Kommentar von Anja Burri, Tages Anzeiger, 3.5.
Der
Lehrplan 21 kommt immer stärker unter Druck. Bereits in jedem zweiten
Deutschschweizer Kanton arbeiten Komitees daran, seine Einführung zu
verhindern. Sind sie erfolgreich, gibt es in verschiedenen Kantonen keinen
Lehrplan 21 oder eine derart umgeformte Version, dass das ursprüngliche Ziel
verfehlt wird.
Leider wird dieses Ziel
in den Debatten oft ausgeblendet. Dabei kann es nicht genug betont werden: Alle
Schulkinder sollen nach den gleichen Lernzielen unterrichtet werden. Familien
sollen endlich ohne Probleme von einem Kanton in den anderen ziehen können. In
einem so kleinen Land wie der Schweiz muten die vielen verschiedenen
Schulsysteme bizarr an. Deren Angleichung ist auch demokratisch legitimiert:
2006 sagte das Stimmvolk deutlich Ja zum entsprechenden Bildungsartikel in der
Verfassung.
Trotzdem darf das
Harmonisierungsziel nicht dazu führen, dass die Lehrer vom Staat bevormundet
werden. Sie arbeiten jeden Tag mit den Schülern und wissen am besten, was für
diese gut ist. Beim Sammelfach «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt» droht der
Lehrplan 21 dieses Prinzip auszuhebeln. Es wurde nach neusten
wissenschaftlichen Erkenntnissen geformt. Doch vor lauter neuen Bedürfnissen –
etwa nach Wirtschaftskompetenzen – ging das unter, was sich seit Jahrzehnten
bewährt: Das Arbeiten mit den Händen, das Kochen, ist nur noch ein Nebenthema.
Es ist beeindruckend,
mit Hauswirtschaftslehrerinnen zu sprechen. Zu hören, wie Schüler beim Kochen
mit Masseinheiten arbeiten, die sie in der Mathestunde nie begriffen; wie eine
sonst schwierige Klasse mit Herzblut den extra eingeladenen Klassenlehrer
bekocht. Die Umsetzung des Lehrplans 21 – etwa die Festlegung der Stundentafeln
– liegt nun bei den Kantonen. Jeder ist selber dafür verantwortlich, dass das
Projekt nicht an einer Volksinitiative scheitert.
Die Schlüsselpersonen
sind die Lehrer. Sie müssen ihre pädagogischen Freiheiten behalten. Sie sollen
mit den Schülern so oft kochen können, wie es für sie sinnvoll ist. Das
Prinzip gilt für alle Fächer. Muss ein Kanton das Stimmvolk in einem
Abstimmungskampf vom Lehrplan 21 überzeugen, braucht er zufriedene Lehrer an
seiner Seite.
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