7. April 2015

Politiker fordern Abbau bei den Fremdsprachen

In vielen Lehrberufen sind keine Französischkenntnisse nötig. Nun fordern Politiker, dass der Stundenplan für schwache Schüler angepasst wird.





Laut Gewerbeverband brauchen 60 Prozent der Berufslehren keine Fremdsprachen, Bild: Gaetan Bally

"Mehr Werken, weniger Französisch büffeln", 20 Minuten, 7.4. von J. Büchi



Manuel ist kräftig, handwerklich begabt und hat ein gutes Auge für Masse und Formen. Ein Blick auf einen Plan – und er weiss, was er zu tun hat. Damit entspricht der Jugendliche dem Profil des idealen Schreinerlehrlings. Dass er in der Schule ein Französisch-Muffel war, ändert daran nichts.
Manuel ist nicht allein: Gemäss einer Analyse der Lehrstellen-Profile des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV) sind in 60 Prozent der Lehrberufe keine Fremdsprache-Kenntnisse nötig. Das schreibt die «NZZ am Sonntag». Politiker verschiedener Lager fordern nun, dass diese Erkenntnis in den Lehrplan der Sekundarschule einfliesst.
Mehr Deutsch und Werken 
Der Zürcher GLP-Politiker und Sekundarlehrer Christoph Ziegler hatte schon 2012 verlangt, dass der Französischunterricht für Sek-B- und Sek-C-Schüler in den letzten beiden Schuljahren freiwillig wird. Nachdem der Kantonsrat ein entsprechendes Postulat versenkt hat, doppelt Ziegler nun mit einer parlamentarischen Initiative nach.
«Die Schule hat den Auftrag, dass sie den Kindern mitgibt, was sie später brauchen – und bei vielen schwachen Schülern sind das eben keine Französisch-Kenntnisse», so Ziegler. Es sei sinnvoller, wenn die betroffenen Schüler in der deutschen Sprache oder beim Erwerb handwerklicher Fertigkeiten gefördert würden. «Ich bin zuversichtlich, dass die neuen Zahlen meine Ratskollegen zu überzeugen vermögen.»
Interesse am Handwerk wecken
In dieselbe Kerbe schlägt SVP-Nationalrätin Verena Herzog, die im Kanton Thurgau den Anstoss zur Abschaffung des Frühfranzösisch gegeben hatte. Es müsse zwar das Ziel sein, dass bis Ende Sekundarschule der Grossteil der Schüler gut Französisch spreche. Prioritär seien aber bessere Grundkenntnisse in Deutsch und Mathematik. «Ich meine deshalb, dass wir die schwächsten Schüler in der Oberstufe von der Französischpflicht entbinden sollten.»
Mit einem Vorstoss im Nationalrat will Herzog zudem darauf hinwirken, dass das Fach Werken auf dem Stundenplan und in der Lehrerausbildung wieder mehr Gewicht erhält. «Insbesondere Schüler mit Migrationshintergrund oder grossen sprachlichen Schwierigkeiten können davon mehr profitieren, als wenn sie Französisch-Voci büffeln.» Zwar ist das Schulwesen kantonal geregelt – für Herzog hat das Anliegen aber durchaus eine nationale Relevanz. Gerade, weil jedes Jahr viele Lehrstellen im handwerklichen Bereich nicht besetzt werden könnten, sei es im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft, dass bei diesen Schülern die Freude am Handwerk geweckt werde.
«Keine Fachidioten»
Genau vor dieser Argumentation warnt SP-Nationalrätin und Berufsschullehrerin Martina Munz. «Die Volksschule soll den Kindern eine Allgemeinbildung garantieren und sie nicht zu Fachidioten machen!», ärgert sie sich. Es sei falsch, wenn schon in der Sekundarschule die Wirtschaft den Takt vorgebe. «Insbesondere, weil heute die meisten Leute nicht mehr lebenslang den selben Beruf ausüben.»
Munz betont, die Sprachkenntnisse seien oft matchentscheidend, wenn es darum gehe, sich im Beruf weiterzuentwickeln. Die Bildungspolitikerin pocht deshalb nicht nur darauf, dass der Fremdsprachenunterricht in der Volksschule unangetastet bleibt. Geht es nach ihr, soll er in der Berufsschule sogar ausgebaut werden. Munz kritisiert, heute hätten beispielsweise Elektroinstallateur-Lehrlinge keinen Fremdsprache-Unterricht mehr. «Ich finde das sehr fragwürdig. Denn so erschwert man diesen jungen Leute die Chance, später beispielsweise die Berufsmatur nachzuholen.»



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