Hofmann: "Vertrauen in die Pädagogische Hochschule", Bild: Basler Zeitung
"Wie die Quadratur des Kreises", Basler Zeitung, 27.11. von Thomas Dähler
BaZ: Der Regierungsausschuss
der vier Nordwestschweizer Kantone möchte ab 2017 die fachliche Ausbildung der
angehenden Sekundarlehrer an der Pädagogischen Hochschule verbessern. Ist die
Fachausbildung heute ungenügend?
Alexander
Hofmann: Die Frage haben die Bildungsdirektoren anders gestellt: Weshalb bildet
die Pädagogische Hochschule den angehenden Sekundarlehrkräften nur eine
Ausbildung in drei statt vier oder fünf Fächern wie anderswo an? Wir stehen in
Konkurrenz zu Zürich oder Bern, die Sekundarlehrkräfte mit mehr Fächern
ausbilden. Mit den Bildungsdirektoren und den Lehrerverbänden sind wir zum
Schluss gekommen, dass wir bei drei Fächern bleiben wollen – aus der
Überzeugung, dass es eine fachliche Grundlage braucht, ergänzt durch die
Pflicht, eines oder zwei der gewählten Fächer noch zusätzlich zu vertiefen.
Zudem erhalten die Studierenden die Möglichkeit, ein viertes Fach zu studieren,
wenn sie bereit sind, ihr Studium um ein Semester zu verlängern. Das war für
uns wie die Quadratur des Kreises: vier Fächer und trotzdem ein hoher Anteil an
Fachausbildung.
Gemäss
der Bildungsdirektion des Kantons Baselland steigen ab 2017 die Anforderungen
pro Fach – konkret neu auf 37 Kreditpunkte. Können Sie dies bestätigen?
Ja,
das liegt etwa in dieser Grössenordnung. Bis auf den letzten ECTS-Punkt ist es
noch nicht festgelegt. In einem Fach, das vertieft studiert wird, liegt die
Anforderung noch um mindestens einen Viertel höher. Schon heute liegt die
Anforderung aber auch bei rund 40 ECTS, wenn man die Fachdidaktik und die
Bachelor-Arbeit dazuzählt.
Mit
anderen Worten: Die Anforderungen bei der Fachausbildung steigen gar nicht –
mit Ausnahme eines Fachs.
Doch:
Die Anforderungen steigen – je nach Wahl der Studierenden – in einem oder zwei
von drei Fächern. Das ist doch eine substanzielle Verbesserung.
Das
Baselbieter Parlament hat generell eine Verbesserung gefordert. Kann die
Pädagogische Hochschule die Forderung nicht erfüllen?
Schwierig
ist, dass gleichzeitig verlangt wird, dass wir vertiefen und verbreitern. Wir
können nicht beides gleichzeitig, ohne die Studiendauer zu verlängern – und
ohne dass wir in der Konkurrenz zu anderen Hochschulen verlieren. Unsere
Lösung, die vom Regierungsausschuss der vier Kantone beschlossen worden ist und
von den Berufsverbänden getragen wird, trägt beidem so gut wie möglich
Rechnung.
Verlangt
wurde letztes Jahr vom Ausschuss des Fachhochschulrats, dass ein Konzept des
Praxisbezugs erarbeitet wird. Wie weit sind Sie damit?
Sehr
weit. Die neue Praxisphase sieht vor, dass die Studierenden während eines
ganzen Jahres regelmässig in einer Schule mitarbeiten. Das ist quasi eine
Vorwegnahme des Berufseintritts. Das erste Praktikum werden wir zudem mit den
Studierenden noch genauer vorbereiten. Wir arbeiten dabei mit einzelnen Schulen
intensiv zusammen, nicht nur mit den Praktikumslehrkräften und neu auch mit den
Schulleitungen. Für alle Beteiligten finden zudem laufend Weiterbildungen
statt. Wie bei der Berufsbildung werden die Praktikumslehrkräfte künftig durch
die Arbeitgeber, also die Schulleitungen rekrutiert. Bildungsdepartemente,
Berufsverbände und Pädagogische Hochschule haben sich Anfang Jahr in einer
Erklärung zur gemeinsamen Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung der
Lehrkräfte bekannt.
Moniert
wurde auch, dass Wissenschaft und Praxis zu wenig verknüpft seien. Welche
Anstrengungen unternehmen Sie hier?
Das
eben genannte Praktikumskonzept veranschaulicht genau dies: Es ist das Ergebnis
unserer Forschung. Generell: Wir nehmen Fragestellungen aus der Praxis auf und
lassen die Ergebnisse wieder in die Praxis einfliessen. Unsere Forschung folgt
den Fragestellungen des Berufsfeldes, ist also auf die Anwendung in der Praxis
ausgerichtet.
Die
Akzeptanz Ihrer Ausbildungslehrgänge ist nicht sehr hoch, wie dies die
parlamentarischen Auseinandersetzungen zeigen. Können Sie diese mit den
skizzierten Veränderungen verbessern?
Im
Gegenteil, die gemeinsame Erklärung zeigt das Vertrauen in die Pädagogische
Hochschule. Die Ausbildung ist ein bildungspolitischer Kompromiss, weil in den
Kantonen sehr unterschiedliche Anforderungen bestehen. Daher setzt die
Pädagogische Hochschule auf hohe Flexibilität, auf Wahl- und
Erweiterungsmöglichkeiten – immer auf einer guten fachlichen Grundlage.
Wie
stellen Sie sich zu den Forderungen, die Fachausbildung für die Sekundarlehrer
an die Universität zu delegieren?
Wir
bieten ja heute schon eine Studienvariante an für Personen, die mit einem
Uni-Bachelor Lehrer oder Lehrerin werden wollen.
Braucht
es diese Doppelspurigkeit?
Dies
ist keine Doppelspurigkeit. Es handelt sich um verschiedene Zugänge. Die andere
Studienvariante folgt von Anfang an der Logik einer Berufsausbildung und ist
damit spezifischer auf die Anforderungen des Berufsfeldes ausgerichtet.
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