Der bevorstehende Wechsel im Bildungsdepartement Baselland veranlasst die Administration von Urs Wüthrich nicht, die eingeleiteten Vorbereitungsarbeiten bezüglich der Einführung des Lehrplans 21 zu verlangsamen. Die Ausbildung für die neuen (und umstrittenen) Sammelfächer soll planmässig durchgezogen werden. Dies, obschon die neugewählte Bildungsdirektorin Bedenken geäussert hat und eine Volksabstimmung zum Thema ansteht.
Keine veränderte Schulpolitik vor Machtwechsel, Basler Zeitung, 25.4. von Thomas Dähler
Wer glaubt, die Bildungsexperten in der Bildungs-, Kultur- und
Sportdirektion (BKSD) würden sich nach den Regierungsratswahlen auf einen
bildungspolitischen Kurswechsel auf die Amtsübernahme von Regierungsrätin
Monica Gschwind einstellen, irrt sich. Die Vorbereitungen für die Einführung
des Lehrplans 21 im Schuljahr 2018/19 in den Sekundarschulen werden zurzeit
unverändert weitergeführt. Daran konnten bisher weder die Bedenken des Landrats
zur Weiterbildung der Sekundarlehrkräfte noch die Absichtserklärungen der vom
Volk gewählten neuen Bildungsdirektorin etwas ändern. Im Gegenteil: Die
Sekundarlehrkräfte werden ermuntert, sich mit einer Schnellbleiche darauf
vorzubereiten, künftig Fächer zu unterrichten, für die sie keine Lehrbefähigung
haben.
Absehbar ist
dennoch, dass die mit dem Lehrplan 21 verbundenen Veränderungen in der
Sekundarschule weniger tiefgreifend sein werden, als ursprünglich befürchtet
werden musste. Der Lehrplan 21 sei ein Kompass und nicht eine Bibel, sagt heute
selbst der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz, der Basler
Regierungsrat Christoph Eymann. Mit der Überarbeitung des Lehrplans 21 haben
die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren einige der umstrittensten Kompetenzen
wieder aus dem Lehrplan entfernt und insbesondere auch die drohende Abschaffung
der traditionellen Fächer Biologie, Chemie, Physik, Geschichte und Geografie
relativiert, indem sie bei den neuen Sammelfächern die Kompetenzen
aufgeschlüsselt und den traditionellen Fächern zugeordnet haben. Dazu kommt,
dass im Kanton Baselland voraussichtlich über die Einführung des Lehrplans und
über die neuen Sammelfächer an der Urne abgestimmt wird. Die neue Baselbieter
Bildungsdirektorin Monica Gschwind hat sich ausserdem Anfang Jahr ausdrücklich
gegen die Abschaffung der traditionellen Fächer ausgesprochen.
Kein
freundlicher Empfang
Gschwind dürfte
bei ihrem Amtsantritt am 1. Juli in der BKSD kein freundlicher Empfang bereitet
werden. Die vom abtretenden Bildungsdirektor Urs Wüthrich eingesetzten Stäbe
versuchen jedenfalls, noch vor dem 1. Juli möglichst viel so zu zementieren,
dass daran nicht mehr gerüttelt werden kann. Dies trifft insbesondere auch auf
die Weiterbildungsanforderungen für Sekundarlehrkräfte zu.
Entsprechend
verunsichert sind die Lehrerinnen und Lehrer – ganz besonders jene, die heute
Biologie, Physik, Chemie, Geschichte oder Geografie unterrichten, wie der BaZ
zugetragen wurde. Wie sich die Sekundarlehrer auf die unklare Zukunft
vorbereiten sollen, wissen sie nicht. Auf ihre Petition für eine fachwissenschaftlich
adäquate Ausbildung haben sie bisher keine Antwort erhalten. Der Landrat hat
die Petition zwar in der Form eines Postulats an die Regierung überwiesen, doch
die BKSD hat die vom Landrat gesetzte Frist für die Antworten ungenutzt
verstreichen lassen.
Verzicht auf
Nachqualifikation
Geht es nach dem
Willen jener, die heute in der Bildungsdirektion von Noch-Regierungsrat Urs
Wüthrich das Sagen haben, sollen etwa Biologie-, Physik- oder Chemielehrer an
den Samstagen einen Weiterbildungskurs der Pädagogischen Hochschule besuchen,
der ihnen zwar ein Weiterbildungszertifikat beschert, aber keine offizielle
Lehrbefähigung für Fächer, die sie bisher nicht unterrichtet haben. Es gehe
nicht um die Vervollständigung eines mangelhaften Lehrdiploms, sagt dazu Nadine
Höin, die im Auftrag von Alberto Schneebeli, dem Leiter Stab und Koordination
Bildung in der BKSD, die Fragen der BaZ beantwortet hat.
Doch
möglicherweise ergibt sich mit der Weiterbildung für die betroffenen Lehrer
künftig die Möglichkeit, trotz fehlender Lehrbefähigung alle Teilfächer Physik,
Chemie und Biologie unter dem Dach des neuen Sammelfachs Natur und Technik zu
unterrichten. Dann nämlich, wenn die Schulleitungen dies so wollen.
Schulleitungen könnten «mit entsprechend befähigten und interessierten
Lehrerinnen und Lehrern eine solche Pensenzuteilung vornehmen», meint Höin.
Gegenüber der Bildungskommission des Landrats führte die BKSD bei der Beratung
auch ausdrücklich aus, dass auf eine vollständige Nachqualifikation verzichtet
werde.
Bei den Fragen
rund um die Sammelfächer und die Lehrbefähigung der Sekundarlehrer geht es
letztlich darum, ob Leistung und Berufsvorbereitung im Vordergrund stehen
sollen oder die Vision einer Einheitsschule. Möglicherweise erübrigen sich
diese Diskussionen in Zukunft schon sehr bald – dann nämlich, wenn die neue
Bildungsdirektorin und wenn nötig das Volk der Aufweichung der
Ausbildungsniveaus zugunsten einer Einheitsschule den Riegel schieben.
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