Der Kanton Nidwalden wird wohl auf absehbare Zeit der einzige
Kanton bleiben, in dem das Volk an der Urne über den Fremdsprachenunterricht
entscheiden kann. Wie früher bereits St. Gallen und Graubünden hat am Freitag
nämlich auch die Luzerner Regierung beantragt, eine Volksinitiative für nur
eine Fremdsprache auf der Primarstufe für ungültig zu erklären. Das Begehren
wurde im September 2014 von einem überparteilichen Komitee eingereicht.
Luzern will keine Insel beim Fremdsprachen-Unterricht werden, NZZ, 26.9. von Erich Aschwanden
Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat, 22.9.
Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat, 22.9.
Einheit der Materie
verletzt
Der
Regierungsrat stützt sich bei dieser Empfehlung ans Parlament auf ein
Rechtsgutachten der Professoren Andreas Lienhard und Kurt Nuspliger von der
Universität Bern. Sie kommen zum Schluss, das Volksbegehren widerspreche dem
Harmonisierungsauftrag der Bundesverfassung, der die Kantone verpflichtet, auch
die Ziele der Bildungsstufen zu harmonisieren. Die Initiative würde für den
Kanton Luzern eine Insellösung schaffen und damit das Durchlässigkeitsgebot der
Bundesverfassung verletzen. Im Kanton Luzern wird Englisch seit dem Jahr 2007
ab der 3. und Französisch ab der 5. Klasse unterrichtet. Dieser Rhythmus zur
Einführung von Fremdsprachen wird von der Erziehungsdirektorenkonferenz als
«Sprachenkompromiss» empfohlen und gilt mittlerweile in 23 Kantonen.
Ausserdem
sehen die Gutachter in diesem Fall den Grundsatz der Einheit der Materie
verletzt. Die Luzerner Initiative lässt nämlich bewusst die Frage offen, ob
künftig Englisch oder Französisch als einzige Fremdsprache in der Primarschule
gelehrt werden soll. So werde der Eindruck erweckt, dass diese Entscheidung
effektiv offen sei, heisst es im Gutachten. Da aber im rechtlichen und
politischen Kontext nur eine Landessprache als erste Fremdsprache in der
Primarschule unterrichtet werden könnte, bestehe effektiv keine
Entscheidungsfreiheit. Das Stimmvolk kann demnach nach Ansicht des
Regierungsrates seinen Willen nicht präzis zum Ausdruck bringen. Auch in St.
Gallen und Graubünden hatten Rechtsgutachten, wenn zum Teil auch aus anderen
Gründen, zu Ungültigkeitserklärungen geführt.
Sprachfrieden gefährdet
Auch
wenn es in diesen drei Kantonen nicht zu Volksabstimmungen kommen sollte, wird
in der Fremdsprachenfrage nicht so schnell Ruhe einkehren. Im Kanton Thurgau
sprach sich das Parlament für das Ende des Frühfranzösisch aus. In Schaffhausen
hiess der Kantonsrat ein Postulat gut, wonach nur noch eine Fremdsprache in der
Primarschule unterrichtet werden soll. Ein weitere Volksinitiative zur
Abschaffung des Frühfranzösisch wurde im Kanton Zürich lanciert. In Nidwalden
fiel das Verdikt klar aus: Obwohl sich die Regierung für das Vorhaben
ausgesprochen hatte, lehnten die Stimmberechtigten im März eine Initiative mit
61,7 Prozent Nein-Stimmen ab.
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