Die kritischen Äusserungen von Lehrpersonen, die in der gestrigen
Ausgabe der BaZ kein gutes Haar an den Zuständen im Baselbieter Bildungswesen
liessen, hallen nach. Dabei geht es weniger um die inhaltlichen Aspekte wie den
Vorwurf der schleichenden Akademisierung oder Bürokratisierung im Schulbetrieb.
Vielmehr sorgt die Angst der Kritiker vor Sanktionen für Gesprächsstoff. Die
Lehrpersonen wollten ihren Namen in der BaZ nicht veröffentlichen, weil sie
befürchten, für ihren Auftritt in der Presse von der Schulleitung abgestraft zu
werden. Roger von Wartburg, Präsident des Baselbieter Lehrerverbandes (LVB),
überrascht die Zurückhaltung nicht: Es gebe an einigen Schulen die Tendenz,
dass die Lehrkräfte immer mehr zu Weisungsempfängern degradiert würden.
Roger von Wartburg will mit dem LVB gegen autoritäre Schulleitungen vorgehen, Bild: LVB
Angst der Lehrer vor Schulleitung, Basler Zeitung, 19.8. von Christian Keller
Diese
Entwicklung stimmt Paul Wenger, Präsident der landrätlichen Bildungs- und
Kulturkommission, nachdenklich. «Die Meinungsfreiheit gilt auch für Lehrer.
Sollten tatsächlich Repressionen angedroht worden sein, müsste die Schulleitung
infrage gestellt werden.» Der SVP-Politiker sagt, ihm seien mehrere Fälle
bekannt, in denen es Pädagogen vorzogen zu schweigen, um sich keine Probleme
einzuhandeln.FDP-Landrat Marco Born, ebenfalls Bildungskommission, bestätigt:
«Die wenigsten Lehrkräfte getrauen sich, ihre Meinung öffentlich kundzutun. Es
herrscht grosse Verunsicherung.»
Für
den grünliberalen Bildungspolitiker Hans Furer liegt der Hund in der
hierachischen Struktur begraben, die mit dem neuen Bildungsgesetz 2003
eingeführt wurde. «Die Schulleiter müssen umsetzen, was ihnen von oben
vorgeschrieben wird. Gleichzeitig ist ein Grossteil der Lehrerschaft gegen
Harmos. Das führt zu Konflikten, die mir Sorge bereiten.» Für Furer ist aber
klar: «Wie jeder Bürger muss auch der Lehrer das Recht haben, seine politische
Haltung zum Bildungssystem aussprechen zu können.»
Lehrerverband will handeln
Sind
die Schulleitungen von der Bildungsdirektion angewiesen worden, kritische
Stimmen zu unterbinden? Regierungsrat Urs Wüthrich bestreitet es. Das Gegenteil
sei der Fall: Die freie Meinungsäusserung werde nicht nur garantiert, sondern
von den Lehrpersonen auch rege genutzt. Das habe sich an den
Informationsveranstaltungen zu Harmos gezeigt, an denen über 1500 Lehrkräfte
teilgenommen hätten.
Der LVB hat das Thema
jedoch letzte Woche bei Wüthrich deponiert und fordert Massnahmen. Präsident
Roger von Wartburg kritisiert: «Einzelne Schulleitungen haben ein autoritäres
Führungssytem eingeführt, das nicht akzeptabel ist.» Mitbestimmungsverfahren,
wie sie im Bildungsgesetz vorgeschrieben sind, seien mancherorts zu
Alibiübungen verkommen.
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