SVP-Nationalrat hält Sexualkunde in der fünften Klasse für illegal, Aargauer Zeitung, 19.12. von Fabian Hägler
Seit dem
Schuljahr 2009/10 gibt es an der Kreisschule Rohrdorferberg für die 5. Klässler
obligatorischen Sexualkunde- Unterricht.
Für Sebastian
Frehner, SVP-Nationalrat aus dem Kanton Basel-Stadt und Co-Präsident der
Initiative «zum Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» ist
dies ein Skandal: «Die Sexualkunde in Niederrohrdorf ist illegal. Die
Androhung, der Unterricht sei obligatorisch, ist zudem rechtsmissbräuchlich»,
hält er in einer schriftlichen Reaktion auf den Artikel in der az fest.
Frehner
verweist auf einen Entscheid des Bundesgerichts im Zusammenhang mit den
Sex-Boxen in Basel. Dieser fiel aus seiner Sicht negativ aus, die Richter
lehnten Beschwerden von zwei Familien ab, die ihre Kinder vom
Sexualkundeunterricht dispensieren wollten.
Bundesgericht setzt Leitplanken
Dennoch sieht
Frehner im Urteil aus Lausanne mehrere Punkte, die seine Meinung stützen. Laut
dem Bundesgericht sei Sexualkundeunterricht «nur bei Vorliegen einer
gesetzlichen Grundlage erlaubt», schreibt der SVP-Nationalrat und Jurist.
Und weiter:
«Wird die Sexualkunde nur im Lehrplan erwähnt und nicht im formellen
Schulgesetz, so ist nur reaktiver Unterricht im Sinn der Beantwortung von
Fragen erlaubt.»
Verboten sei
hingegen ein systematischer Sexualkundeunterricht. Frehner kritisiert, im Fall
von Niederrohrdorf sei die Sexualkunde weder im Schul-
gesetz, noch im Lehrplan ausdrücklich erwähnt.
gesetz, noch im Lehrplan ausdrücklich erwähnt.
Die
obligatorischen Sexualkundelektionen für die 5. Klässler seien deshalb
unzulässig. «Gesetzgeber und Exekutive des Kantons sind gefordert, die
Rechtmässigkeit des Unterrichts wieder herzustellen», fordert Frehner.
Schuldepartement bleibt locker
Doch das
Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS), dem mit Alex Hürzeler ein
Parteikollege von Frehner vorsteht, sieht keinen Handlungsbedarf.
«Wir sind auch
nach dem Bundesgerichtsurteil der Meinung, dass der Sexualkunde-Unterricht in
Niederrohrdorf zulässig ist», sagt Simone Strub, stellvertretende
Kommunikationschefin.
Es handle sich
nicht um institutionalisierten Unterricht mit fixen Lernzielen. Die Schulen am
Rohrdorferberg hätten diesen Weg gewählt, um den Kindern das Thema
altersgerecht zu vermitteln und ihre Fragen zu beantworten.
«So ist die
Vorgabe des Bundesgerichts erfüllt, dass Sexualkunde reaktiv vermittelt werden
muss und ein systematischer Unterricht auf dieser Altersstufe nicht erlaubt
ist», so Strub. In erster Linie gehe es darum, den Kindern aufzuzeigen, wie sie
ihren Körper wahrnehmen und wie sie sich gegen Übergriffe abgrenzen können.
Victor Brun,
Sektionsleiter der Abteilung Volksschule im BKS, sagte der az schon vor zwei
Wochen: «In den Primarschulen und Kindergärten im Aargau findet nur reaktiver
Sexualkundeunterricht statt.»
Damit verfolge
der Lehrplan eine eher defensive Strategie in der Aufklärung der jungen
Schüler. Dieser Ansatz habe sich bewährt und bis jetzt keine Entrüstung oder
negative Reaktionen ausgelöst, führte Brun aus.
Eltern reagierten positiv
Arnada
Caminada, Schulleiterin der Primarschule Niederrohrdorf, bestätigt dies. «Als
wir die obligatorische Sexualpädogogik einführten, gab es kritische Stimmen aus
der Lokalpolitik. Dabei ging es aber weniger um den Inhalt des Angebots,
sondern mehr um die Kosten, die von den Gemeinden am Rohrdorferberg getragen
werden.»
Nur einmal habe
sich ein Vater bei ihr gemeldet und kritisiert, sein Sohn komme mit schmutzigen
Ausdrücken nach Hause und die Sexualpädagogik verführe die Kinder dazu, mit
anderen Sex zu haben.
«Ich habe ihn
zu einem Gespräch eingeladen und ihm Konzept und Zweck des Angebots erklärt.
Schliesslich besuchte sein Sohn den Unterricht und der Vater hat sich nachher
sehr bedankt bei uns», sagt Caminada. Ansonsten seien durchwegs alle Eltern
dankbar für das Angebot, «negative Rückmeldungen gibt es keine».
Dispensationsgesuche
seine bisher keine eingegangen, erklärt Caminada. Wie würde sie auf ein solches
Gesuch reagieren? «Ich würde das Gespräch suchen und den Eltern aufzeigen,
was sie ihrem Kind vorenthalten, wenn sie dieses von der Sexualpädagogik
dispensieren lassen möchten», sagt die Schulleiterin.
Dispensationsgesuche
müssten im Einzelfall genau angeschaut werden. «Ich habe aber keine Angst, dass
nach der Kritik von Herrn Frehner nun viele Eltern ihre Kinder von der
Sexualpädagogik dispensieren lassen», sagt sie.
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