3. September 2014

Austausch fördern

Frühfranzösisch scheint für viele, auch auf der östlichen Seite des Röstigrabens, das allein selig machende Mittel zu sein, um den nationalen Zusammenhang zu garantieren. Abgesehen davon, dass es keineswegs erwiesen ist, dass der didaktische Erfolg von frühem Fremdsprachenkontakt mit zwei oder drei Wochenstunden gegenüber dem späteren grösser ist, übersieht man tunlichst die Tatsache, dass sich dieser nach wie vor auf einem deplorablen Niveau befindet. Trotz vielen Jahren Unterricht, ob früh oder spät begonnen, sind vermutlich die wenigstens Sechzehnjährigen auf beiden Seiten der Saane imstande, sich in der jeweilig anderen Sprache einigermassen zu verständigen. Auch Maturanden sind da leider selten eine Ausnahme. Das Problem liegt in der fehlenden Motivation der Jugendlichen, die die Notwendigkeit und damit den Sinn nicht sehen. Sie mit obligatem Unterricht herzuzaubern, gelingt sicher bisweilen, meist aber nicht.
Leserbrief, NZZ, 3.9. von Ueli Haenni Ruiz




Wieso packt man das Problem nicht an der Wurzel? Dies könnte in Form von intensivem Schulaustausch über die Sprachgrenzen hinweg geschehen, wo Jugendliche während ein paar Monaten regulär im anderen Sprachraum zur Schule gehen oder Praktika absolvieren. Auf diese Weise würde das gegenseitige Kennenlernen ganz natürlich Motivation und kulturellen Austausch ermöglichen. Es würde allerdings die Bereitschaft voraussetzen, sich auch ennet der Saane zu beteiligen, was leider, wie praktische Erfahrungen zeigen, nicht immer ganz selbstverständlich ist. Die zweite Form zur Lösung des Problems wären echte immersive Schul- und Kindergartensituationen, wo die Hälfte der Zeit muttersprachliche Lehrkräfte ausschliesslich die Fremdsprache sprechen. Dass dies möglich ist, zeigen beispielsweise die Länder im Maghreb. Dies alles würde zweifellos Geld kosten. Aber kosten die Abertausenden von ineffizienten Französisch- bzw. Deutschstunden, die jede Woche in diesem Land unterrichtet werden, nicht auch sehr viel Geld?

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