28. November 2015

Schwyzer Lehrplangegner machen weiter

Nachdem der Schwyzer Kantonsrat die Initiative "Nein zum Lehrplan 21" für ungültig erklärt hat, zeigen sich die Initianten kämpferisch. Die Initiative sei mit "juristischen Spitzfindigkeiten" gebodigt worden. Man erwägt nun, eine weitergehende Initiative zu lancieren, welche auch die Lehrmittel, Lehrerbildung, Lehrerrolle und die ideologische Einflussnahme berücksichtigen will.
Die Kantone versuchen mit juristischen Mitteln den Lehrplan 21 vor Volksabstimmungen zu schützen.
Das Initiativkomitee macht weiter, Medienmitteilung, 24.11. Initiative zur Änderung des Volksschulgesetzes - Stopp dem Lehrplan 21


Auch wenn die Einführung des Lehrplans 21 durch das Bildungsdepartement „vorangetrieben“ wird und der Kantonsrat die Initiative für „ungültig“ erklärt hat, bleibt das Initiativkomitee aktiv. Das Volk muss abstimmen können. Es ist nicht nur direkt betroffen von der Demontage unserer Volksschule, sondern es muss auch alles bezahlen.
Gemäss Artikel 9 der Bundesverfassung hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Das entsprechende Vertrauen des Initiativkomitees und der mehr als 3‘000 Unterzeichner war aber offenbar ein Fehler. Das Bildungsdepartement hat eine demokratische Sachdiskussion nicht zugelassen, obwohl diese unverzichtbar ist. Die Verantwortlichen verweigerten den Initianten das mehrfach ersuchte Gespräch und der Regierungsrat schrieb in seinem Beschluss vom 16. Juni 2015 dazu, es bestehe „weder Anlass noch rechtliche Verpflichtung zu einer Aussprache.“

Leider führte die Einreichung der Initiative Mitte Dezember 2014 auch keineswegs – wie von den Initianten beantragt – zur Sistierung der Lehrplan-Einführung. Das Bildungsdepartement hat die Einführung des Lehrplans 21 nach dem Zustandekommen der Initiative weiter „vorangetrieben“, als wäre das Volksbegehren zur Mitbestimmung lediglich ein lästiges, unnötiges Störmanöver. Die Art und Weise, wie die Initianten von offizieller Seite dafür öffentlich mehrfach ‚heruntergeputzt‘ wurden, ist stossend.

Die Initianten weisen die juristische Begründung der Ungültigerklärung als unhaltbar zurück.
Es dauerte rund ein halbes Jahr, bis die Rechtsberater der Regierung herausfanden, mit welchen juristischen Spitzfindigkeiten die Initiative ungültig erklärt werden könne. Denn noch am 19. Mai 2015 liess Bildungsdirektor Walter Stählin öffentlich verlauten, es seien „alle Optionen offen: Initiative gültig, Initiative teilweise gültig oder Initiative ungültig“.
Weder die Rechts- und Justizkommission noch der Kantonsrat sind auf die juristisch bedeutsamen Begründungen in der Stellungnahme1 eingegangen. Die Initianten wurden – entgegen anderslautender Darstellung durch den Präsidenten der Rechts- und Justizkommission – auch nie dazu aufgefordert, den Initiativtext anzupassen. Eine Beschwerde beim Bundesgericht infolge Willkür und Rechtsverweigerung hat gute Chancen auf Erfolg.

Das Anliegen des Initiativkomitees ist weder durch die grossangelegte „Informations-Offensive“ des Bildungsdepartements, noch durch die formalistische Begründung der Ungültigkeit der Initiative vom Tisch.

Die beanstandeten Inhalts- und Systemänderungen folgen dem Diktat der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Sie sind also von aussen gesteuert und nicht aus Bedürfnissen unserer Volksschule entstanden. Der „Reformstau“ wurde dem Schweizer Bildungssystem nur angedichtet, um eine wahre Reformflut über Lehrer und Schüler zu ergiessen: Mit Gesetzesänderungen, Verordnungen und Weisungen, die eine sukzessive Verschlechterung des Bildungsstandes am Ende der Schulzeit und enormen Kosten und Bürokratie verursachen.

Viele Lehrer traten mit den Initianten in Kontakt und wiesen auf die vielfältigen Probleme hin, die durch die jahrzehntelangen Schulreformen ausgelöst wurden. Sie leisten Enormes unter immer schwierigeren Bedingungen. Doch sie schweigen gegen aussen, aus Angst vor Mobbing und dem Verlust der Stelle. Die Lehrer brauchen die Hilfe aus der Bevölkerung, um von unnötigem Ballast und Methodenzwängen befreit zu werden und sich wieder ihrer primären Aufgabe des Lehrens und Unterrichtens widmen zu können.

Auch sehr viele Eltern üben ernste Kritik an den Systemänderungen. Sie beklagen die permanente Verunsicherung der Kinder und beschreiben die konkreten Auswirkungen des selbstgesteuerten Lernens, der Kontroll-Manie und Datenspeicherung, der Ideologisierung, der vielen Zusatzbelastungen und Leerläufe. Allzu viele Schulkinder, die damit nicht zurechtkommen, werden im Verlaufe ihrer Schulkarriere fälschlich z.B. mit der Diagnose ADHS / ADS konfrontiert und mit Medikamenten ruhiggestellt.

Den unerwünschten Veränderungen der Volksschule tritt in der ganzen Schweiz ein solidarisches Engagement von Eltern, Lehrern, Kinderärzten, Therapeuten und Bildungswissenschaftlern etc. entgegen. Schon in 13 der 21 Deutschschweizer Kantone wird die Mitbestimmung des Volkes mit politischen Mitteln gefordert, und der Widerstand gegen die OECD-Bildungssteuerung wächst weiter.

Das Schwyzer Initiativkomitee hat aufgrund der Erfahrungen mit den Bildungsbehörden („InfoOffensive“ und „Vorantreiben des Lehrplans 21“) erkannt, dass die erste Initiative zu wenig weitreichend war, um durchzusetzen, dass das Volk die Geisterfahrt der Volksschul-Reformen endlich stoppen kann.

Somit wird nun eine viel umfangreichere Initiative vorbereitet, die auch den Einfallstoren des Lehrplans 21 via Lehrmittel und Lehrerbildung, Umwandlung der Lehrerrolle zum Coach, Kontroll- und Überwachungssystem und ideologischer Einflussnahme auf die Schule etc. einen Riegel schieben kann.

Man wird wieder vom Initiativkomitee hören.

Irene Herzog-Feusi Präsidentin des Initiativkomitees

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