Berset: "Ich werde das nicht tolerieren", Bild: Stefan Leimer
Bundesrat stärkt Eymann den Rücken, Basler Zeitung, 1.11. von Nina Jecker
Der Basler
Erziehungsdirektor Christoph Eymann ist zufrieden. In seinem Kampf für die
Harmonisierung des Fremdsprachenunterrichts auf Primarstufe erhielt er als
Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) gestern gewichtige
Schützenhilfe. Bundesrat Alain Berset nahm im Swissôtel Le Plaza in Basel an
einer Aussprache aller Erziehungsdirektoren teil – und sagte klar: «Ich werde
nicht tolerieren, dass in einigen Kantonen an der Primarschule nur Englisch,
aber keine zweite Landessprache unterrichtet wird.»
Nicht alle
sind mit dem Modell einverstanden. Bei einer erneuten Abstimmung votierten
gestern zwei Erziehungsdirektoren dagegen. Ein Kanton war abwesend, ein
weiterer enthielt sich. Wer Nein stimmte, behielt Eymann für sich. Einer von
ihnen dürfte aber Res Schmid (SVP) aus dem Kanton Nidwalden sein. Dort möchte
zwar das Parlament am Frühfranzösisch festhalten, die Regierung selber will
jedoch nur eine Fremdsprache in der Primarschule unterrichten lassen, und zwar
Englisch. Entscheiden wird das Nidwaldner Stimmvolk. Auch Thurgau will
zurückkrebsen. Das dortige Parlament hat bereits einem Vorstoss zugestimmt, der
die Abschaffung von Frühfranzösisch fordert.
Spiel mit dem Feuer
Sehr
empfindlich haben die Welschen auf diese Tendenzen reagiert. An der gestrigen
Medieninformation nach der Konferenz kam Anne-Catherine Lyon, Präsidentin der
Erziehungsdirektoren der Romandie und des Tessins, zu Wort. «Beim Entscheid
2004 mussten wir akzeptieren, dass der Kompromiss den Kantonen die Wahl lässt,
zuerst Französisch oder Englisch einzuführen. Dass nun einzelne das
Frühfranzösisch ganz abschaffen wollen, ist inakzeptabel.» So weit will es
Bundesrat Berset nicht kommen lassen. Er warnte die «abtrünnigen» Kantone,
nicht «mit dem Feuer zu spielen». Mehrfach verwies er auf die Bundesverfassung,
die eine Vereinheitlichung vorschreibe. «Sobald klar ist, dass ein Kanton das
nicht erfüllt – und das könnte schon bald der Fall sein –, wird der Bund
intervenieren», sagte Berset. Mit welchen Massnahmen, das liess der
Bildungsminister noch offen. «Einen Sanktionenkatalog für fehlbare Kantone gibt
es derzeit keinen», sagt Eymann dazu. Er hoffe aber, dass es im Interesse aller
sei, die Kompetenzen bei den Kantonen zu belassen und kein Einschreiten des
Bundes zu provozieren.
Zwang zeichnet
sich auch beim Zeitpunkt der Umsetzung ab. Noch haben drei Kantone gar nicht
mit einer zweiten Landessprache auf Primarstufe begonnen, nämlich Uri,
Appenzell Innerrhoden und der Aargau. Letzterer beschloss, den Lehrplan 21 erst
2020/2021 einzuführen. Dann soll auch die Einführung von Frühfranzösisch
erfolgen. «Es gibt keinen Stichtag», räumt Eymann ein. «Aber es könnten auch
hier verbindliche Vorgaben beschlossen werden.»
EDK zieht 2015 Bilanz
In Nidwalden,
wo derzeit noch Englisch und Französisch auf Primarstufe unterrichtet werden,
lässt man sich nicht beeindrucken. Auf Anfrage der BaZ teilte der dortige
Erziehungsdirektor Res Schmid mit: «Aus unserer Sicht gibt es im Moment keine
Veränderung. Das Nächste, was entscheidend ansteht, ist die Volksabstimmung
betreffend nur eine Fremdsprache an der Primarschule am 8. März 2015.» Was den
angeblichen Verfassungsbruch angeht, da hat sich Schmid bereits geäussert: Vor
zehn Jahren habe man das System mit zwei Fremdsprachen ab der dritten und
fünten Primarklasse nicht gekannt, und niemand habe vom nationalen Zusammenhalt
gesprochen. Wie es im Thurgau, wo der Grosse Rat die Abschaffung von
Frühfranzösisch beschlossen hat, weitergeht, dazu wollte Erziehungsdirektorin
Monika Knill (SVP) nur so viel sagen: «Die Aussprache war wichtig und wertvoll.
Für den Kanton Thurgau ergeben sich keine Änderungen. Das Departement hat die
Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung des politischen Auftrages in die Wege
geleitet, Details sind noch keine bekannt.»
Im kommenden
Jahr wird sich zeigen, ob eine Harmonisierung zustande kommt. Die EDK will dann
Bilanz ziehen. Ganz einheitlich wird es aber sowieso nicht werden, auch nicht
mit Zwang. In 14 Kantonen lernen die Primarschüler als Erstes Englisch, in
zwölf zuerst eine zweite Landessprache. Das erlaubt der 2004 beschlossene
Kompromiss.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen