Frühenglisch bringt nichts, Bild: Christian Beutler
"Englisch kann man getrost in die Oberstufe verschieben", Tages Anzeiger, 11.12. von Tina Huber
Simone Pfenninger, kommt
es darauf an, in welchem Alter Schüler eine Fremdsprache lernen?
Praktisch nicht – zumindest, so wie heute in der Schweiz der Fremdsprachenunterricht praktiziert wird. Das Alter wird stark überschätzt. In unserer Studie verglichen wir Gymnasiasten, die ab 8 Jahren Englischunterricht hatten, mit Gymnasiasten, die erst mit 13 Englisch lernten. Nach sechs Monaten hatten die Spätlernenden die Frühlernenden bereits eingeholt – oder waren sogar besser.
Praktisch nicht – zumindest, so wie heute in der Schweiz der Fremdsprachenunterricht praktiziert wird. Das Alter wird stark überschätzt. In unserer Studie verglichen wir Gymnasiasten, die ab 8 Jahren Englischunterricht hatten, mit Gymnasiasten, die erst mit 13 Englisch lernten. Nach sechs Monaten hatten die Spätlernenden die Frühlernenden bereits eingeholt – oder waren sogar besser.
Weshalb?
Frühe Fremdsprachen können auf kurze Sicht die Muttersprache beeinträchtigen. Die Frühlernenden waren in Deutschtests Anfang der Oberstufe signifikant schlechter als die Spätlernenden. Wer allgemeine Fähigkeiten wie Argumentieren, einen Text verstehen oder einen Aufsatz strukturieren in der Muttersprache gut beherrscht, überträgt diesen Vorteil auf die Fremdsprache. Nach sechs Jahren, kurz vor der Matur, sah man zwischen den beiden Gruppen gar keinen Unterschied mehr. Einen Langzeiteffekt von Frühenglisch gibt es also nicht.
Frühe Fremdsprachen können auf kurze Sicht die Muttersprache beeinträchtigen. Die Frühlernenden waren in Deutschtests Anfang der Oberstufe signifikant schlechter als die Spätlernenden. Wer allgemeine Fähigkeiten wie Argumentieren, einen Text verstehen oder einen Aufsatz strukturieren in der Muttersprache gut beherrscht, überträgt diesen Vorteil auf die Fremdsprache. Nach sechs Jahren, kurz vor der Matur, sah man zwischen den beiden Gruppen gar keinen Unterschied mehr. Einen Langzeiteffekt von Frühenglisch gibt es also nicht.
Das
heisst, jeder Schüler braucht eine gute Deutschbasis, bevor er mit einer
Fremdsprache anfängt?
Grundsätzlich ja. Der Fremdsprachenunterricht sollte im heutigen System frühestens in der5. Klasse beginnen.
Das heisst nicht, dass ich gegen frühe Fremdsprachen bin. Aber das heutige
Kurzfutterkonzept mit rund zwei Wochenlektionen in der Primarschule pro Sprache
ist zum Scheitern verurteilt. Da kommt man auch mit der grössten Sprachbegabung
und Motivation auf keinen grünen Zweig.
Grundsätzlich ja. Der Fremdsprachenunterricht sollte im heutigen System frühestens in der
Was
wäre besser?
Will man bereits in der Primarschule anfangen, braucht es mehr Wochenlektionen. Sechs bis acht Stunden pro Woche und Fremdsprache sind das Minimum.
Will man bereits in der Primarschule anfangen, braucht es mehr Wochenlektionen. Sechs bis acht Stunden pro Woche und Fremdsprache sind das Minimum.
Dann
müsste bei anderen Fächern massiv gekürzt werden.
Genau. Aber das geht natürlich nicht. Unsere Studie zeigt: Englisch kann man getrost in die Oberstufe verschieben. Das Resultat ist dasselbe, und dafür könnte Französisch richtig angegangen werden.
Genau. Aber das geht natürlich nicht. Unsere Studie zeigt: Englisch kann man getrost in die Oberstufe verschieben. Das Resultat ist dasselbe, und dafür könnte Französisch richtig angegangen werden.
Französisch
sei schwieriger zu lernen als Englisch, wird oft gesagt.
Es kommt nicht drauf an, wie schwierig eine Sprache ist, sondern wie viel Prestige sie hat. Englisch ist die Weltsprache, das zählt. Ist eine Sprache populär, wird sie gelernt – auch wenn es Chinesisch ist. Kommt hinzu: Wer mit 13 Englisch zu lernen beginnt, ist kein Anfänger mehr. Jugendliche und Kinder sind dem Englischen ständig ausgesetzt. Dadurch erzielt man im Klassenzimmer in kurzer Zeit riesige Fortschritte.
Es kommt nicht drauf an, wie schwierig eine Sprache ist, sondern wie viel Prestige sie hat. Englisch ist die Weltsprache, das zählt. Ist eine Sprache populär, wird sie gelernt – auch wenn es Chinesisch ist. Kommt hinzu: Wer mit 13 Englisch zu lernen beginnt, ist kein Anfänger mehr. Jugendliche und Kinder sind dem Englischen ständig ausgesetzt. Dadurch erzielt man im Klassenzimmer in kurzer Zeit riesige Fortschritte.
Welche
Erkenntnisse ziehen Sie aus Ihrer Studie für die politische Diskussion um den
Fremdsprachenunterricht in der Schweiz?
Der Immersionsunterricht auf Sekundarstufe, also wenn beispielsweise auch Geografie oder Geschichte in einer Fremdsprache unterrichtet wird, ist äusserst erfolgreich. Das zeigen Programme etwa bei Zürcher Kantonsschulen oder bei Privatschulen. Die Schüler mit Immersionsunterricht stechen absolut heraus – egal, wann sie mit der Fremdsprache begonnen haben und wie motiviert sie sind. Die Politik sollte hier mehr Geld investieren. Und generell gilt für den Fremdsprachenunterricht: lieber spät und intensiv als lange und halbbatzig.
Der Immersionsunterricht auf Sekundarstufe, also wenn beispielsweise auch Geografie oder Geschichte in einer Fremdsprache unterrichtet wird, ist äusserst erfolgreich. Das zeigen Programme etwa bei Zürcher Kantonsschulen oder bei Privatschulen. Die Schüler mit Immersionsunterricht stechen absolut heraus – egal, wann sie mit der Fremdsprache begonnen haben und wie motiviert sie sind. Die Politik sollte hier mehr Geld investieren. Und generell gilt für den Fremdsprachenunterricht: lieber spät und intensiv als lange und halbbatzig.
Aus der Studie ein Plädoyer für das Frühfranzösische abzuleiten, ist natürlich für bestimmte Kreise verlockend. Aber natürlich gelten die Befunde von Pfenninger entsprechend auch für das Frühfranzösische.
AntwortenLöschen