Sämtliche
Vorbereitungen zur Einführung des Lehrplans 21 sollen bis zur Abstimmung über
die Volksinitiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» sistiert
werden. Dies fordert eine Motion, die von 36 Ratsmitgliedern, vorwiegend aus
dem bürgerlichen Lager, unterzeichnet worden ist.
Zudem verlangt
die Motion, dass die Abstimmung über die Volksinitiative bald anzusetzen sei.
Es gehe nicht, dass für den Lehrplan 21 bereits Geld ausgegeben und geplant
werde, obwohl eine Volksinitiative dagegen vorliege. Das sei weder demokratisch
noch ökonomisch, argumentieren die Initianten.
Lehrplan 21: Aargauer Regierung hält Alleingang für schädlich, Aargauer Zeitung, 26.10. von Jörg Meier
Die am 2. Juni 2015 mit 4392 gültigen Unterschriften eingereichte Volksinitiative, die sich gegen den Lehrplan 21 richtet, weist aus Sicht der Regierung etliche Schwächen auf.
Geht es nach
der Initiative, wird es wichtige Fächer künftig nicht mehr geben. Denn der
Initiativtext zählt die zu unterrichtenden Fächer abschliessend auf.
Verschiedene Fächer des heutigen Lehrplans, wie «Projekte und Recherchen» oder
«geometrisch-technisches Zeichnen» müssten gestrichen werden.
Und neue
Fächer, wie «Medien und Information» könnten nicht wie im Lehrplan 21
vorgesehen in separat ausgewiesenen Lektionen unterrichtet werden. Die
Initiative verlangt zudem nur eine Fremdsprache in der Primarschule, was dem
nationalen Konsens widerspricht.
Mit der
fundamentalen Abweichung vom Lehrplan 21 können für einzelne Fächer keine
Deutschschweizer Lehrmittel mehr verwendet werden. Das wiederum hätte zur
Folge, dass der Kanton Aargau eigene Lehrmittel entwickeln oder sie vom Ausland
übernehmen muss.
Zudem braucht
der Aargau eine eigene Ausbildung für seine Lehrpersonen. Denn die
Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz sind beauftragt, ihre Ausbildung auf
den harmonisierten Deutschschweizer Lehrplan auszurichten. Für die Aargauer
Lehrpersonen müsste deshalb eine nur für den Aargau geltende Ausbildung
aufgebaut werden.
Nachteile für die Schule Aargau
Auch die von
den Initianten bekämpfte Kompetenzorientierung sei keineswegs eine Neuerfindung
des Lehrplans 21, sagt der Regierungsrat, sondern sei bereits heute in Paragraf
19 des Schulgesetzes angelegt.
Eine Annahme
der Initiative würde nicht bloss den Lehrplan 21 stoppen, sondern dem Aargauer
Schulsystem weit grösseren Schaden zufügen. So würden – immer nach Ansicht des
Regierungsrates – die Kinder nicht auf eine zunehmend komplexere Zukunft vorbereitet,
sondern mit Methoden aus dem letzten Jahrhundert unterrichtet.
Die Eltern
könnten nicht von der Harmonisierung der Lehrpläne in der Deutschschweiz
profitieren; jeder Umzug in einen andern Kanton wäre eine schulisch grosse
Umstellung.
Die Aargauer
Lehrpersonen könnten kaum mehr in anderen Kantonen unterrichten, die
reduzierten Arbeitsmarktchancen hätten wohl auch einen direkten Einfluss auf
das Interesse im Aargau an der Ausbildung zum Lehrer. Lehrermangel wäre die
Folge.
Schliesslich
entstehen dem Kanton markant höhere Kosten für die Entwicklung eines eigenen
Lehrplans, eigener Lehrmittel, eigener Aus- und Weiterbildungen. Und was der
Regierungsrat auch noch klarstellt: Die Aargauer Volksschule braucht einen
neuen Lehrplan, völlig unabhängig vom Schicksal des Lehrplans 21.
Motion verletzt Verfassung
Aber auch die
im Grossen Rat eingereichte Motion, die ein Moratorium der Arbeit am Lehrplan
21 verlangt, bis die Aargauerinnen und Aargauer an der Urne über das Schicksal
des Lehrplans 21 entschieden haben, lehnt die Regierung ab.
Denn erstens
verhindere ein Moratorium die bildungspolitische Diskussion, die doch gerade
von den lehrplankritischen Initianten gefordert werde. Und zweitens sei das
Moratorium im Vorfeld einer Abstimmung nicht vereinbar mit dem
verfassungsmässig festgelegten Verfahren.
Dies gleich
dreifach: Der Regierungsrat ist zu einer Finanzplanung verpflichtet. Er muss
zudem die Bevölkerung informieren und er muss gemäss Bundesverfassung
mithelfen, das schweizerische Schulwesen zu koordinieren. Das alles ist nicht
möglich, wenn sich der Kanton nicht mehr mit dem Lehrplan 21 beschäftigen darf.
Die Motionäre
befürchten einen Mangel an demokratischer Mitbestimmung bei der Einführung des
Lehrplans 21. Der Regierungsrat versichert, er nehme diese Befürchtungen ernst.
Er plant eine breite Beteiligung für die Erarbeitung des Aargauer Lehrplans.
Fest steht auch das Datum der Abstimmung über die Initiative «Ja zu einer guten
Bildung – Nein zum Lehrplan 21»: Es ist der 12. Februar 2017.
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