11. März 2021

Tessin such Deutschlehrer im Ausland

Der Tessiner Bildungsdirektor Manuele Bertoli macht sich Sorgen. Denn im Südkanton herrscht schon länger ein akuter Mangel an Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern. Für das nächste Schuljahr etwa fehlen rund 15 solcher Lehrpersonen. Zudem stehen zahlreiche Pensionierungen an. Das dürfte das Problem weiter verschärfen.

Dem Tessin gehen die Lehrpersonen für Deutsch aus, SRF, 9.3. von Karoline Thürkauf

Deutschlehrermangel im Tessin, SRF, 9.3.


Lehrermangel beeinträchtigt Unterrichtsqualität

Diese Entwicklung sei «besorgniserregend», so Bertoli. «Wenn es keine grosse Auswahl an Bewerbern gibt, führt das zu einem Qualitätsverlust bei den Dozierenden».

Um die Lücke zu füllen, werden neu Quereinsteigerkurse für Tessiner Primarlehrerinnen angeboten. Nach dem Besuch eines solchen Kurses sollen diese in der Lage sein, Deutsch-Pensen auf Sekundarstufe zu unterrichten. Das Problem: Das Fach Deutsch ist im Tessin nicht sonderlich beliebt. Solche Kurse allein dürften deshalb nicht ausreichen.

Damit der Lehrermangel dennoch behoben werden kann, sucht der Kanton laut Bertoli neu Lehrpersonen im Ausland, etwa in Österreich, Deutschland, oder dem Südtirol.

Dass eine solche Massnahme ausgerechnet im Tessin beschlossen wird, überrascht. Der Kanton machte 2017 mit der Initiative «Prima i nostri!» von sich reden, die einheimische Arbeitskräfte vor dem Konkurrenzdruck aus dem Ausland schützen wollte.

Doch eine andere Möglichkeit gäbe es nicht, begründet der Erziehungsdirektor den Schritt: «Unsere tieferen Tessiner Löhne sind für Deutschschweizer Lehrer nicht interessant.»

Das Tessin ist schlecht vernetzt

Zu den tiefen Löhnen kommt eine andere Schwierigkeit. Das Tessin ist nicht optimal vernetzt, was Lehrpersonen angeht. Bis vor Kurzem war der Kanton beispielsweise nicht im Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz präsent.

Allerdings bleibt es fraglich, ob sich durch eine intensivere Zusammenarbeit mit der Deutschschweiz wirklich zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer für den Südkanton rekrutieren lassen können. Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des ‎Dachverbands, ist skeptisch. «Da sind die Arbeitgeber gefordert.»

Der Kanton Tessin könne zwar auf die Deutschschweiz zugehen. «Aber in der Deutschschweiz fehlen selbst Lehrpersonen und ich denke nicht, dass das Reservoir gross ist.»

Bei höheren Löhnen gibt es kaum Lehrermangel

Seien die Löhne für Lehrpersonen hoch, gäbe es kaum einen Lehrermangel, gibt Peterhans zu bedenken. Das zeige das Beispiel des Kantons Zug mit seinen verhältnismässig hohen Löhnen. Doch dass der Kanton Tessin seine Lehrerlöhne erhöht, ist nicht realistisch.

 

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