Berner Lehrpersonen können ihr Einkommen stark erhöhen,
wenn sie in einem anderen Kanton unterrichten. Vor allem der Wechsel nach
Solothurn kann mehrere Tausend Franken im Monat einbringen. Doch die Aufholjagd
läuft.
Note "Ungenügend" für die Berner Lehrerlöhne, Berner Zeitung, 17.5. von Fabian Schäfer
Werbung in eigener Sache
sieht anders aus. Am Dienstag hat der Regierungsrat des Kantons Bern einen
Bericht veröffentlicht, dessen Hauptaussage man etwa so zusammenfassen kann:
Wer eine Stelle als Lehrerin oder Lehrer sucht, sollte das nicht im Kanton Bern
tun. Jedenfalls, wenn ihr oder ihm der Lohn wichtig ist.
Konkret hat Berns
Regierung im Auftrag des Kantonsparlaments einen interkantonalen Vergleich der
Anstellungsbedingungen von Lehrpersonen erstellt. Der Bericht umfasst einen
ungewöhnlich transparenten, detaillierten Lohnvergleich. Das ist einigermassen
erstaunlich, wenn man weiss, wie zurückhaltend Kantonsverwaltungen mit
Lohnstatistiken umgehen.
2000
Franken mehr im Monat
Dass Bern insbesondere
bei den Löhnen schlecht abschneidet, ist zwar nicht neu. Dennoch sind die
Differenzen verblüffend gross. Das beginnt im Kindergarten, in dem Berner
Lehrpersonen nach zehn Dienstjahren knapp 86 000 Franken im Jahr verdienen
(Brutto). Um spürbar mehr zu erhalten, müssen sie nicht weit pendeln: Im
Kanton Freiburg erhielten sie 10 000 Franken mehr, in Solothurn sogar 23 000
Franken (siehe Grafik). Noch grössere Lohnsprünge wären für frankofone
Lehrpersonen im «Lehrerparadies» Genf möglich.
Ähnlich sieht es auf der
Primarstufe aus. Hier sind in Bern schon die Anfangslöhne mit rund 73 500
Franken relativ tief, der Rückstand auf Freiburg zum Beispiel beträgt 3000
Franken. Nach zehn Berufsjahren hat sich dieser Abstand stark vergrössert, auf
nunmehr 10 000 Franken. Wie im Kindergarten ist es auch für Lehrpersonen der
Primarstufe am lukrativsten, eine Stelle in Solothurn zu suchen: Die
Lohnerhöhung läge nach zehn Berufsjahren wiederum bei fast 2000 Franken im
Monat.
Auf der Sekundarstufe,
im Gymnasium sowie in der Berufsfachschule sind die Berner Löhne ebenfalls
nicht oder kaum konkurrenzfähig. Die Rückstände auf Freiburg oder Solothurn
liegen in einem ähnlichen Rahmen.
Allerdings zeigt der
Vergleich deutlich, dass sich Solothurn für Bern kaum als Massstab eignet: Der
Nachbarkanton bezahlt auffällig hohe Lehrerlöhne, obwohl seine Finanzkraft und
das sonstige Lohnniveau klar unter dem Schweizer Durchschnitt liegen, gleich
wie in Bern. Solothurn ist gegenüber den Lehrpersonen zum Teil sogar
zahlungsfreudiger als wirtschaftlich starke Zentren wie Zürich, Basel und
Genf.
Eine
Folge der Sanierung
Das wird sich der Kanton
Bern kaum leisten können und wollen. In der Tat hat die Aufholjagd,
die Bern 2014 mit dem neuen Lehreranstellungsgesetz gestartet hat,
bescheidenere Ziele. Die Ziellöhne, die Bern mittelfristig anstrebt, liegen
gemäss den Vergleichen im Bericht vielfach knapp unter Freiburger Niveau.
Für die Berner Regierung
steht fest, dass der Nachholbedarf nach wie vor gross ist. Sie nutzt den
Bericht denn auch, um dies insbesondere dem Grossen Rat, der die Budgethoheit
innehat, in Erinnerung zu rufen. Auch wenn es finanziell bald wieder eng
wird, will die Regierung weiterhin jedes Jahr mindestens 1,8 Prozent der
Lohnsumme für Lohnaufbesserungen bereitstellen – nicht nur für die
Lehrpersonen, sondern auch für das Staatspersonal.
So soll der
Lohnrückstand mittelfristig verschwinden. Entstanden ist er, weil Bern zur
Sanierung des Haushalts während etwa fünfzehn Jahren das Lohnwachstum
einschränkte, während andere Kantone ihrem Personal Jahr für Jahr mehr
auszahlten.
Berner Lehrpersonen
können sich auch nicht damit trösten, dass sie eine speziell gute Pensionskasse
haben. Vielmehr sei diese im Kantonsvergleich wohl «eher
unterdurchschnittlich», so das vorsichtige Fazit der Regierung. Da ist es ein
schwacher Trost, dass Bern zu den wenigen Kantonen gehört, die einen
zehntägigen Vaterschaftsurlaub gewähren.
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