28. August 2014

"Gehässiger Schlagabtausch"

Michael Schoenenberger fordert mehr Verständnis der Mehrheit (Deutschschweiz) gegenüber der Minderheit (lateinische Schweiz). Aus seiner Sicht sei einzelnen Deutschschweizer Kantonen das Verständnis für die Sensibilitäten anderer Landesteile abhanden gekommen. Doch was kann die Westschweiz gegen einen besseren Französischunterricht haben? (uk)
Eine Lanze für die Landessprache, NZZ, 28.8. von Michael Schoenenberger


Am Mittwoch hat sich erstmals eine Kantonsregierung, jene Nidwaldens, gegen den Französischunterricht auf der Primarschulstufe ausgesprochen. Im Thurgau hat das Parlament einen ebensolchen Vorstoss überwiesen, weitere Kantone werden möglicherweise folgen. Aus einem Konsens über die Harmonisierung des Sprachunterrichts in der Schweiz von 2004 (Modell 3/5) ist nun tatsächlich ein Streit geworden. Das ist Anlass genug, verschiedene Meinungen auf dieser Doppelseite wiederzugeben. Zu Wort kommen zwei Deutschschweizer Politiker und zwei Romands mit je unterschiedlichen Ansichten. Die Sicht der Praktiker erläutert der Präsident des Lehrerverbands.
Dass aus dem Ringen um den Fremdsprachenunterricht ein gehässiger Schlagabtausch geworden ist, ist schade und wirft ein schlechtes Licht auf die «Willensnation Schweiz». Einzelnen Deutschschweizer Kantonen ist das Verständnis für die Sensibilitäten anderer Landesteile abhandengekommen. In der Bundesverfassung steht, dass sich die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen messe. Man könnte das leicht erweitern: Die Stärke misst sich auch am Verständnis der Mehrheit für die zahlreichen Minderheiten, und zu den wichtigsten Minderheiten gehören die Romands. Die Deutschschweizer Volksschule muss deshalb dem Französischen einen prioritären Rang einräumen. In der Verfassung steht überdies, dass der Bund einzugreifen hat, sollten sich die Kantone «über die Ziele der Bildungsstufen» nicht einig werden. Ein Flickenteppich beim Fremdsprachenunterricht würde einen solchen Eingriff rechtfertigen. Besser allerdings als ein «Befehl von oben» wäre es, wenn in den Kantonen statt utilitaristischen Bildungsdenkens ein wenig mehr Staatsräson Einzug halten würde.


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