10. August 2015

Schülertransport und die Unterschiede zwischen den Landesteilen

Schülertransporte werden durch die Zentralisierung von Schulstandorten immer bedeutender. Zunehmend sind sie eine zusätzliche Stütze für den öffentlichen Linienverkehr.




Andernorts nationale Ikonen, hier eher diskret: Schulbusse, Bild: Postauto

Je lateinischer die Region, desto verbreiteter ist der Schulbus, NZZ, 10.8. von Paul Schneeberger


Anderswo sind sie nationale Ikonen, hierzulande führen sie eine diskrete Existenz, aber in diesen Tagen, in denen die Sommerferien zu Ende gehen, nehmen sie überall ihre Fahrten wieder auf: Schulbusse, die nur Schüler transportieren. Tendenziell nehmen kollektive Transporte von Schülern zu, weil Schulen zusammengelegt oder zentralisiert werden. Auch die freie Wahl von weiterführenden Bildungsinstitutionen fördert die Mobilität der Eleven.
In der Region Murten im Kanton Freiburg beginnt diesbezüglich bis zum Fahrplanwechsel im Dezember ein Übergangsregime. Nur noch bis zum Fahrplanwechsel im Dezember werden dort die Oberstufenschüler aus umliegenden Gemeinden mit speziellen Schulbussen transportiert. Ende Jahr werden sie auf reguläre Linienbusse umsteigen. Durch diese Umlagerung von rund 1000 Schülern kann das Angebot im Linienverkehr in Murten und Umgebung ausgebaut werden, sagt Philipp Wieland, dessen Unternehmen mit Schülertransporten in den letzten 30 Jahren gross geworden ist.

Kleinste Busse lizenzfrei
Für Wielands Firma ist das eine Herausforderung, obwohl sie schon länger auch ordentliche Kursfahrten für Postauto Schweiz und die freiburgischen Verkehrsbetriebe ausführt. Anlass für diese Abkehr vom blossen Schulbus ist die Erkenntnis, dass Schülertransporte eine Stütze für den öffentlichen Verkehr sein können, sowie die Tatsache, dass sich der Kanton Freiburg bis 2018 aus der Finanzierung der Schulbusse zurückzieht. Sosehr das neue Regime dem öffentlichen Verkehr in Murten und Umgebung Schub gibt, indem sein Netz ausgebaut und seine Fahrpläne verdichtet werden können, so sehr reduziert es die Flexibilität der Schüler.
Unter anderem gibt es Gemeinden, in denen diese künftig über Mittag nicht mehr nach Hause zurückkehren können. Das sorgt bei Eltern für Ärger. Sie kritisieren die Verschmelzung von Schüler- und Linienverkehr als Einführung einer Tagesschule durch die Hintertüre und brandmarken die Mehrausgaben, die für die Verpflegung in der Schulkantine statt zu Hause anfallen.
Während Transporte von Schülern zunehmen, lässt sich in Bezug auf die Art und Weise, wie diese abgewickelt werden, kaum ein Trend erkennen. Allenfalls gibt es Unterschiede zwischen den Landesteilen, wie man bei Postauto Schweiz feststellt. Die nationale Nummer eins unter den Busunternehmen konstatiert in der lateinischen Schweiz eine höhere Nachfrage nach Fahrten, die ausschliesslich für Schüler durchgeführt werden.
Postauto Schweiz hat sein Engagement auf diesem Feld Ende letzten Jahres ausgebaut. In der Westschweiz und im Tessin sind Netze und Fahrpläne des regulären öffentlichen Verkehrs oft nicht so dicht wie in der Deutschschweiz. Mit 62 Chauffeuren und 15 Aushilfen transportieren gelbe (Klein-)Busse von Postauto Schweiz pro Woche 40 000 Schüler in 48 Schulhäuser in der französischen Schweiz ohne Wallis. Landesweit ist etwas mehr als die Hälfte der in gelben Wagen der Post beförderten 8,2 Millionen Schüler in exklusiv für sie verkehrenden Bussen unterwegs. Während spezifische Schulbusse nach massgeschneiderten Fahrplänen unterwegs sind, bedingt der Schülertransport in Kursfahrten Anpassungen der Schulzeiten an den allgemeinen Fahrplan.
Laufleistungen von nur als Schulbussen eingesetzten Fahrzeugen betragen gemäss Philipp Wieland mit 30 000 Kilometern pro Jahr rund ein Drittel der aufsummierten Strecke, die ein Linienbus zurücklegt. Anders als im Linienverkehr, wo eine eidgenössische Konzession Voraussetzung für den Betrieb ist, können Schulbusse mit bis zu neun Sitzplätzen ohne behördliche Bewilligung verkehren. Werden grössere Fahrzeuge eingesetzt, ist eine kantonale Bewilligung nötig.
Bis zu 70 Prozent Schüler
Deutschschweizer Kantone und ihre Gemeinden setzen schon länger auf die Strategie, die neu nun auch die Region Murten im gemischtsprachigen Kanton Freiburg verfolgt: Sowohl im ländlichen Graubünden wie im urbanisierten Zürich gilt der Grundsatz, dass Schüler mit regulären Kursen transportiert werden sollen. Dabei schwankt der Anteil der Schüler an den Passagieren je nach Linie. In Agglomerationen ist dieser klein, in peripheren Regionen kann er bis zu 70 Prozent betragen.


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