3. Februar 2015

Zürcher Schulpflegen bleiben

Die Aufgaben der Schulpflege dürfen nicht dem Stadtrat übertragen werden. Eine derart starke Zentralisierung sei jedoch nicht im Sinne der Bürger. Der heutige Zustand wird somit beibehalten.
Die Schulpflege bleibt obligatorisch, NZZ, 3.2. von Stefan Hotz und Walter Bernet


Schon zum Auftakt letzte Woche zeichnete sich ab, dass der allererste Entscheid in der langen Detailberatung über das Gemeindegesetz nochmals zu reden geben würde. Damals war der Zürcher Kantonsrat überraschend nicht der Mehrheit der Kommission für Staat und Gemeinden (STGK) gefolgt, die wollte, dass Parlamentsgemeinden auch die Aufgaben im Bereich der Schule wahrnehmen, also Einheitsgemeinden sein sollen. Dies, obwohl auch die Regierung auf den STGK-Vorschlag eingeschwenkt war.
Den Rückkommensantrag stellte am Montag Philipp Kutter (cvp., Wädenswil), selber Präsident einer Stadt, die mit zwei Nachbargemeinden eine Schulgemeinde bildet. Das sei ein alter Zopf, unübersichtlich und verwirrend, sagte er. Den Antrag begründete er auch damit, dass vor einer Woche Verwirrung geherrscht hatte, weil gleichzeitig über zwei Minderheitsanträge abgestimmt worden war. Tatsächlich gab Esther Guyer (gp., Zürich) bekannt, die grüne Fraktion sei über die Bücher gegangen und stimme nun dafür, dass Parlamentsgemeinden Einheitsgemeinden sein müssten. Diese Haltung schwang nun mit 91 gegen 71 Stimmen obenaus.
Städte nicht erhört
Umstritten war am Montag auch die Frage, ob Parlamentsgemeinden die Aufgaben der Schule auch an die Exekutive übertragen können, anders gesagt, die Schulpflegen abschaffen dürfen. Das war der auch öffentlich geäusserte Wunsch der Exekutiven von Zürich und Winterthur. Eine derart starke Zentralisierung sei nicht im Sinne der Bürger, argumentierte indes Martin Farner namens der STGK-Mehrheit.
Die Gemeinden müssten Gestaltungsspielraum erhalten, entgegnete Sabine Wettstein (fdp., Uster), unterstützt von Jörg Mäder (glp., Opfikon) und Stefan Hunger (bdp., Mönchaltorf). Martin Graf, Direktor des Innern, meinte, die heutige Regelung führe in den Städten zu Kompetenzproblemen. Neben der SVP sprachen sich auch Vertreter der Grünen und der SP dafür aus, die Schulpflege in allen Gemeinden direkt vom Volk wählen zu lassen. Die unheilige Allianz aus SVP, EDU, EVP und Teilen von GP und SP obsiegte mit 95 gegen 75 Stimmen; der heutige Zustand wird somit beibehalten. Ausserdem verwarf der Rat den Vorschlag, die Kompetenzen von Quartier- und Ortsteilkommissionen im Gemeindegesetz zu regeln. Er lehnte einen Minderheitsantrag von SVP und FDP ab, den Abschnitt über die Pflicht zur Zusammenarbeit der Gemeinden zu streichen.
Den grösseren Teil des montäglichen Sitzungsmarathons über beschäftigte sich das Parlament mit den Vorschriften für die kommunalen Finanzhaushalte. Die SVP wollte ursprünglich den ganzen Teil zurückweisen, weil sie darin eine Gängelung der Gemeinden ausmachte. Sie war mit diesem Antrag aber bereits am letzten Dienstag gescheitert. So versuchte sie in der Debatte in rund zwei Dutzend Einzelabstimmungen Mehrheiten für ihre Anliegen zu gewinnen. Nicht immer spielte dabei die bürgerliche Allianz reibungslos. Zwar klappte sie im Falle der etwas nebensächlichen Sperrklausel für noch nicht endgültig genehmigte Projektkredite dank dem Präsidialentscheid von Ratspräsidentin Brigitta Johner (fdp., Urdorf). Bei der Streichung der Vorschrift, eine Geldflussrechnung zu führen, verweigerte die FDP zum Ärger und zur Überraschung der SVP aber die Gefolgschaft. Während Letztere hartnäckig die Interessen der kleinen Gemeinden vertrat und «miliztaugliche», das heisst für Behörden und Verwaltungen weniger aufwendige Lösungen verlangte, sprach sich die linke und mittlere Ratsseite, manchmal mit der FDP, für Einheitlichkeit aus, die - auch im Interesse eines funktionierenden Finanzausgleichs - die Vergleichbarkeit der Rechnungen und Budgets gewährleiste.
Zu den wichtigsten Entscheidungen dürfte das Festhalten an den Globalbudgets gehören. Wie STGK-Präsident Farner ausführte, hätte ein Verbot für die beiden grossen Städte und die acht anderen Gemeinden, die damit arbeiten, nicht nur einen gewaltigen Aufwand bedeutet, sondern auch einen Kulturwandel zurück in die Vergangenheit benötigt. Für die SVP dagegen stellen Globalbudgets eine gläserne Kugel dar, wie Martin Zuber (Waltalingen) sagte. Hans-Peter Amrein (Küsnacht) führte die jährlichen kantonalen Budgetdebatten als Beweis dafür an, dass Globalbudgets wenig transparent sind. Sie machten viel mehr Kontrollen nötig. Klare Entscheide fielen gegen die Einführung einer Zinsbelastungs- und einer Eigenkapitalquote sowie gegen einen minimalen Investitionsanteil am Gesamtaufwand von 5 oder 10 Prozent. Die vielen Gemeinden, die ihre Rechnung von der Revisionsabteilung des Gemeindeamts revidieren liessen, müssen sich neue Revisoren suchen. Der Kanton dürfe diese Rolle nicht mehr übernehmen, entschied der Rat. Kleine Gemeinden können damit ihre Rechnungsprüfungskommission beauftragen.
Fusionen werden unterstützt
Allein stand die SVP auch bei der Frage der kantonalen Unterstützung von Gemeindefusionen. Ihre Anträge zur Streichung von Beiträgen an die Projektkosten, an die Zusammenschlüsse, zur Entschuldung und zum Ausgleich von Einbussen beim Finanzausgleich scheiterten alle. Dafür wurde die Linke beim Versuch, die aufsichtsrechtlichen Funktionen der Direktion der Justiz und des Innern zu retten, überstimmt. Gestärkt wurden die Bezirksräte.


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