8. September 2020

Mehr Entlastung für sonderpädagogische Aufgaben

In den Zürcher Schulen akzentuiert sich ein Problem, das immer wieder auftaucht: Die Zahl der Kinder, die verhaltensauffällig sind oder aus anderen Gründen Hilfe benötigen, steigt an. Die Förderprogramme sind ausgebucht, und den Sonderschul angeboten gehen die Plätze aus.

Klassenlehrer sind Erzieher, nicht Dozenten, Tages Anzeiger, 8.9. von Daniel Schneebeli

Ist die 2006 gesetzlich verordnete Integration gescheitert? Braucht es eine Rückkehr zu den Kleinklassen? Auf keinen Fall: Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wohin diese Separierung führte. 

Ende der Siebzigerjahre baute der Kanton das Kleinklassenangebot stark aus, weil die Klagen über «schwierige Schüler» schon damals immer lauter wurden. Am Anfang waren 3,6 Prozent der Zürcher Unterstufenkinder in einer Kleinklasse, 20 Jahre später waren es bereits 8,4 Prozent.

Mit dem Angebot wächst in der Sonderpädagogik automatisch die Nachfrage, meist zum Nachteil der betroffenen Kinder. Denn sie müssen auch noch mit dem Stigma des «Sonderfalls» fertig werden. Das Etikett des «Kleinklassenschülers» konnten viele bis heute nicht ablegen.

Darum ist der integrative Ansatz in der Volksschule richtig. Richtig ist auch, wenn die Klassenlehrpersonen im Umgang mit ihren «schwierigen Fällen» mehr Kompetenzen erwerben. Sie sind schliesslich nicht nur die Dozenten ihrer Schüler, sondern zählen auch zu ihren wichtigsten Bezugspersonen.

Wenn die Lehrerinnen und Lehrer mehr sonderpädagogische Aufgaben übernehmen sollen, müssen sie aber bedeutend entlastet werden. Sonst leidet die Qualität des Unterrichts. Zudem braucht es mehr Flexibilität im Schulsystem. Denn nicht jede Lehrerin ist gleich begabt, und nicht jede Klasse ist gleich schwierig zu unterrichten.

Wir fordern viel von der Volksschule: Neben der Integration von Migrantinnen und «Schwererzieh baren» sollen es auch individualisierte Lernprogramme sein. Nur wenn wir die Kosten dafür tragen, werden wir von den Schulen bekommen, was wir wollen.

 

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