Trotz steigenden Kosten kein Gewinn für die Schüler, Grafik: Basler Zeitung
Weniger Schüler - teurere Schulen, Basler Zeitung, 19.2. von Nadine A. Brügger
Jährlich werden Millionen in die Bildung unserer Kinder
investiert. Landet das Geld auch tatsächlich bei den Schülerinnen und Schülern?
Genau das, befürchten Politiker verschiedener Parteien, sei im Basler
Erziehungsdepartement (ED) aktuell nicht der Fall. Denn während die Zahl der
Volksschüler seit 2002 gesunken ist, schnellten die Kosten pro Kopf
überproportional in die Höhe. Obwohl Ende 2012 im Grossen Rat eine
Budgetkürzung auf Antrag von David Wüest-Rudin (GLP) beschlossen worden ist.
Um Klarheit darüber zu erhalten, wohin die Ausgaben des ED
fliessen, forderte SP-Grossrat Daniel Goepfert vom Regierungsrat in einer
schriftlichen Anfrage Zahlen und Fakten. Wie die Stellenzahl sich in der
zentralen Verwaltung entwickelte, wie vor Ort an den Schulstandorten und wie
bei jenen Diensten, die nicht an einen Schulstandort gebunden sind, wollte der
Grossrat wissen. Ihn interessierte zudem, wie sich die Stellenprozente der
Lehrkräfte an den Schulstandorten verändert haben und wie sich die Anzahl der
Schüler entwickelte.
Reform darf nicht vergessen werden
«Die Aufbereitung der gewünschten Zahlen und die Erstellung von
vergleichenden Grafiken», so die widerwillige Antwort des Regierungsrates,
«sprengt vom Umfang her den Rahmen einer Schriftlichen Anfrage». Dennoch
stellte der Regierungsrat einige der gewünschten Daten zusammen. Sie zeigen die
Zeitspanne von 2004 bis 2012, dabei wird deutlich: Die Stellenzahl der
Zentralen Verwaltung hat «explosionsartig» zugenommen, wie Goepfert betont.
Während Ende 2004 noch 152 Vollzeitstellen angegeben wurden, sind sie 2012 auf
206 angestiegen. Mehr Schüler sind in Basel aber nicht zu verzeichnen. Im
Gegenteil, 2002 unterrichtete die Volksschule 16'442 Lernende, 2012 waren es
nur noch 14'979. Gestiegen sind nur die Nettokosten pro Volksschulkind. 2002
lagen diese bei 17'532 Franken, 2012 bei 23'447 Franken.
Was dabei beachtet werden muss, sind zusätzliche Leistungen und
Projekte wie Harmos oder der vom Volk geforderte Ausbau von Tagesstrukturen,
die zusätzliche Stellen erfordern und damit Kosten verursachen. Temporäre
Stellen wie jene für Harmos sollen, so der zuständige Regierungsrat Christoph
Eymann, auf Ende der Reform wieder abgebaut werden. Die Zunahme der Stellen in
der zentralen Verwaltung könne teilweise damit erklärt werden, dass «alle
lokalen Schulleitungen der Volksschulleitung als Verwaltungsstellen ausgewiesen
wurden», so Eymann. Dementsprechend sollte bei den Lehrpersonen eine
Personalabnahme zu erkennen sein, was aber nicht der Fall ist.
Zusätzliche Fachkräfte
Auch hier ist eine Zunahme zu verzeichnen. Sie geht vor allem
auf zusätzliche Fachkräfte im Bereich Sonderpädagogik wie Heilpädagogik und
Logopädie zurück, die früher nur bei Bedarf angefordert wurden. Statt zentral
sind sie nun lokal in den Schulen organisiert. Eymann betont: «Sämtliche
Reformen und sämtliche Mittel zur Umsetzung der Reformen sind vom Grossen Rat
bewilligt worden.» Rechtfertigt sie das?
Wüest-Rudin erklärt sich die wachsenden Kosten damit, dass viele
temporär geschaffene Stellen stillschweigend in Dauerstellen umgewandelt
wurden. Das geschehe nicht nur im ED, sondern auch in der Privatwirtschaft. «Zu
kritisieren ist nicht grundsätzlich die Schaffung dieser Stellen, sondern dass
man sich dem kritischen Diskurs darum nicht konsequent stellt», sagt er.
Dadurch wachse der Verwaltungsapparat unverhältnismässig an und werde zu einem
ineffizienten «Wasserkopf», stellt Goepfert fest. Ein Wasserkopf, der nicht nur
den Steuerzahlern auf der Tasche liegt, sondern aufgrund unterschiedlicher
Anweisungen und Einmischungen vor allem den Lehrern eine Last ist. «Alles soll
integriert werden.» Doch: «Wie weit darf man das treiben? Aktuell scheinbar ad
absurdum», so Goepfert.
Widersprüchliche Anweisungen
Das Problem einer aufgeblasenen Verwaltung seien nicht nur
übermässige Bürokratie und Kosten, so Goepfert, «sondern die sich
widersprechenden Anweisungen, die von verschiedenen Seiten auf die Schulen
niederprasseln». Das alles nehme man in Kauf, wenn dadurch eine Optimierung
erzielt werden könne. Doch ist die Teilautonomisierung der Schulen für
Mitarbeiter und Schüler tatsächlich ein Gewinn? Gymnasiallehrer Goepfert
verneint: «Diese Entscheidungen wurden gegen ihren Willen sowohl den
Fachstellen als auch der Lehrerschaft aufgedrückt.»
Der Forderung nach neuen Stellen an der Front sei Eymann
nachgekommen, nickt Goepfert, «gleichzeitig aber sind ihre Äquivalente in der
Verwaltung nicht abgeschafft worden». Man müsse erst das Vorgehen nach unten
hin erklären, laute die Begründung. Doch: «Irgendwann ist fertig erklärt.» Der
Grossratsforderung von 2012, Kosten zu senken, versucht Eymann mit dem Abbau
von vier Stellen nachzukommen. Ausserdem wurde die Fachstelle
Qualitätsmanagement gestrichen. Ob das reicht, entscheidet die Finanzkommission.
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