20. November 2014

Aargauer Einschulungsklassen gefährdet

Der Kanton will die Mindestgrösse für Einschulungsklassen ändern - aus Spargründen. Dagegen regt sich nun Widerstand.



Eine Aargauer Einschulungsklasse, Bild: Aargauer Zeitung

Die Einschulungsklasse ist ab nächstem Jahr gefährdet, Aargauer Zeitung, 20.11. von Lee Ann Müller


Im Sommer hat der Grosse Rat entschieden, dass die Einschulungsklassen (EK) trotz des Sparpakets erhalten bleiben. Doch kurz danach folgte der Dämpfer. Die Regierung forderte eine neue Sparmassnahme: Die Mindestgrösse von Einschulungsklassen soll angepasst werden. Eine EK kann nur weitergeführt werden, wenn sie mindestens zehn oder mehr Schüler zählt. Ausserdem ist eine limitierte Zuweisungsrate über den ganzen Kanton geplant: Maximal 8 Prozent aller Schüler der 1. und 2. Primarschuljahrgänge sollen in einer EK geschult werden. Die heilpädagogische Unterstützung im Kindergarten, sowie die Möglichkeit, Zusatzlektionen zu beantragen, sollen dazu beitragen, dass weniger Kinder die EK besuchen müssen, argumentiert der Kanton.
Betroffen von den neuen Anforderungen ist auch die Primarschule Schöftland: Die 1. und 2. Klasse umfasst 75 Schüler, davon besuchen neun die EK. Neun Kinder sind demzufolge zu wenig. Ausserdem hätte die Schule bei einem Maximalwert von 8 Prozent bei 75 Schülern nur sechs Kinder pro EK. Da der Richtwert jedoch über den ganzen Kanton gesehen gilt, könne man ihn nicht eins zu eins auf die einzelnen Gemeinden hinunterbrechen, sagt Sascha Giger, Sprecherin des Departementes für Bildung, Sport und Kultur.
Bereits ab Schuljahr 2015/2016 soll die Verordnung in Kraft treten – Ende November wird der Grosse Rat über die Leistungsanalyse und das Budget beraten. «Definitiv festgelegt ist noch nichts», sagt Giger. Das Thema könne im Rahmen der Budgetdiskussion anfangs Dezember im Grossen Rat noch besprochen werden.

Nun wehren sich die Lehrpersonen

Für die betroffene Primarschule Schöftland bringt die geplante Neuerung nur Nachteile. Sie wehrt sich dementsprechend. Ein Schreiben an alle Grossräte sowie ein Leserbrief an die az wurden verschickt, in welchen das Lehrerteam die Problematik einer Abschaffung der EK wie folgt schildert: «Die heutigen Einschulungsklässler haben im nächsten Sommer die Hälfte des Schulstoffes der ersten Klasse durchgenommen. Im nächsten Schuljahr müssten sie bei einer Auflösung der EK direkt in die zweite Klasse wechseln. Dort werden sie höchstwahrscheinlich mit dem Schulstoff und dem Tempo überfordert sein.» Die andere Lösung wäre, die Kinder in die erste Klasse zurückzuversetzen, zurück an den Start, was für die EK-Schüler nicht motivierend sei.
Zudem müssten in Zukunft jene Kinder, die bis anhin für die Einschulungsklasse vorgeschlagen wurden, in die 1. Klasse eingeschult werden. Den Kindern würde so die Möglichkeit genommen, einen ihrem Tempo angepassten Schulstart zu erleben. «Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht», schreibt dazu die Schule Schöftland. Die Abschaffung der EK sei demzufolge nicht förderlich und sparen könne man mit der Neuerung ebenfalls nicht:
«Die EK-Schüler können in einer Regelklasse nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden. Sie brauchen mehr Zeit, um sich zu entwickeln, den Stoff aufzunehmen und sind schneller überfordert, was zu Verhaltensauffälligkeiten führen kann.» Erforderliche Massnahmen wie Stützunterricht, Repetitionsstunden oder Therapien würden wahrscheinlich mehr Kosten verursachen, als zuvor mit der Abschaffung der Einschulungsklasse eingespart werde, schreibt das Primarschulteam Schöftland.


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