In den Zürcher Schulen akzentuiert sich ein Problem, das immer wieder auftaucht: Die Zahl der Kinder, die verhaltensauffällig sind oder aus anderen Gründen Hilfe benötigen, steigt an. Die Förderprogramme sind ausgebucht, und den Sonderschul angeboten gehen die Plätze aus.
Klassenlehrer sind Erzieher, nicht Dozenten, Tages Anzeiger, 8.9. von Daniel Schneebeli
Ist
die 2006 gesetzlich verordnete Integration gescheitert? Braucht es eine
Rückkehr zu den Kleinklassen? Auf keinen Fall: Ein Blick in die Vergangenheit
zeigt, wohin diese Separierung führte.
Ende
der Siebzigerjahre baute der Kanton das Kleinklassenangebot stark aus, weil die
Klagen über «schwierige Schüler» schon damals immer lauter wurden. Am Anfang
waren 3,6 Prozent der Zürcher Unterstufenkinder in einer Kleinklasse, 20 Jahre
später waren es bereits 8,4 Prozent.
Mit
dem Angebot wächst in der Sonderpädagogik automatisch die Nachfrage, meist zum
Nachteil der betroffenen Kinder. Denn sie müssen auch noch mit dem Stigma des
«Sonderfalls» fertig werden. Das Etikett des «Kleinklassenschülers» konnten
viele bis heute nicht ablegen.
Darum
ist der integrative Ansatz in der Volksschule richtig. Richtig ist auch, wenn
die Klassenlehrpersonen im Umgang mit ihren «schwierigen Fällen» mehr
Kompetenzen erwerben. Sie sind schliesslich nicht nur die Dozenten ihrer
Schüler, sondern zählen auch zu ihren wichtigsten Bezugspersonen.
Wenn
die Lehrerinnen und Lehrer mehr sonderpädagogische Aufgaben übernehmen sollen,
müssen sie aber bedeutend entlastet werden. Sonst leidet die Qualität des
Unterrichts. Zudem braucht es mehr Flexibilität im Schulsystem. Denn nicht jede
Lehrerin ist gleich begabt, und nicht jede Klasse ist gleich schwierig zu
unterrichten.
Wir
fordern viel von der Volksschule: Neben der Integration von Migrantinnen und
«Schwererzieh baren» sollen es auch individualisierte Lernprogramme sein. Nur
wenn wir die Kosten dafür tragen, werden wir von den Schulen bekommen, was wir
wollen.
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