Dass der Kanton Baselland den Lehrplan 21 ohne Abstriche einführt,
könnte schon an der heutigen Landratssitzung in weite Ferne rücken. Das
Parlament in Liestal berät über eine Parlamentarische Initiative, die anstelle
der im Lehrplan 21 vorgesehenen Sammelfächer die bisherigen Einzelfächer
Geschichte, Geografie, Physik, Biologie, Chemie, Hauswirtschaft und Wirtschaft
im Bildungsgesetz fest verankern will. Mit einer zweiten Parlamentarischen
Initiative will sich der Landrat zudem die Kompetenz geben, selber über die
Einführung des Lehrplans entscheiden zu können.
Kantone sind nicht verpflichtet, den neuen Lehrplan zu übernehmen, Bild: Keystone
Der Lehrplan 21 vor der Demontage, Basler Zeitung, 2.10. von Thomas Dähler
Lanciert hat die beiden Parlamentarischen Initiativen Jürg Wiedemann
(Grüne), Sekundarlehrer in Allschwil. Die Initiative gegen die neuen
Sammelfächer ist mehrheitsfähig: Unterzeichnet ist sie von Parlamentarierinnen
und Parlamentariern aus allen Fraktionen mit Ausnahme der SP. Deshalb dürfte
die Überweisung der Initiative an die Bildungs-, Kultur- und Sportkommission
reine Formsache sein. Gut möglich, dass auch die zweite Initiative an die
Bildungskommission überwiesen wird. Es ist dann an der Kommission, die
Gesetzesrevision zu beraten und dem Landrat die Vorlage zu unterbreiten.
Damit hätte es der Landrat in der Hand, die Ausgangslage bei der Debatte
um den umstrittenen Deutschschweizer Lehrplan auf eine neue Basis zu stellen.
Bildungsdirektor Urs Wüthrich, der im Grundsatz nach wie vor hinter dem
Lehrplan 21 steht und diesen auch bereits Mitte 2015 einführen will, bliebe nur
noch der Weg über eine Volksabstimmung. Stellt sich die SP-Fraktion hinter
ihren Bildungsminister, hat das Volk im nächsten Jahr das letzte Wort.
Wüthrich
müsste warten
Es hat Seltenheitswert, dass Landratsmitglieder quer durch fast alle
Parteien eine Parlamentarische Initiative lancieren. Mit dem Instrument der
Parlamentarischen Initiative ist es möglich, ein Gesetz unter Umgehung der
Regierung und der betroffenen Direktion zu verabschieden. Stimmt der Landrat
heute Donnerstag der Initiative zu, wäre Bildungsdirektor Wüthrich gezwungen,
bis zum entsprechenden Vorentscheid mit der Umsetzung der im Lehrplan 21
enthaltenen Neuerungen zuzuwarten.
Damit könnten Bildungsdirektion und Bildungsrat insbesondere die
zusammen mit Basel-Stadt erarbeitete gemeinsame neue Stundentafel nicht
einführen. Diese sieht nämlich bereits den Unterricht der neuen Sammelfächer
anstelle der traditionellen Fächer Geschichte, Geografie, Physik, Chemie,
Biologie, Hauswirtschaft und Wirtschaft vor. In Basel-Stadt werden die
geplanten neu erfundenen Fächer «Natur und Technik», «Räume, Zeiten,
Gesellschaften» und «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt» bereits ab kommendem Schuljahr
auf dem Stundenplan stehen – allerdings ist in der Stadt ein fliessender
Übergang vorgesehen.
Die im Lehrplan 21 enthaltenen neuen Sammelfächer sind jedoch auch von
der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz noch nicht definitiv
verabschiedet. Der Lehrplan 21 wird zurzeit überarbeitet. Die Sammelfächer
stehen dabei jedoch nach den Angaben der Promotoren des Lehrplans 21 nicht mehr
grundsätzlich zur Diskussion. Die Verabschiedung des Lehrplans 21 durch die
Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz ist Ende Jahr vorgesehen. In den
kommenden Monaten soll das Ergebnis der Überarbeitung des Lehrplans vorgestellt
werden.
Kantone nicht
verpflichtet
Die Kantone sind nicht verpflichtet, den Lehrplan 21 zu übernehmen. Sie
sind jedoch gemäss dem Bildungsrahmenartikel in der Bundesverfassung zur
Schulharmonisierung verpflichtet. Erfüllen können sie diesen verbindlichen
Auftrag nur mit einer Angleichung ihrer Lehrpläne. Gelingt dies nicht, kann der
Bundesrat Regelungen auf Bundesebene einleiten. Bis heute hat Innenminister
Alain Berset jedoch erst die Absicht kundgetan, in der Frage des umstrittenen
Französischunterrichts auf Primarschulstufe intervenieren zu wollen, sollten
sich die Kantone allein nicht einigen können.
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