Mit Familienpolitik lässt sich punkten. Das Thema
ist emotional und betrifft viele. Das haben neben der CVP auch die meisten
anderen Parteien gemerkt und räumen der Familie breiten Raum ein. Nun hat der
Bundesrat im Auftrag des Parlaments in einem am Donnerstag publizierten Bericht
eine Auslegeordnung zur Familienpolitik gemacht und Optionen aufgezeigt. Darin
hält er unmissverständlich fest, dass das Scheitern des Familienartikels 2013
an der Urne eine «wichtige Zäsur» sei in der Familienpolitik. Der Bund muss
sich also damit begnügen, Massnahmen von Dritten - Kantone, Gemeinden und
private Organisationen - zu unterstützen. Von dem bunten Strauss an geprüften Massnahmen
konzentriert sich der Bundesrat auf die Förderung der familienexternen
Kinderbetreuung - und damit auf das politisch Machbare.
90 Millionen für günstigere Tagesschulen, NZZ, 22.5. von Christof Forster
Die bereits bestehende
und 2014 vom Parlament um vier Jahre verlängerte Starthilfe für Kinderkrippen
und Tagesschulen bezeichnete Innenminister Alain Berset am Donnerstag vor den
Medien als erfolgreich, aber lückenhaft. Einen Mangel ortet er in den hohen
Tarifen. Dies führe mit den zusätzlichen Steuern dazu, dass es sich für Eltern
oftmals nicht lohne, mehr zu arbeiten, sagte Berset. Mit finanziellen Anreizen
von rund 90 Millionen Franken will der Bundesrat die Kantone dazu animieren,
die Tarife zu senken. Wenn die Kantone ihre Aktivitäten um 10 Prozent steigern und
sich der Bund im gleichen Umfang beteiligt, entstehen laut Finanzministerin
Eveline Widmer-Schlumpf die veranschlagten Kosten von 90 Millionen Franken.
Voraussetzung für Bundesgelder ist die finanzielle
Beteiligung der Kantone. Die Unterstützung des Bundes ist auf drei Jahre
beschränkt und sinkt jedes Jahr. Dies ist mit der Hoffnung verbunden, dass sich
die Kantone zunehmend stärker an den Kosten für die Tarifsenkung beteiligen.
Die Gefahr, dass sich nach Ablauf der drei Jahre mit dem Bund auch die Kantone
zurückziehen, wird im zuständigen Bundesamt für Sozialversicherungen nicht
verneint. Keine Angaben werden zum erhofften Ausmass der Tarifreduktion
gemacht. Das Ziel ist indes eine substanzielle Senkung, um die Abhalteeffekte
zu verringern. Offen bleibt, wie sich jene neun Kantone verhalten werden, die
heute Krippen und Tagesschulen nicht subventionieren.
Mit 10 der insgesamt beschlossenen 100 Millionen
Franken an Fördergeld will der Bundesrat Projekte unterstützen, welche das
Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse von erwerbstätigen Eltern
abstimmen. Als problematisch im Alltag erweisen sich Randzeiten und
Schulferien. Solche Projekte sollten Beispielcharakter haben.
Angesichts der geplanten Laufzeit von acht Jahren
liegt der jährliche Einsatz von Bundesgeldern für die bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf bei knapp 13 Millionen Franken - zu wenig für die Linke,
völlig unnötig aus Sicht der SVP. Das Innendepartement wird bis im September
eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten.
Nicht mehrheitsfähig
Als prüfenswerte Optionen erwähnt der Bericht des
Bundesrats auch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Pensenreduktion bei
der Geburt eines Kindes und bedarfsabhängige Kinderzulagen zur gezielten
Bekämpfung der Familienarmut. Beide Anliegen waren jedoch in der Regierung
nicht mehrheitsfähig. Berset begründete den Verzicht auf
einen gesetzlichen Anspruch auf Pensenreduktion in der Privatwirtschaft mit der
komplizierten Umsetzung. Zu ergänzen ist, dass dies ein weitreichender Eingriff
in die Belange der Unternehmen wäre. Die Kinderzulagen scheiterten an der
angespannten Lage der Bundesfinanzen.
Zwei weitere Grundlagenberichte befassen sich mit
der steuerlichen Behandlung von Familien. Dabei geht es um die Frage, wie das
heutige System der Kinderabzüge durch Steuergutschriften abgelöst werden könnte.
Der Wechsel wäre laut Widmer-Schlumpf mit grossem Aufwand verbunden - inklusive
Verfassungsänderung. Es käme zu einer Umverteilung vom Mittelstand zu den
tieferen Einkommen. Nach der Umstellung wäre es jedoch eine gute Lösung, sagte
die Finanzministerin. Doch angesichts des grossen Aufwands und des Widerstands
der kantonalen Finanzdirektoren hält der Bundesrat diesen Weg nicht für
sinnvoll.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen