Alle sprechen vom Lehrplan 21, doch niemand weiss, wie teuer er wird.
1000-mal gegen Lehrplan 21, Tages Anzeiger, 3.4. von Anja Burri
Zum Entwurf des Lehrplans 21 sind über 1000 Stellungnahmen
eingegangen. Auch der nationale und die kantonalen Lehrerverbände äusserten
sich zum 550-seitigen Werk, das für alle Deutschschweizer Schüler die gleichen
Lernziele festlegen soll. Die Kritik, der Lehrplan sei zu umfangreich und
teilweise zu kompliziert, geht einer Gruppe von über 1000 Lehrern zu wenig
weit. In einem Memorandum bezeichnen sie den Lehrplan als praxisfernes,
missionarisches «Monster». Dieses schränke die Lehrer ein, koste viel und
schaffe keinen pädagogischen Mehrwert.
Nun will sich die Gruppe in die Überarbeitung des Lehrplans einbringen.
«Wir bieten einen Dialog an», sagte der Mitinitiant und Bieler Lehrer Alain
Pichard gestern vor den Medien in Bern. Bisher sei der Lehrplan viel zu wenig
von der Praxis her gedacht worden. Neben dem Einbezug der Kritiker fordert die
Lehrergruppe auch mehr Zeit für die Umsetzung und mehr Transparenz. «Wir wollen
wissen, was die Umsetzung des Lehrplans genau kostet», sagte der Lehrer Daniel
Goepfert, der in Basel-Stadt als SP-Vertreter im Kantonsparlament sitzt. Zudem
müssten die Lehrplanmacher endlich transparenter informieren. Weil der Lehrplan
so lange unter Verschluss gehalten worden sei, habe nie eine vernünftige
Diskussion stattfinden können. Das sei einer Demokratie unwürdig.
Notfalls über die Politik
Dass die öffentliche Konsultation zum Lehrplan bereits
abgeschlossen ist, beeindruckt die Lehrergruppe nicht. Sie ist entschlossen,
sich Gehör zu verschaffen – notfalls über die kantonalen Parlamente, in denen
viele Lehrer sässen. In verschiedenen Kantonsparlamenten sind bereits Vorstösse
hängig, die unter anderem Kostentransparenz oder eine Mitsprache der Parlamente
fordern.
«Man darf uns nicht unterschätzen», sagte Pichard. Das
Selbstvertrauen speist sich aus der Vergangenheit: Vor zehn Jahren brachte eine
Lehrergruppe um Pichard eine Bildungsreform im Kanton Bern zu Fall. Nach einer
Petition und Protesten musste der damalige Berner Erziehungsdirektor ein
aufwendiges Bewertungssystem zur Beurteilung der Schüler zurücknehmen. Die
Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) liess gestern offen, ob
sie Kritiker in die Überarbeitung des Lehrplans 21 miteinbeziehen wird.
Vergangene Woche hat die D-EDK über das weitere Vorgehen entschieden.
Informiert wird am 11. April.
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