27. Oktober 2015

Basel erster Kanton mit Lehrplan 21 - doch die Lehrmittel fehlen

Zum Lehrplan 21 fehlen an Basler Schulen Lehrmittel. Produziert wird erst, wenn auch Bern und Zürich mitmachen.
Neuer Lehrplan ohne Bücher, Basler Zeitung, 27.10. von Nina Jecker


Als erster Kanton in der Schweiz hat Basel-Stadt nach den Sommerferien den umstrittenen Lehrplan 21 eingeführt. Ein Lehrplan, der eigentlich mit neuen Lehrmitteln umgesetzt werden sollte. Dies ist jedoch nicht möglich, weil es die für die neuen Kombifächer wie beispielsweise Natur und Technik, Wirtschaft, Arbeit und Haushalt oder Ethik, Religionen, Gemeinschaft noch gar keine Bücher und Hefte gibt. «Für die Verlage lohnt es sich nicht, für einen kleinen Markt ein Lehrmittel zu produzieren», erklärt Dieter Baur, Leiter Volksschulen Basel-Stadt.
Hergestellt werden die Unterlagen für Lehrer und Schüler erst, wenn die Kantone Bern und Zürich den neuen Lehrplan ebenfalls einführen und dann Lehrmittel bestellen. «Diese Kantone haben einen genügend grossen Abnehmerkreis. Ab da wird es interessant für die Verlage», sagt Baur. Was die Kombifächer oder Sammelfächer angeht, rechnet man in Basel damit, dass die Lehrmittel ungefähr für das Schuljahr 2018/2019 komplett vorliegen werden.

«Wir spielen Versuchskaninchen»
Nicht alle Lehrpersonen sind begeistert davon, als Erste im Land mit dem Lehrplan 21 zu beginnen. Mit ihrem vollen Namen möchten sie keine Kritik üben, weil sie negative Konsequenzen im Beruf fürchten. Anonym machen sich einige aber Luft. «Einmal mehr dienen wir und die Schulkinder dem Erziehungsdepartement als Versuchskaninchen», sagt Lehrer A. F.* Bereits die Einführung der Orientierungsschule als Basler Unikum sei ein einziges Experiment und ein riesiger Fehler gewesen. «Und jetzt passen wir unser System dem Rest der Schweiz an, noch bevor die anderen Kantone die Neuerung selber umsetzen.» Eine andere Lehrerin hält fest: «Ich und viele Kolleginnen freuen sich zwar über das neue System. Aber wir haben das Gefühl, dass wieder einmal alles viel zu schnell passieren muss, bevor überhaupt alles ausgegoren ist.» Sie hätte lieber auf die anderen Kantone gewartet, um dann gemeinsam loszulegen. «Dann hätte man auch die Lehrmittel pünktlich zur Verfügung gehabt.»
Zum Vergleich: Der Kanton Bern beispielsweise lässt sich mit der Inkraftsetzung des neuen Lehrplans deutlich mehr Zeit als die Basler und will ihn je nach Schulstufe zwischen 2018 und 2020 umsetzen. In Zürich soll kommenden Frühling überhaupt erst ein kantonale Version davon vorliegen, die dann auch noch in die Vernehmlassung geht. Eingeführt wird der Lehrplan 21 im Kanton Zürich frühestens auf das Schuljahr 2017/2018.
Beim Basler Erziehungsdepartement will man von einer überstürzten Einführung dennoch nichts wissen. Das Ganze sei genügend vorbereitet worden. «Es war uns bekannt, dass in gewissen Fächern ohne neue Lehrmittel ge­startet werden muss», sagt Baur. In den Fächern Mathematik, Deutsch und für die Fremdsprachen seien ausserdem bereits lehrplankonforme Unterlagen im Einsatz. «Da gibt es auch keine Wechsel mehr», sagt Baur.

Sechs Jahre Übergangsfrist
Aber warum haben die Basler nicht einfach gewartet, bis auch andere Kantone zur Einführung des umfangreichen Lehrplans bereit sind? Der Grund ist die Umstellung des Basler Schulsystems mit der Orientierungsschule auf das neue System mit einer Sekundarstufe. «Hätten wir mit dem Lehrplan 21 noch gewartet, hätten wir für diese Zeit extra einen teuren Übergangslehrplan entwickeln müssen. Das lohnt sich für eine solch kurze Zeitspanne aber nicht», sagt Baur.

Für die Basler Lehrer gibt es Hilfestellungen. Sie können sich im Internet darüber informieren, welche Lehrmittel bereits heute mit den neuen Vorgaben kompatibel sind. Wo solche fehlen, stellt das Erziehungsdepartement zum Teil Unterrichtseinheiten im Internet zur Verfügung. Ausserdem können die Schulen laut Baur mit Materialkrediten zusätzliche Materialien kaufen, um Lücken in der Übergangszeit zu überbrücken. Nach dieser Frist von sechs Jahren soll dann an der gesamten Volksschule nur noch der neue Lehrplan zum Einsatz kommen. «Ich hoffe, dass all die Pädagogen unsere Schule ab dann endlich einmal einige Zeit in Ruhe lassen», sagt dazu Lehrer A. F.

1 Kommentar:

  1. Warum stellt man die Lehrmittel eigentlich immer noch auf Papier her? Man könnte sie doch elektronisch herstellen. Dann wären sie immer à jour, können dauernd jedem Furz angepasst werden und verrotten nicht in den Schulkellern. Zudem müssten keine Bäume dafür herhalten.

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