Die Schulpflege bleibt obligatorisch, NZZ, 3.2. von Stefan Hotz und Walter Bernet
Schon zum Auftakt letzte Woche zeichnete sich ab,
dass der allererste Entscheid in der langen Detailberatung über das
Gemeindegesetz nochmals zu reden geben würde. Damals war der Zürcher Kantonsrat
überraschend nicht der Mehrheit der Kommission für Staat und Gemeinden (STGK)
gefolgt, die wollte, dass Parlamentsgemeinden auch die Aufgaben im Bereich der
Schule wahrnehmen, also Einheitsgemeinden sein sollen. Dies, obwohl auch die
Regierung auf den STGK-Vorschlag eingeschwenkt war.
Den Rückkommensantrag stellte am Montag Philipp
Kutter (cvp., Wädenswil), selber Präsident einer Stadt, die mit zwei
Nachbargemeinden eine Schulgemeinde bildet. Das sei ein alter Zopf,
unübersichtlich und verwirrend, sagte er. Den Antrag begründete er auch damit,
dass vor einer Woche Verwirrung geherrscht hatte, weil gleichzeitig über zwei
Minderheitsanträge abgestimmt worden war. Tatsächlich gab Esther Guyer (gp.,
Zürich) bekannt, die grüne Fraktion sei über die Bücher gegangen und stimme nun
dafür, dass Parlamentsgemeinden Einheitsgemeinden sein müssten. Diese Haltung
schwang nun mit 91 gegen 71 Stimmen obenaus.
Städte nicht erhört
Umstritten war am Montag auch die Frage, ob
Parlamentsgemeinden die Aufgaben der Schule auch an die Exekutive übertragen
können, anders gesagt, die Schulpflegen abschaffen dürfen. Das war der auch
öffentlich geäusserte Wunsch der Exekutiven von Zürich und Winterthur. Eine
derart starke Zentralisierung sei nicht im Sinne der Bürger, argumentierte
indes Martin Farner namens der STGK-Mehrheit.
Die Gemeinden müssten Gestaltungsspielraum
erhalten, entgegnete Sabine Wettstein (fdp., Uster), unterstützt von Jörg Mäder
(glp., Opfikon) und Stefan Hunger (bdp., Mönchaltorf). Martin Graf, Direktor
des Innern, meinte, die heutige Regelung führe in den Städten zu
Kompetenzproblemen. Neben der SVP sprachen sich auch Vertreter der Grünen und
der SP dafür aus, die Schulpflege in allen Gemeinden direkt vom Volk wählen zu
lassen. Die unheilige Allianz aus SVP, EDU, EVP und Teilen von GP und SP
obsiegte mit 95 gegen 75 Stimmen; der heutige Zustand wird somit beibehalten.
Ausserdem verwarf der Rat den Vorschlag, die Kompetenzen von Quartier- und
Ortsteilkommissionen im Gemeindegesetz zu regeln. Er lehnte einen
Minderheitsantrag von SVP und FDP ab, den Abschnitt über die Pflicht zur
Zusammenarbeit der Gemeinden zu streichen.
Den grösseren Teil des montäglichen
Sitzungsmarathons über beschäftigte sich das Parlament mit den Vorschriften für
die kommunalen Finanzhaushalte. Die SVP wollte ursprünglich den ganzen Teil
zurückweisen, weil sie darin eine Gängelung der Gemeinden ausmachte. Sie war
mit diesem Antrag aber bereits am letzten Dienstag gescheitert. So versuchte
sie in der Debatte in rund zwei Dutzend Einzelabstimmungen Mehrheiten für ihre
Anliegen zu gewinnen. Nicht immer spielte dabei die bürgerliche Allianz
reibungslos. Zwar klappte sie im Falle der etwas nebensächlichen Sperrklausel
für noch nicht endgültig genehmigte Projektkredite dank dem Präsidialentscheid
von Ratspräsidentin Brigitta Johner (fdp., Urdorf). Bei der Streichung der
Vorschrift, eine Geldflussrechnung zu führen, verweigerte die FDP zum Ärger und
zur Überraschung der SVP aber die Gefolgschaft. Während Letztere hartnäckig die
Interessen der kleinen Gemeinden vertrat und «miliztaugliche», das heisst für
Behörden und Verwaltungen weniger aufwendige Lösungen verlangte, sprach sich
die linke und mittlere Ratsseite, manchmal mit der FDP, für Einheitlichkeit
aus, die - auch im Interesse eines funktionierenden Finanzausgleichs - die
Vergleichbarkeit der Rechnungen und Budgets gewährleiste.
Zu den wichtigsten Entscheidungen dürfte das
Festhalten an den Globalbudgets gehören. Wie STGK-Präsident Farner ausführte,
hätte ein Verbot für die beiden grossen Städte und die acht anderen Gemeinden,
die damit arbeiten, nicht nur einen gewaltigen Aufwand bedeutet, sondern auch
einen Kulturwandel zurück in die Vergangenheit benötigt. Für die SVP dagegen
stellen Globalbudgets eine gläserne Kugel dar, wie Martin Zuber (Waltalingen)
sagte. Hans-Peter Amrein (Küsnacht) führte die jährlichen kantonalen
Budgetdebatten als Beweis dafür an, dass Globalbudgets wenig transparent sind.
Sie machten viel mehr Kontrollen nötig. Klare Entscheide fielen gegen die
Einführung einer Zinsbelastungs- und einer Eigenkapitalquote sowie gegen einen
minimalen Investitionsanteil am Gesamtaufwand von 5 oder 10 Prozent. Die vielen
Gemeinden, die ihre Rechnung von der Revisionsabteilung des Gemeindeamts
revidieren liessen, müssen sich neue Revisoren suchen. Der Kanton dürfe diese
Rolle nicht mehr übernehmen, entschied der Rat. Kleine Gemeinden können damit
ihre Rechnungsprüfungskommission beauftragen.
Fusionen werden unterstützt
Allein stand die SVP auch bei der Frage der
kantonalen Unterstützung von Gemeindefusionen. Ihre Anträge zur Streichung von
Beiträgen an die Projektkosten, an die Zusammenschlüsse, zur Entschuldung und
zum Ausgleich von Einbussen beim Finanzausgleich scheiterten alle. Dafür wurde
die Linke beim Versuch, die aufsichtsrechtlichen Funktionen der Direktion der
Justiz und des Innern zu retten, überstimmt. Gestärkt wurden die Bezirksräte.
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