"Bundesgerichts-Urteil hat praventive Wirkung", Radio SRF 4, 2.12. von Daniel Hofer
SRF News:
Ist der Kanton Aargau ein Einzelfall oder werden Primarlehrerinnen in anderen
Kantonen nachziehen?
Beat W.
Zemp: Das müssen wir jetzt analysieren. Die Situation ist in jedem Kanton
anders. Im Kanton Zürich wurden beispielsweise vor einiger Zeit die Löhne für
Primarlehrpersonen stark erhöht. Jetzt geht es darum zu schauen, ob in einem
Kanton eine Lohndiskriminierung vorhanden ist. Man muss vergleichen, ob die
Löhne gegenüber anderen Verwaltungstätigkeiten und Erziehungsfunktionen stimmig
sind. Nur wenn eine Differenz besteht, die geschlechterspezifisch begründet
ist, kann geklagt werden.
Von
Kanton zu Kanton gibt es unterschiedliche Lohnansätze für Lehrerinnen und
Lehrer. Glauben Sie, dass von dieser Seite her das Urteil einen Einfluss haben
wird?
Ich gehe
davon aus, dass dieses Urteil des Bundesgerichts eine präventive Wirkung für
künftige Lohneinstufungen hat. Der Arbeitgeber wird sich sehr genau überlegen,
wie er die Primarlehrpersonen einstuft. Insbesondere weil Kindergärtnerin und
Primarlehrerin jetzt als Frauenberufe anerkannt sind. Hier ist eine
geschlechterspezifische Diskriminierung verboten – in unserer Verfassung haben
wir Lohngleichheit zwischen Mann und Frau.
Eigentlich
wollen Sie den Beruf des Primarlehrers für Männer attraktiver machen. Wird es
jetzt nicht noch schwieriger, Männer für den Beruf zu rekrutieren, wenn er laut
Bundesgericht als Frauenberuf gilt?
Das sehe
ich ganz anders. Es geht darum, dass der Beruf für beide Geschlechter attraktiv
wird. Es ist ganz wichtig, dass Kinder und Jugendliche beide Geschlechter im
Lehrkörper vorfinden. Wir machen einiges dafür. Bei den Quereinsteigern besteht
die Mehrheit beispielsweise aus Männern.
Es gibt
aber nach wie vor Lohndifferenzen zwischen Frauen und Männern und das
Bundesgericht sagt, der Primarlehrerberuf ist ein Frauenberuf. Es wird doch
schwierig, dies gegenüber den Männern zu verkaufen.
Es geht
jetzt darum, diese Lohndiskriminierung zu beseitigen. Das Verwaltungsgericht im
Kanton Aargau ist angewiesen worden, sein Urteil zu überarbeiten. Der
Arbeitgeber tut gut daran, einen diskriminierungsfreien Lohn anzubieten und das
Lohnsystem im Kanton Aargau nochmals zu überarbeiten.
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