Im Jahr 2012 gab es eine Vereinbarung zum damals viel diskutierten Thema
«Rumantsch Grischun in der Schule». Diese Vereinbarung basierte auf einem
«Modell der Koexistenz», welches unter der Leitung der Lia Rumantscha zwischen
Befürwortern (Pro Rumantsch) und Gegnern (Pro Idioms) der einheitlichen
rätoromanischen Schriftsprache angenommen wurde.
Für die Gegner (Pro Idioms Engiadina und Pro Idioms Surselva) war diese
Vereinbarung allerdings schnell vergessen. Sie protestierten nämlich vehement,
als die Inhalte dieser Vereinbarung in die Vorschläge des Lehrplans 21
einflossen.
Die Lia Rumantscha macht nun also einen neuen Vorschlag für den Lehrplan21. Darin gibt es vom ursprünglichen Modell der Koexistenz nur noch einige
Brotkrumen. Der neue Vorschlag kommt dem Ziel der Pro Idioms, die gemeinsame
Schriftsprache ganz aus der Volksschule zu verbannen, sehr nahe.
Leserbrief, Südostschweiz, 29.9. von Maria Cadruvi
Und was machen die Präsidenten der beiden Pro Idioms? Sie beenden ihre
Medienmitteilung zynisch mit den Worten: «Nach langer Diskussion erklärt sich
die Pro Idioms bereit – um des Friedens willen – die von der Ligia Romontscha
vorgeschlagene Version anzunehmen.» Und die Lia Rumantscha feiert diese
Stellungnahme auch noch wie einen «Durchbruch». Diese Geschichte – ein krasser
Verstoss gegen Treu und Glauben und gegen eine getroffene Vereinbarung – kann
man bildhaft auch anders erzählen:
Zwei Kinder streiten wegen einer Wurst, welche die Mutter zubereitet
hat. Die Mutter vermittelt. Gemeinsam wird vereinbart: Jedes Kind bekommt die
Hälfte. Als es dann aber wirklich zum Teilen kommt, protestiert das etwas
lautere Kind ganz heftig. Die Mutter lässt sich einschüchtern und macht den
Vorschlag, dem lauteren Kind fast die ganze Wurst zu lassen – das leisere soll
nur den kleinen Wurstzipfel bekommen. Das lautere Kind erklärt feierlich, es
sei damit gar nicht einverstanden, aber – um des Friedens willen sei es bereit,
den Vorschlag der Mutter anzunehmen. Und diese kann es nicht lassen, sich für
ihre grossartige Leistung in diesem Streit auch noch selbst zu loben.
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