Eine Lanze für die Landessprache, NZZ, 28.8. von Michael Schoenenberger
Am Mittwoch hat sich erstmals eine
Kantonsregierung, jene Nidwaldens, gegen den Französischunterricht auf der
Primarschulstufe ausgesprochen. Im Thurgau hat das Parlament einen ebensolchen
Vorstoss überwiesen, weitere Kantone werden möglicherweise folgen. Aus einem
Konsens über die Harmonisierung des Sprachunterrichts in der Schweiz von 2004
(Modell 3/5) ist nun tatsächlich ein Streit geworden. Das ist Anlass genug,
verschiedene Meinungen auf dieser Doppelseite wiederzugeben. Zu Wort kommen
zwei Deutschschweizer Politiker und zwei Romands mit je unterschiedlichen
Ansichten. Die Sicht der Praktiker erläutert der Präsident des Lehrerverbands.
Dass aus dem Ringen um den
Fremdsprachenunterricht ein gehässiger Schlagabtausch geworden ist, ist schade
und wirft ein schlechtes Licht auf die «Willensnation Schweiz». Einzelnen
Deutschschweizer Kantonen ist das Verständnis für die Sensibilitäten anderer
Landesteile abhandengekommen. In der Bundesverfassung steht, dass sich die
Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen messe. Man könnte das leicht erweitern:
Die Stärke misst sich auch am Verständnis der Mehrheit für die zahlreichen
Minderheiten, und zu den wichtigsten Minderheiten gehören die Romands. Die
Deutschschweizer Volksschule muss deshalb dem Französischen einen prioritären
Rang einräumen. In der Verfassung steht überdies, dass der Bund einzugreifen
hat, sollten sich die Kantone «über die Ziele der Bildungsstufen» nicht einig
werden. Ein Flickenteppich beim Fremdsprachenunterricht würde einen solchen
Eingriff rechtfertigen. Besser allerdings als ein «Befehl von oben» wäre es,
wenn in den Kantonen statt utilitaristischen Bildungsdenkens ein wenig mehr
Staatsräson Einzug halten würde.
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