Conradin Cramer steht zwischen den neuen Primarschülerinnen und -schülern. Es ist ein besonderes Jahr für den Erziehungsdirektor, der seit 2017 jeweils im August die neuen Schulkinder begrüsst. In drei von vier Jahren trug er zu diesem Anlass seine typische rote Krawatte. Dieses Jahr komplettierte eine weisse Stoffmaske mit schwarzen kleinen Baslerstäben das Outfit.
Conradin Cramers Erfolg: Weniger Schüler am Gymnasium, BZ Basel, 7.10. von Silvana Schreier
Cramers Vorgänger im Erziehungsdepartement ist sein
Parteikollege und heutiger Nationalrat Christoph Eymann. Dieser krempelte in
seinen 16 Jahren als Regierungsrat das Basler Schulsystem um: weg von
Orientierungs- und Weiterbildungsschule, hin zu Harmos. Die Reform machte den
LDP-Politiker beliebt bei den Lehrpersonen.
Auf der Spur seines Vorgängers
Gleichzeitig trieb er die Einführung der integrativen
Schule sowie die Schulraumerweiterung im Stadtkanton voran. Besonders von
Letzterem profitiert auch Cramer, der das umgebaute Gymnasium Bäumlihof sowie
das Schoren-Schulhaus eröffnen durfte – dankbare Medienauftritte.
Die kritischen Basler Wählerinnen und Wähler
könnten also behaupten, Cramer habe sich in ein gemachtes Nest setzen können.
Und sie lägen damit nicht falsch. Der 41-Jährige beschäftigte sich in den
vergangenen vier Jahren seiner ersten Legislatur vorwiegend mit der
Feinjustierung. Den Kurs seines Vorgängers behielt Cramer mehrheitlich bei.
Kein Wunder lautet der Wahlslogan «Erfahrung, Verlässlichkeit und Stabilität»:
Cramer und seine drei bürgerlichen Mitstreiter – Baschi Dürr, Lukas Engelberger
und Stephanie Eymann – verweisen bei jeder Gelegenheit darauf.
Niedrige Gym-Quote als grosses Ziel
Als Erziehungsdirektor zeigt sich Cramer gerne
volksnah: Zwar immer mit Krawatte, Hemd und Jackett gekleidet, aber er ist sich
nicht zu schade, im Kostüm an der Schulfasnacht teilzunehmen. Während er sich
auf dieser Stufe vor allem für die Erweiterung der Tagesstruktur starkmachte,
gehörte die im schweizweiten Vergleich hohe Gymnasialquote zu den angestrebten
Veränderungen. Von anfangs 48 Prozent konnte er das Verhältnis auf 34,5 Prozent
in diesem Jahr senken. «Eine zu hohe Gymnasialquote dient niemandem», sagte
Cramer zu dieser Zeitung. Gleichzeitig schnitt der Kanton in nationalen
Schulvergleichen stets auf dem letzten Platz ab.
Um den Maturaabschluss nicht weiter zu entwerten
und die berufliche Ausbildung zu fördern, führte er das so genannte Notenband
als ein. Seit Sommer 2018 sind die Klassendurchschnittsnoten an Sekundarschulen
zwischen 4 und 5 zu halten. Das sei eine intensive Phase gewesen, sagt Cramer
heute. Etliche Basler Lehrpersonen kritisierten seinen Entscheid. Cramer räumte
damals gegenüber der bz ein, er suche normalerweise den Dialog: «Bei diesem
Anstieg aber war der Zeitdruck gross.» Er habe gewusst, dass er einen
«unpopulären Entscheid» getroffen hatte.
Bereits 2019 konnte Cramer dann mitteilen:
«Aufgrund der aktuellen Zahlen dürfen wir davon ausgehen, dass mehr junge Leute
dort zur Schule gehen, wo sie ihren Leistungen entsprechend bestmöglich
gefördert werden können.»
«Es war prägend für alle, die dabei waren»
Aus seinen ersten vier Jahren als Regierungsrat
sticht für Cramer der März 2020 heraus: «Die Schulschliessung aufgrund der
Coronapandemie war eindeutig der schwierigste Moment für mich.» Bis zuletzt
habe er dies nicht kommen sehen. Cramer: «Es war prägend für alle, die dabei
waren. Die Gewissheit, dass die Schule immer stattfindet, wurde erschüttert.»
Der Wahlkampf, den Conradin Cramer vor vier Jahren
führte, sei «radikal anders» als der jetzige: «Eigentlich würde ich möglichst
viele Leute treffen wollen, ihnen die Hand schütteln, ihnen auf die Schulter
klopfen. Das fällt dieses Jahr komplett weg. Der Wahlkampf verlagert sich ins
Virtuelle.» Gleichzeitig habe er als Bisheriger eine andere Ausgangslage. Mit
seinem Leistungsausweis der vergangenen vier Jahre sei er zufrieden. Bewusst
habe er bei seiner Wahl keine grossen Versprechen gemacht, die er nicht habe
einhalten können. Er fügt an: «Wir werden sehen, ob die Wählerinnen und Wähler
es auch so sehen.»
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