3. Dezember 2014

Kein Dispens von Sexualkunde

Das Bundesgericht stützt das Basler Bildungsdepartement: Eltern dürfen ihre Kinder nicht vom Sexualkundeunterricht dispensieren lassen. 



In Basler Kindergärten und an Schulen bleibt Sexualkunde weiterhin obligatorisch für alle Kinder, Bild: sda



Quelle: NZZ, 3.12.


Die Basler «Sex-Box», die mit Körper-Puzzles und Puppen mit Geschlechtsmerkmalen die Kinder aufklären soll, hat nationale Berühmtheit erlangt. Der umstrittene Koffer sorgte nicht nur in Basel für Schlagzeilen, er gab auch den Anstoss zu der eidgenössischen Volksinitiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule», die vornehmlich von Basler Eltern getragen wird. Der Bundesrat hat die Initiative letzte Woche zur Ablehnung empfohlen. Ob die Eltern politisch Erfolg haben werden, ist offen. Fest steht bereits, dass sie keine juristische Hilfe erwarten können. Das Bundesgericht hat nämlich die Beschwerden zweier Basler Familien, die um Dispens für ihre Kinder vom Sexualunterricht ersucht hatten und beim Basler Regierungsrat sowie beim Appellationsgericht abgeblitzt waren, abgelehnt.
Gerechtfertigte Eingriffe
Für das höchste Gericht ist entscheidend, dass der zu beurteilende Basler Sexualunterricht für Kindergartenkinder und Primarschüler nicht systematisch erfolgt, sondern dass der Lehrer, die Lehrerin bloss reaktiv auf allfällige Fragen der Kinder antwortet, dies allerdings vor der ganzen Klasse. Der umstrittene Unterricht greife zwar in das Erziehungsrecht der Eltern ein und tangiere ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit, meint das Bundesgericht. Es hält diese Eingriffe indes für gerechtfertigt. Zum einen wertet es sie nicht als schwer, da den Kindern - anders etwa als ein Kopftuchverbot - kein bestimmtes Verhalten aufgezwungen werde; vielmehr gehe es nur um ein «passives Erleben» des Unterrichts. Zum andern sei die Sexualkunde grundsätzlich geeignet, die Kinder vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Und schliesslich liege die Hauptverantwortung der Sexualerziehung für Kindergartenkinder und Primarschüler auch beim Basler Modell in erster Linie bei den Eltern, und diese könnten ihnen ihre eigenen ethischen und moralischen Vorstellungen vermitteln.
Kondome für Bananen
Das Bundesgericht bestätigt damit den Weg, den Basel und zahlreiche andere Kantone bei der Sexualkunde eingeschlagen haben. Dass man Kinder, auch kleine, ernst nimmt, wenn sie Fragen rund um die Sexualität haben, ist zweifellos richtig. Handkehrum muss man aber feststellen, dass der Aufklärungsunterricht heute in der Schule sehr energisch angegangen wird - teilweise fast zu energisch. Wenn bereits 11-jährige Kinder sich im Unterricht darin üben, Bananen Kondome überzustreifen, oder wenn 13-Jährige in die vielfältige Welt der Sex-Spielzeuge eingeführt werden, drängt sich auch aufgeschlossenen Eltern die Frage auf, ob die Schule nicht mit einem gewissen Übereifer an die Sache herangeht.

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