26. September 2015

Luzerner Regierung will Fremdspracheninitiative verbieten

Der Kanton Nidwalden wird wohl auf absehbare Zeit der einzige Kanton bleiben, in dem das Volk an der Urne über den Fremdsprachenunterricht entscheiden kann. Wie früher bereits St. Gallen und Graubünden hat am Freitag nämlich auch die Luzerner Regierung beantragt, eine Volksinitiative für nur eine Fremdsprache auf der Primarstufe für ungültig zu erklären. Das Begehren wurde im September 2014 von einem überparteilichen Komitee eingereicht.
Luzern will keine Insel beim Fremdsprachen-Unterricht werden, NZZ, 26.9. von Erich Aschwanden
Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat, 22.9.


Einheit der Materie verletzt
Der Regierungsrat stützt sich bei dieser Empfehlung ans Parlament auf ein Rechtsgutachten der Professoren Andreas Lienhard und Kurt Nuspliger von der Universität Bern. Sie kommen zum Schluss, das Volksbegehren widerspreche dem Harmonisierungsauftrag der Bundesverfassung, der die Kantone verpflichtet, auch die Ziele der Bildungsstufen zu harmonisieren. Die Initiative würde für den Kanton Luzern eine Insellösung schaffen und damit das Durchlässigkeitsgebot der Bundesverfassung verletzen. Im Kanton Luzern wird Englisch seit dem Jahr 2007 ab der 3. und Französisch ab der 5. Klasse unterrichtet. Dieser Rhythmus zur Einführung von Fremdsprachen wird von der Erziehungsdirektorenkonferenz als «Sprachenkompromiss» empfohlen und gilt mittlerweile in 23 Kantonen.
Ausserdem sehen die Gutachter in diesem Fall den Grundsatz der Einheit der Materie verletzt. Die Luzerner Initiative lässt nämlich bewusst die Frage offen, ob künftig Englisch oder Französisch als einzige Fremdsprache in der Primarschule gelehrt werden soll. So werde der Eindruck erweckt, dass diese Entscheidung effektiv offen sei, heisst es im Gutachten. Da aber im rechtlichen und politischen Kontext nur eine Landessprache als erste Fremdsprache in der Primarschule unterrichtet werden könnte, bestehe effektiv keine Entscheidungsfreiheit. Das Stimmvolk kann demnach nach Ansicht des Regierungsrates seinen Willen nicht präzis zum Ausdruck bringen. Auch in St. Gallen und Graubünden hatten Rechtsgutachten, wenn zum Teil auch aus anderen Gründen, zu Ungültigkeitserklärungen geführt.

Sprachfrieden gefährdet
Auch wenn es in diesen drei Kantonen nicht zu Volksabstimmungen kommen sollte, wird in der Fremdsprachenfrage nicht so schnell Ruhe einkehren. Im Kanton Thurgau sprach sich das Parlament für das Ende des Frühfranzösisch aus. In Schaffhausen hiess der Kantonsrat ein Postulat gut, wonach nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule unterrichtet werden soll. Ein weitere Volksinitiative zur Abschaffung des Frühfranzösisch wurde im Kanton Zürich lanciert. In Nidwalden fiel das Verdikt klar aus: Obwohl sich die Regierung für das Vorhaben ausgesprochen hatte, lehnten die Stimmberechtigten im März eine Initiative mit 61,7 Prozent Nein-Stimmen ab.


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