19. August 2014

Starke Schule Baselland in Lauerstellung

Das Komitee "Starke Schule Baselland" hat Unterschriften für zwei Initiativen gesammelt. Trotzdem wartet man vor der Einreichung den Abgang des Bildungsdirektors Urs Wüthrich ab.




Die 21-jährige Saskia Olsson ist Geschäftsführerin von "Starke Schule Baselland", Bild: Nicole Pont

"Immer klarer die falsche Richtung", Basler Zeitung, 19.8. von Thomas Dähler


Seit der Lancierung Ihrer Volksinitiativen Anfang Jahr hat die Starke Schule Baselland geschwiegen. Ist Ihr Widerstand gegen die vielen geplanten Schulreformen gebrochen?
In den vergangenen Wochen war zu vernehmen, dass in vielen Kantonen gegen den Lehrplan 21 oder gegen Harmos allgemein opponiert wird. Je konkreter Harmos wird, desto deutlicher wird, dass die Entwicklung in die falsche Richtung läuft. In der Schweiz zu zügeln, wurde für Schülerinnen und Schüler nicht einfacher, im Gegenteil. Die Entwicklung gibt uns recht. Unsere Forderungen sind nicht weniger aktuell.
Für Ihre Initiative für einen Austritt aus dem Harmos-Konkordat haben Sie doch längst genügend Unterschriften. Weshalb reichen Sie die Initiative nicht ein?
Wir haben dies besprochen, im Vorstand und auch mit Politikern. Wir sind zum Schluss gekommen, dass im Sommer 2015, wenn Bildungsdirektor Urs Wüthrich seine Arbeit beendet, eine reelle Chance für einen Politikwechsel an der Spitze der Direktion besteht. Möglicherweise beurteilt ein Nachfolger, der nicht aus der SP kommt, unsere Anliegen anders. Es wäre deshalb gut, wenn über die Initiative erst nach dem Wechsel abgestimmt wird. Wir warten noch. Die Chancen der Initiative werden in der Tendenz besser, zumal der Widerstand auch in anderen Kantonen wächst.
Weshalb kritisieren Sie die SP, Ihr Komitee ist doch parteipolitisch unabhängig?
Wir wünschen uns jemanden an der Spitze der Bildungsdirektion, der näher bei der Schule ist und nachvollziehen kann, was dort passiert. Es geht uns nicht um die Parteicouleur.
Die Initiativkomitees tragen die Verantwortung für ihre Initiativen. Wer entscheidet, wie es weitergeht?
Wir sind im Gespräch. Der Vorstand entscheidet. Aber ich darf feststellen, dass man mir für das operative Geschäft das nötige Vertrauen entgegenbringt.
Inzwischen ist bekannt geworden, dass der Kanton Aargau die Einführung eines neuen Lehrplans auf 2020 verschiebt, Basel-Stadt hingegen hält an 2015 fest, so früh wie kein anderer Kanton. Wie stehen Sie dazu?
Wir sind ganz grundsätzlich gegen den Lehrplan 21. Dieser ist auch der Hauptgrund für unsere Initiative für einen Austritt aus dem Harmos-Konkordat. Der Lehrplan 21 hängt sehr stark von Harmos ab. Mit dem Lehrplan 21 drohen die Schulen weiter auseinanderzudriften, weil die Lerninhalte verloren gehen. Mit den reinen Kompetenzbeschreibungen trägt der Lehrplan 21 nichts zur wirklichen Harmonisierung der Schulen bei. Ganz im Gegenteil: Die Schulen werden weiter auseinanderfallen. Deshalb befürworte ich einen Rahmenlehrplan, der für jedes Fach in jedem Schuljahr den zu behandelnden Inhalt angibt. Der Entscheid im Kanton Aargau ist folgerichtig.
Der Lehrplan 21 liegt noch nicht in der definitiven Fassung vor. Verfolgt Ihr Komitee die Flickarbeiten am Lehrplan 21 durch die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz?
Ja, Sie sagen das treffend: Es sind Flickarbeiten. Den Lehrplan zu kürzen und mit einigen Inhalten zu ergänzen, genügt bei Weitem nicht. Man müsste die Arbeiten von Grund auf neu aufgleisen.
Sind Sie für eine Verschiebung im Kanton Baselland überhaupt zu haben, wenn Sie den Lehrplan ganz ablehnen?
Verschieben wäre auf jeden Fall mal sinnvoll, schon allein deshalb, weil der Lehrplan 21 nicht vorliegt. Auf 2015 ist das unmöglich, weil noch gar nichts beschlossen ist.
Inzwischen sind zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe im Baselbiet Realität. Doch einige Kantone wollen wieder davon abrücken. Welches ist Ihre Haltung zur zweiten Fremdsprache bereits in der 5. Klasse?
Mit unserer Initiative wollen wir weder das System 6/3 noch das Fremdsprachenkonzept antasten. Es ginge nicht, bereits Eingeführtes wieder rückgängig zu machen. Da wurde schon zu viel investiert. Zwei Fremdsprachen in der Schule finde ich richtig. Ob beide sinnvollerweise schon in der Primarschule beginnen sollen, da bin ich mir persönlich nicht ganz sicher. Es ist aber völlig unbefriedigend, dass es nun zwischen den ­Kantonen grosse Unterschiede beim Fremdsprachenunterricht geben wird. Das wäre wichtiger, als exakt das Schuljahr vorzuschreiben.
Betreibt die Starke Schule Baselland Lobbyarbeit in der Politik? Stehen Sie mit Mitgliedern des Bildungsrats, der voraussichtlich die Reformentscheide fällen wird, in Kontakt?
Mit mehreren Mitgliedern der landrätlichen Bildungskommission und mit dem Lehrerverband haben wir regelmässig Kontakt. Dabei sind auch unsere parlamentarischen Initiativen im Landrat entstanden – die eine gegen die Kompetenz des Bildungsrats, allein über den Lehrplan zu entscheiden, die andere gegen die Einführung der neuen Sammelfächer. Wir konzentrieren uns vor allem auf den Landrat und dessen Entscheide. Sehr viele ­Landräte sind ja bei uns im Initiativkomitee.
Eine Ihrer Initiativen betrifft auch die Lehrerausbildung. Was erwarten Sie bezüglich Aus- und Weiterbildung von der Pädagogischen Hochschule?
Diese Initiative verstehen wir eher als Lenkungsinitiative. Wir wollen eigentlich die Regierung verpflichten, dass sie den Leistungsauftrag in der heutigen Form nicht weiter unterstützt. Unser Ziel ist es, die Uni und die Pädagogische Hochschule zu einer gemeinsamen, kombinierten Ausbildung der Sekundarlehrkräfte zu bewegen. Die Pädagogische Hochschule leistet betreffend der methodisch-didaktischen und pädagogischen Ausbildung der Lehrpersonen eine ausgezeichnete Arbeit. Die Fachausbildung der Sekundarstufe 1 gehört hingegen an die Universität, die dafür spezialisiert ist. Wir wissen aber, dass unsere Initiative eine kantonale ist und die vier beteiligten Kantone nicht zu etwas zwingen kann.
Weshalb suchen Sie sich nicht Unterstützung beispielsweise im Aargau, wo vieles auch kritisch beurteilt wird?
Es wäre sicher gut, wenn alle Kantone bereit wären, die Ausbildung anders zu gestalten. Wir müssen uns aber wegen unserer Ressourcen auf Baselland konzentrieren.
Das neue Schuljahr hat begonnen. Wann reichen Sie nun Ihre Initiativen ein?
Einen Terminplan haben wir noch nicht. Wir wollen bei der Landeskanzlei abklären, wie lange es bis zu einer Abstimmung ginge, und wählen dann unsere Termine so, dass erst nach der Ära Wüthrich über die Initiativen abgestimmt wird.


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