3. September 2014

Sprachenentscheid nicht länger hinauszögern

Fast könnte man meinen, dass für Fünft- und Sechstklässler das Lernen zweier Fremdsprachen der wichtigste Auftrag der Mittelstufe sei. Diese Annahme wäre fatal. In diesem Alter möchten die Kinder entwicklungsbedingt lieber direkt mit der Natur in Berührung kommen, als die Namen der Frösche und Kaulquappen auf Englisch zu lernen. Elfjährige lassen sich von anschaulichen oder spannenden Bildungsinhalten begeistern. So fördert ein farbiger Realienunterricht in Geschichte und Geografie nachhaltige Lernprozesse und bietet in Form individueller Projekte beste Möglichkeiten für die Begabtenförderung. Dabei lernen die Schüler, sich auf Deutsch differenziert auszudrücken, was eine gute Basis für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht auf der Oberstufe schafft.
Leserbrief NZZ, 3.9. von Hanspeter Amstutz



Die Primarschule muss sich wieder auf einen entwicklungspsychologisch begründeten Bildungsauftrag besinnen. Das Zweisprachenkonzept mit dem Mini-Französisch ist gescheitert, weil es zur Verzettelung statt zur Konzentration beim Lernen führt. Die aus einem grossen Erwartungsdruck entstandene Priorisierung der Fremdsprachen gegenüber andern Fächern belastet die Primarschule erheblich. Was wurde nicht alles in die Lehreraus- und -weiterbildung investiert, nur um einem von Anfang an schiefen Fremdsprachenkonzept doch noch zum Durchbruch zu verhelfen! Die einseitigen Anstrengungen führten unweigerlich zu Abstrichen in andern wichtigen Fächern. Um diese Entwicklung zu korrigieren, muss sich die Primarschule wieder auf eine Fremdsprache beschränken. Der Sprachentscheid ist jetzt fällig und darf nicht durch ein utopisches Warten auf bessere Gelingensbedingungen hinausgeschoben werden.

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