Kindergärtnerin nach dreitägiger Schnellbleiche, NZZaS, 16.8. von Andreas Schmid
Tausende von Kindern werden morgen Montag im Kanton Zürich, den beiden Basel, den Zentralschweizer und einigen Westschweizer Kantonen das neue Schuljahr in Angriff nehmen. Auf der Kindergartenstufe sind die Fachkräfte rar, was den besonders betroffenen Kanton Zürich eine Notmassnahme treffen liess.
Erstmals erlaubt das Volksschulamt den lokalen Schulbehörden - befristet auf ein Jahr - die Verpflichtung von Kindergärtnerinnen ohne Diplom. «Drei Klassenlehrer-Stellen wurden an Bewerberinnen ohne Kindergärtnerinnen-Ausbildung vergeben», sagt Amtsleiter Martin Wendelspiess. Daneben seien vier weitere nicht diplomierte Kindergärtnerinnen für Teilpensen verpflichtet worden; an diesen Orten stünden ihnen als Klassenlehrerinnen allerdings ausgebildete Fachkräfte zur Seite.
Auf ihre neue Aufgabe wurden die Kindergärtnerinnen ohne Diplom in einer dreitägigen Schnellbleiche am Institut Unterstrass an der Pädagogischen Hochschule Zürich vorbereitet. Er stehe für eine qualitativ hochstehende Schulung ein, betont Institutsleiter Matthias Gubler. «Der Einführungskurs kann die Ausbildung nicht einmal annäherungsweise ersetzen.» In der Notsituation sei die Vorkehrung aber erforderlich geworden. Gubler sagt, dass er viele Ressourcen in das Angebot investiert und bewusst erfahrene Dozentinnen eingesetzt habe. Thematisiert wurden in den drei Tagen unter anderem der Lehrplan, die Unterrichtsgestaltung, Spielformen, Fragen der Klassenführung und der pädagogischen Haltung sowie das Programm des ersten Kindergarten-Tags.
Alle Teilnehmerinnen des Kurses verfügen laut Gubler über breite Erfahrungen im Umgang mit Kindern sowie pädagogische Ausbildungen, zum Beispiel im Hort- oder Heimbereich. Die Kindergärtnerinnen ohne Diplom seien sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten tätig. «Das Institut Unterstrass wird die Neueinsteigerinnen in den nächsten Wochen mit vier zusätzlichen, individuellen Coachings unterstützen», hält Gubler fest. Zusätzlich würden sie von den lokalen Schulbehörden betreut.
Auf die total etwa 2200 Lehrpersonen in Zürcher Kindergärten gesehen, seien 7 ohne Diplom zwar wenige, sagt Brigitte Fleuti, die Präsidentin des Verbands Kindergarten Zürich. «Mit der getroffenen Notmassnahme wird aber eine Schwelle überschritten.» Es zeige sich, dass die Rahmenbedingungen verbessert und Anreize geschaffen werden müssten, um künftig genügend ausgebildetes Personal zu finden, stellt Fleuti fest. Das beginne mit höheren Salären - diesbezüglich ist eine Lohnklage des Verbands hängig - und erfordere weitere Bemühungen. Zum Beispiel müssten kleine Pensen angeboten und die Grösse der Klassen begrenzt werden.
Ähnlich angespannt wie im Kanton Zürich präsentiert sich die Lage auf Kindergartenstufe im Aargau und in den beiden Basel. In der Deutschschweiz schätzt laut einer Umfrage ein Drittel aller Schulleitungen die Personalsituation als problematisch ein. «Es gibt grosse regionale Unterschiede», sagt Ruth Fritschi von LCH, dem Dachverband der Schweizer Lehrer. Dass in der Not Lehrkräfte ohne Diplom unterrichteten, sei ihr bisher erst aus dem Kanton Zürich bekannt.
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