9. Februar 2015

Bildungsoffensive der Zürcher FDP

Die Zürcher FDP setzt auf das Thema Bildung. Dazu wird die Fraktion im Kantonsrat 20 Vorstösse einreichen. 




Zürcher FDP will Immersionsunterricht in der Volksschule, Bild: edubs.ch

FDP stellt Numerus clausus infrage, NZZ, 9.2. von Andreas Schürer



Die Bildungsdirektion wird herausgefordert: Am Montag wird die FDP im Kantonsrat ein ganzes Paket an Vorstössen einreichen, insgesamt 20. Die Offensive geht auf ein Seminar im Herbst zurück, an dem Fraktionschef Thomas Vogel Bildung zum Schwerpunktthema erklärte. Die Vorstösse, darunter zwei Motionen, zielen auf alle Ebenen: Volksschule, Sekundarstufe II und Hochschule. Vogel meint: «Das Paket spiegelt unser Selbstverständnis als Bildungspartei, und es ist eine Ansage, das Thema auch in der nächsten Legislatur mit hoher Priorität zu bearbeiten.» Übergeordnetes Ziel sei, die Qualität des Bildungs- und Innovationsstandorts Zürich zu stärken, die Bürokratie abzubauen und dafür zu sorgen, dass die Mittel effizienter eingesetzt würden.
Die brisanteste Forderung der FDP kommt unscheinbar als Anfrage daher: Die FDP drängt auf eine Abschaffung des Numerus clausus für das Studium der Humanmedizin. Offen ins Visier genommen wird die Zulassungsbeschränkung zwar noch nicht; die FDP will zunächst genaue Angaben der Regierung dazu, wie diese die Wirkung des Numerus clausus einschätzt und was Alternativen wären, um den einheimischen Nachwuchs im Gesundheitsbereich zu fördern. Vogel macht aber kein Hehl daraus, dass das Terrain vorgespurt werden soll, um in einem Folgeantrag die Abschaffung zu verlangen.  
FDP-Kantonsrätin und Bildungspolitikerin Sabine Wettstein hält den heutigen Numerus clausus für ein untaugliches Selektionsinstrument. Zum einen sei die Durchsetzung fehlerbehaftet, zum anderen werde viel zu wenig Gewicht auf die Sozialkompetenz gelegt. Die 1998 eingeführte Beschränkung sei einzig als Sparmassnahme konzipiert, fachspezifische Qualitätsansprüche begünstige sie nicht. Weil die Zahl älterer Menschen stark zunehme, sei es dringend, mehr einheimische Mediziner auszubilden. Eine Kompensation mit Anstellungen von Ausländern sei weder angezeigt noch praktikabel.
Eltern in die Pflicht nehmen
Die zwei Motionen zielen auf den Kindergarten und die Sonderschulung. Die FDP will die Eltern gesetzlich dazu verpflichten, dafür besorgt zu sein, dass ihre Kinder beim Kindergarteneintritt genügend gut Deutsch beherrschen, um dem Unterricht folgen und sich integrieren zu können. Wettstein verweist darauf, dass der Kanton Basel Anfang 2013 eine solche Gesetzesgrundlage eingeführt und damit gute Erfahrungen gemacht habe. Die Bereitstellung von Angeboten koste zwar etwas, führe aber später zu Entlastungen im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Angesichts der Heterogenität vieler Klassen sei es wichtig, die Eltern auf ihre Erziehungsverantwortung aufmerksam zu machen und diese auch einzufordern, notfalls mit Sanktionen.
Mit der zweiten Motion drängt die FDP auf einen Versorgungsplan auch in der integrativen Sonderschulung, analog zur separativen. Heute gibt es keine Quoten dafür, wie viele Schüler in einer Regelklasse maximal Sondermassnahmen zugute haben. Laut Wettstein nutzen diese fehlende Vorgabe manche Schulen allzu leichtfertig, um zusätzliche Ressourcen zu erhalten.
Gesprächsstoff dürften auch weitere Forderungen der FDP bieten. So wollen die Freisinnigen die erste Fremdsprache im Rahmen der Umsetzung des Lehrplans 21 erst ab der 3. Klasse einführen, wie alle anderen Schweizer Kantone auch. Gestärkt werden sollen dafür die Fächer im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Der Fremdsprachenunterricht in der Volksschule solle wiederum verbessert werden, indem auf dieser Stufe immersiver Unterricht einzuführen sei, ein Sprachbad also, in dem die Schüler auch andere Fächer und Themen in der Fremdsprache erfahren. Eine weitere Forderung des Freisinns ist, die Anstellungsbedingungen der Schulleiter und Rektoren auf Sekundarstufe II zu verbessern. Für Wettstein ist insbesondere nicht mehr zeitgemäss, dass diese immer noch eine Unterrichtsverpflichtung haben und über eine Funktionszulage besoldet werden, statt in einer eigenen Lohnklasse eingereiht zu sein.
Walker Späh positioniert sich
Rückenwind verleiht das Vorstoss-Paket der FDP-Kantonsrätin Carmen Walker Späh, die am 12. April den Sitz ihrer Parteikollegin Ursula Gut im Regierungsrat verteidigen will. Walker Späh setzt Bildung, Innovation und Unternehmertum in ihrem Wahlkampf ganz oben auf die Agenda. Offiziell sagt sie zwar, sie sei für jede Direktion offen, sollte sie gewählt werden. Weil die Bildungsdirektion aber frei wird und weil sie das Thema derart priorisiert, ist aber klar, dass sie sich für die Nachfolge der abtretenden Direktionsvorsteherin Regine Aeppli in Position bringt.
Wie ihre Partei steht auch Walker Späh der heutigen Beschränkung für das Medizinstudium kritisch gegenüber. Sie sagt: «Ein Numerus clausus im Bildungsbereich ist an sich problematisch. Die Leute sollen sich eigentlich ihren Talenten entsprechend frei entwickeln können.»


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