Lehrer mit den Kündigungen kommen: Ein Altersrücktritt mit sofortiger
Wiederanstellung würde von der BVK nicht akzeptiert, es brauchte einen
Mindestunterbruch von einem Monat, heisst es darin. Auch eine Anstellung als
Vikar wäre «in dieser Situation nicht vorgesehen». Kanton und VZS bitten die
Schulpflegen um eine klare Haltung in dieser Sache - auch gegenüber den
Schulleitern.
Auch
andere BVK-Versicherte könnten eigentlich mit diesem Trick eine höhere Rente
anstreben. Dass der Kanton mit dem Schreiben die Schulen anspricht, hat damit
zu tun, dass Lehrer zwar kantonal angestellt sind, die Anstellungskompetenz
aber bei den Schulpflegen liegt. Bei den direkt Angestellten kann er selbst
eingreifen. Dass sich der Trick finanziell lohnt, bezweifelt Roger Keller,
Sprecher der Finanzdirektion. Rente und voller Lohn würden wegen der
Progression zu markant höheren Steuern führen. «Ich frage mich, ob das
steuerlich durchdacht ist», sagt Keller.
Mehr Pensionierungen
Doch
auch ohne das Schielen auf finanzielle Vorteile dürfte sich der eine oder
andere kantonale Angestellte, der vor dem 1. Januar 1957 geboren ist, Gedanken
über eine vorzeitige Pensionierung per Ende 2016 machen, da seine Rente kaum
mehr wächst. «Ich würde nicht ausschliessen, dass es zu einer
Pensionierungswelle bei älteren Staatsangestellten kommt, sagt Brigitte Gügler,
Gewerkschaftssekretärin beim VPOD Zürich, der gegen die Rentenkürzungen der BVK
kämpft. «Die Leute beschäftigen sich mit dieser Frage», sagt sie.
Auch
Lilo Lätzsch, Präsidentin des kantonalen Lehrerverbands, rechnet mit
zusätzlichen Frühpensionierungen. Sie ist gleichzeitig Stiftungsratspräsidentin
der BVK und also für die Anpassung der Leistungen mitverantwortlich. Eigentlich
habe man mit der Besitzstandwahrung eben genau diesen Effekt vermeiden wollen, sagt
sie. «Aber natürlich steht es jedem frei, wann und wie er in Pension gehen
will.»
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