19. Februar 2014

Weniger Schüler - mehr Verwaltung

Endlich stellt mal jemand die richtige Frage: Der Basler Grossrat Daniel Goepfert (SP) wollte von der Regierung wissen, wie sich die Stellenzahl in der Bildungsverwaltung und die Kosten pro Schulkind in den letzten Jahren entwickelten. Während die Zahl der Schüler sank, stieg die Anzahl der Vollzeitstellen in der Verwaltung massiv an. Bei gleichbleibenden Lehrerlöhnen stiegen die Nettokosten pro Volksschulkind zwischen 2002 und 2012 von 17'532 auf 23'447 Franken.













Trotz steigenden Kosten kein Gewinn für die Schüler, Grafik: Basler Zeitung
Weniger Schüler - teurere Schulen, Basler Zeitung, 19.2. von Nadine A. Brügger


Jährlich werden Millionen in die Bildung unserer Kinder investiert. Landet das Geld auch tatsächlich bei den Schülerinnen und Schülern? Genau das, befürchten Politiker verschiedener Parteien, sei im Basler Erziehungsdepartement (ED) aktuell nicht der Fall. Denn während die Zahl der Volksschüler seit 2002 gesunken ist, schnellten die Kosten pro Kopf überproportional in die Höhe. Obwohl Ende 2012 im Grossen Rat eine Budgetkürzung auf Antrag von David Wüest-Rudin (GLP) beschlossen worden ist.
Um Klarheit darüber zu erhalten, wohin die Ausgaben des ED fliessen, forderte SP-Grossrat Daniel Goepfert vom Regierungsrat in einer schriftlichen Anfrage Zahlen und Fakten. Wie die Stellenzahl sich in der zentralen Verwaltung entwickelte, wie vor Ort an den Schulstandorten und wie bei jenen Diensten, die nicht an einen Schulstandort gebunden sind, wollte der Grossrat wissen. Ihn interessierte zudem, wie sich die Stellenprozente der Lehrkräfte an den Schulstandorten verändert haben und wie sich die Anzahl der Schüler entwickelte.
Reform darf nicht vergessen werden
«Die Aufbereitung der gewünschten Zahlen und die Erstellung von vergleichenden Grafiken», so die widerwillige Antwort des Regierungsrates, «sprengt vom Umfang her den Rahmen einer Schriftlichen Anfrage». Dennoch stellte der Regierungsrat einige der gewünschten Daten zusammen. Sie zeigen die Zeitspanne von 2004 bis 2012, dabei wird deutlich: Die Stellenzahl der Zentralen Verwaltung hat «explosionsartig» zugenommen, wie Goepfert betont. Während Ende 2004 noch 152 Vollzeitstellen angegeben wurden, sind sie 2012 auf 206 angestiegen. Mehr Schüler sind in Basel aber nicht zu verzeichnen. Im Gegenteil, 2002 unterrichtete die Volksschule 16'442 Lernende, 2012 waren es nur noch 14'979. Gestiegen sind nur die Nettokosten pro Volksschulkind. 2002 lagen diese bei 17'532 Franken, 2012 bei 23'447 Franken.
Was dabei beachtet werden muss, sind zusätzliche Leistungen und Projekte wie Harmos oder der vom Volk geforderte Ausbau von Tagesstrukturen, die zusätzliche Stellen erfordern und damit Kosten verursachen. Temporäre Stellen wie jene für Harmos sollen, so der zuständige Regierungsrat Christoph Eymann, auf Ende der Reform wieder abgebaut werden. Die Zunahme der Stellen in der zentralen Verwaltung könne teilweise damit erklärt werden, dass «alle lokalen Schulleitungen der Volksschulleitung als Verwaltungsstellen ausgewiesen wurden», so Eymann. Dementsprechend sollte bei den Lehrpersonen eine Personalabnahme zu erkennen sein, was aber nicht der Fall ist.
Zusätzliche Fachkräfte
Auch hier ist eine Zunahme zu verzeichnen. Sie geht vor allem auf zusätzliche Fachkräfte im Bereich Sonderpä­dagogik wie Heilpädagogik und Logopädie zurück, die früher nur bei Bedarf angefordert wurden. Statt zentral sind sie nun lokal in den Schulen organisiert. Eymann betont: «Sämtliche Reformen und sämtliche Mittel zur Umsetzung der Reformen sind vom Grossen Rat bewilligt worden.» Rechtfertigt sie das?
Wüest-Rudin erklärt sich die wachsenden Kosten damit, dass viele temporär geschaffene Stellen stillschweigend in Dauerstellen umgewandelt wurden. Das geschehe nicht nur im ED, sondern auch in der Privatwirtschaft. «Zu kritisieren ist nicht grundsätzlich die Schaffung dieser Stellen, sondern dass man sich dem kritischen Diskurs darum nicht konsequent stellt», sagt er. Dadurch wachse der Verwaltungsapparat unverhältnismässig an und werde zu einem ineffizienten «Wasserkopf», stellt Goepfert fest. Ein Wasserkopf, der nicht nur den Steuerzahlern auf der Tasche liegt, sondern aufgrund unterschiedlicher Anweisungen und Einmischungen vor allem den Lehrern eine Last ist. «Alles soll integriert werden.» Doch: «Wie weit darf man das treiben? Aktuell scheinbar ad absurdum», so Goepfert.
Widersprüchliche Anweisungen
Das Problem einer aufgeblasenen Verwaltung seien nicht nur übermässige Bürokratie und Kosten, so Goepfert, «sondern die sich widersprechenden Anweisungen, die von verschiedenen Seiten auf die Schulen niederprasseln». Das alles nehme man in Kauf, wenn dadurch eine Optimierung erzielt werden könne. Doch ist die Teilautonomisierung der Schulen für Mitarbeiter und Schüler tatsächlich ein Gewinn? Gymnasiallehrer Goepfert verneint: «Diese Entscheidungen wurden gegen ihren Willen sowohl den Fachstellen als auch der Lehrerschaft aufgedrückt.»
Der Forderung nach neuen Stellen an der Front sei Eymann nachgekommen, nickt Goepfert, «gleichzeitig aber sind ihre Äquivalente in der Verwaltung nicht abgeschafft worden». Man müsse erst das Vorgehen nach unten hin erklären, laute die Begründung. Doch: «Irgendwann ist fertig erklärt.» Der Grossratsforderung von 2012, Kosten zu senken, versucht Eymann mit dem Abbau von vier Stellen nachzukommen. Ausserdem wurde die Fachstelle Qualitätsmanagement gestrichen. Ob das reicht, entscheidet die Finanzkommission.


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