22. Mai 2015

Finanzielle Anreize für Tagesschulen

Mit Familienpolitik lässt sich punkten. Das Thema ist emotional und betrifft viele. Das haben neben der CVP auch die meisten anderen Parteien gemerkt und räumen der Familie breiten Raum ein. Nun hat der Bundesrat im Auftrag des Parlaments in einem am Donnerstag publizierten Bericht eine Auslegeordnung zur Familienpolitik gemacht und Optionen aufgezeigt. Darin hält er unmissverständlich fest, dass das Scheitern des Familienartikels 2013 an der Urne eine «wichtige Zäsur» sei in der Familienpolitik. Der Bund muss sich also damit begnügen, Massnahmen von Dritten - Kantone, Gemeinden und private Organisationen - zu unterstützen. Von dem bunten Strauss an geprüften Massnahmen konzentriert sich der Bundesrat auf die Förderung der familienexternen Kinderbetreuung - und damit auf das politisch Machbare. 
90 Millionen für günstigere Tagesschulen, NZZ, 22.5. von Christof Forster


Die bereits bestehende und 2014 vom Parlament um vier Jahre verlängerte Starthilfe für Kinderkrippen und Tagesschulen bezeichnete Innenminister Alain Berset am Donnerstag vor den Medien als erfolgreich, aber lückenhaft. Einen Mangel ortet er in den hohen Tarifen. Dies führe mit den zusätzlichen Steuern dazu, dass es sich für Eltern oftmals nicht lohne, mehr zu arbeiten, sagte Berset. Mit finanziellen Anreizen von rund 90 Millionen Franken will der Bundesrat die Kantone dazu animieren, die Tarife zu senken. Wenn die Kantone ihre Aktivitäten um 10 Prozent steigern und sich der Bund im gleichen Umfang beteiligt, entstehen laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die veranschlagten Kosten von 90 Millionen Franken.
Voraussetzung für Bundesgelder ist die finanzielle Beteiligung der Kantone. Die Unterstützung des Bundes ist auf drei Jahre beschränkt und sinkt jedes Jahr. Dies ist mit der Hoffnung verbunden, dass sich die Kantone zunehmend stärker an den Kosten für die Tarifsenkung beteiligen. Die Gefahr, dass sich nach Ablauf der drei Jahre mit dem Bund auch die Kantone zurückziehen, wird im zuständigen Bundesamt für Sozialversicherungen nicht verneint. Keine Angaben werden zum erhofften Ausmass der Tarifreduktion gemacht. Das Ziel ist indes eine substanzielle Senkung, um die Abhalteeffekte zu verringern. Offen bleibt, wie sich jene neun Kantone verhalten werden, die heute Krippen und Tagesschulen nicht subventionieren.
Mit 10 der insgesamt beschlossenen 100 Millionen Franken an Fördergeld will der Bundesrat Projekte unterstützen, welche das Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse von erwerbstätigen Eltern abstimmen. Als problematisch im Alltag erweisen sich Randzeiten und Schulferien. Solche Projekte sollten Beispielcharakter haben.
Angesichts der geplanten Laufzeit von acht Jahren liegt der jährliche Einsatz von Bundesgeldern für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei knapp 13 Millionen Franken - zu wenig für die Linke, völlig unnötig aus Sicht der SVP. Das Innendepartement wird bis im September eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten.
Nicht mehrheitsfähig
Als prüfenswerte Optionen erwähnt der Bericht des Bundesrats auch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Pensenreduktion bei der Geburt eines Kindes und bedarfsabhängige Kinderzulagen zur gezielten Bekämpfung der Familienarmut. Beide Anliegen waren jedoch in der Regierung nicht mehrheitsfähig. Berset begründete den Verzicht auf einen gesetzlichen Anspruch auf Pensenreduktion in der Privatwirtschaft mit der komplizierten Umsetzung. Zu ergänzen ist, dass dies ein weitreichender Eingriff in die Belange der Unternehmen wäre. Die Kinderzulagen scheiterten an der angespannten Lage der Bundesfinanzen.

Zwei weitere Grundlagenberichte befassen sich mit der steuerlichen Behandlung von Familien. Dabei geht es um die Frage, wie das heutige System der Kinderabzüge durch Steuergutschriften abgelöst werden könnte. Der Wechsel wäre laut Widmer-Schlumpf mit grossem Aufwand verbunden - inklusive Verfassungsänderung. Es käme zu einer Umverteilung vom Mittelstand zu den tieferen Einkommen. Nach der Umstellung wäre es jedoch eine gute Lösung, sagte die Finanzministerin. Doch angesichts des grossen Aufwands und des Widerstands der kantonalen Finanzdirektoren hält der Bundesrat diesen Weg nicht für sinnvoll.

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