Alain Pichard, Erstunterzeichner der
Aktion «550 gegen 550» hielt gestern in Bern bei der Pressekonferenz zum
Lehrplan 21 eine kleine Anekdote bereit: «Ein Schulleiter hat sich die Mühe
gemacht, in den drei kurzen Monaten der Vernehmlassung zum Lehrplan 21 die
Kritik seiner Kollegen zu sammeln. Er bekam einen Code, um die Voten den
Lehrplanverantwortlichen zuzusenden. Die Antwort folgte auf dem Fuss: Er wurde
gerüffelt, weil er das Schreiben nicht über die Kantone laufen gelassen hatte.
So viel zur gnadenlos praktizierten Bürokratie rund um den Lehrplan 21.»
Stopp der Geheimhaltung, Basler Zeitung, 3.4. von Franziska Laur
Diese Bürokratie habe auch im Schulalltag
Einzug gehalten, sagte Andreas Aebi, Lehrer in Langnau. Daher ist den tausend
Lehrern, die bei der Aktion «550 gegen 550» unterschrieben, bewusst, dass man
den Lehrplan 21 so nicht hinnehmen darf. Dieser schramme an der Praxis vorbei,
argumentieren sie. «Er ist ein monumentales Regelwerk, das den Lehrpersonen
keinen Freiraum lässt», sagte Pichard. Ausserdem strotze es vor Widersprüchen.
Abschied vom Ziel der Bildung
Daniel Goepfert, Basler SP-Grossrat und
Gymnasiallehrer, ist in der Kerngruppe «550 gegen 550». Er verlangt von den
Erziehungsdirektoren Kostentransparenz. Man müsse endlich offenlegen, wie viel
die Einführung des Lehrplans koste; die Lehrmittel wie die Weiterbildung der
Lehrpersonen. Und in Bezug auf den Lehrplan sei es wichtig, Inhalte
festzulegen. «Es braucht auch Fakten, sonst droht ein Fach wie Geschichte
unterzugehen», sagte er.
Elfy Roca, Primarlehrerin und
Unterstufenlehrerin, betonte, der Lehrplan 21 habe ein gewaltiges
Legitimationsproblem: «Tatsache ist, dass sich der Lehrplan 21 endgültig vom
Ziel einer umfassenden Bildung der Kinder und Jugendlichen verabschiedet»,
sagte sie. Es werde nicht mehr beschrieben, welche Inhalte vermittelt und
welche Ziele erreicht werden sollten, sondern es stehe im Lehrplan, was ein
Kind können müsse. Mit dieser ausschliesslichen Orientierung an den Kompetenzen
finde ein Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik statt. «Eine solch
grundlegende Reform darf nicht ohne politische Diskussion und am Volk vorbei
eingeführt werden», sagte Roca. Es brauche zwingend mehr Transparenz, mehr
Offenlegung der wahren Ziele und der ideologischen Hintergründe.
Die Unterschriftensammlung werde man nun
beenden, sagte Alain Pichard. Doch man habe mehrere Forderungen: Beispielsweise
einen sofortigen Stopp der Geheimhaltung zugunsten eines Dialogs. Ausserdem
eine effizientere Organisationsform mit klaren Verantwortlichen und den
Einbezug von Kritikern in den Reformprozess.
Man werde nun scharf beobachten, ob der
Bearbeitungsprozess beim Lehrplan 21 offen und transparent laufe. Sonst werde
man eingreifen. «Wir haben ein beachtliches Know-how, wie man solche Kampagnen
führen muss», sagte Pichard.
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