Die Starke Schule
lanciert morgen Donnerstag zwei neue Bildungsinitiativen: „Mille feuilles,
Clin d’oeil und New World durch gute Schulbücher ersetzen“ und „Die
gigantische Anzahl von 3‘500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein
vernünftiges Mass reduzieren“.
Der Trick mit der angeblichen Lehrmittelfreiheit, die keine ist, Medienmitteilung Starke Schule beider Basel, 26.9.
1. Bildungsdirektion
setzt Kernanliegen nicht um
Im März 2016 hat die Starke Schule die
Initiative „Stopp dem Verheizen von Schüler/-innen: Ausstieg aus dem
gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenprojekt“ mit 2‘024
Unterschriften eingereicht. Im Februar dieses Jahres
stimmte der Landrat mit 47 zu 36 Stimmen bei 2 Enthaltungen der unformulierten
Initiative deutlich zu und beauftragte damit die Bildungsdirektion, eine
entsprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten.
Ärgerlich ist nun, dass die
Bildungsdirektion (BKSD) das Kernanliegen dieser unformulierten
Initiative offensichtlich nicht umsetzen will – möglicherweise ist der
Druck des Bildungsrates zu gross. Die zu erarbeitende Gesetzesvorlage
soll offenbar so ausgestaltet werden, dass weiterhin mit den
Passepartout-Lehrmitteln gearbeitet werden kann. Im Unterschied zu einer
formulierten Initiative, bei welcher der exakte Gesetzesparagraph vorgegeben
ist, hat die Regierung bei einer unformulierten Initiative einen gewissen
Spielraum bei der Erarbeitung der Gesetzesvorlage. Allerdings ist es aus
rechtsstaatlichen Gründen und einem demokratischen Grundverständnis mehr als
fragwürdig, wenn die BKSD diesen Spielraum derart ausreizt, dass die
Kernanliegen der eingereichten Initiative nicht mehr umgesetzt werden.
Die angebliche Lehrmittelfreiheit –
ein „fauler“ Trick
Geht es nach dem Willen der BKSD, soll
es für jedes Fach eine Lehrmittelliste geben mit mehreren Lehrmitteln, d.h.
mindestens zwei. Aus dieser Liste müssen die Lehrpersonen dann ein Buch
auswählen, welches sie im Unterricht als Leitlehrmittel einsetzen. Diese
Wahlmöglichkeit klingt zwar gut, ist aber ein „fauler“ Trick. Bereits
heute ist bekannt, dass die Passepartout-Lehrmittel Mille feuilles, Clin d’oeil
und New World in diese Lehrmittelliste aufgenommen werden sollen.
Verantwortlich dafür ist der Bildungsrat. Welche Lehrmittel zusätzlich in die
Lehrmittelliste aufgenommen werden, beschliesst ebenfalls der Bildungsrat, der
ein klarer Bekenner der Passepartout-Ideologie ist. Er kann damit verhindern,
dass international anerkannte Lehrmittel in die Lehrmittelliste aufgenommen
werden. Solche bei Fachexperten anerkannten Lehrmittel sind aufbauend
strukturiert und folgen dem pädagogischen Grundsatz, die Schüler/-innen von
einfachen zu schwierigen Anforderungen zu führen. Sie setzen die Schwerpunkte
auf Wortschatzaufbau, Lese- und Hörverständnis, Sprechen, Schreiben und
Sprachstruktur. Damit stehen sie im krassen Gegensatz zu den unsäglichen
Passepartout-Lehrmitteln, welche der Bildungsrat um jeden Preis halten will.
Der Bildungsrat hat – falls
die unformulierte Initiative so umgesetzt wird – die
Möglichkeit, in die Lehrmittelliste nur Schulbücher aufzunehmen,
welche der Passepartout-Ideologie folgen. Damit kann er verhindern, dass die
Lehrpersonen international anerkannte Lehrmittel in ihrem Unterricht als Leitlehrmittel
verwenden. Dass der Bildungsrat fragwürdige Entscheide fällt, welche den
Schulen schaden, zeigen einige Beispiele der nahen Vergangenheit eindrücklich:
So beschloss er zum Beispiel die Abschaffung der Einzelfächer Geschichte,
Physik, Chemie, Biologie, Geografie und die Einführung von diffusen
Sammelfächern.Nur dank einer Initiative konnte dies verhindert
werden. Auch eine Stundentafel mit vielen
einstündigen Promotionsfächern, die für die Schulen aus
organisatorischen Gründen gar nicht umsetzbar gewesen
wäre, versuchte er durchzusetzen.
Das Blaue vom Himmel versprochen
Viele Primarschulleitungen haben ihren
Lehrer/-innen während Jahren das Blaue vom Himmel versprochen: Die neue
Passepartout-Unterrichtsmethode würde dazu führen, dass die
Primarschüler/-innen am Ende der Primarschulzeit (abgesehen von
grammatikalischen Fehlern) fliessend Französisch reden könnten. So
rechtfertigten sie die langen und arbeitsintensiven Weiterbildungskurse, zu
denen sie ihre Lehrer/-innen verdonnerten. Jetzt einzugestehen, dass
Passepartout gescheitert ist, käme einem immensen Gesichtsverlust gleich.
Die Realität sieht ganz anders aus, wie
wir heute wissen: Nach der Primarschulzeit können die Schulkinder praktisch
keinen einzigen Satz reden. Das millionenteure Passepartout-Konzept ist
gescheitert. Die Leidtragenden sind die Schüler/-innen.
Starke Schule reagiert mit
identischer Initiative, jedoch mit formuliertem Gesetzesparagraph
Der Starken Schule bleibt deswegen
nichts anderes übrig, als mit einer formulierten Initiative zu reagieren,
welche wörtlich umgesetzt werden muss. Nur so können wir erreichen,
dass die bei Eltern und Lehrpersonen heftig kritisierten
Passepartout-Lehrmittel durch gute Schulbücher ersetzt werden. Die
Initiative verlangt einen neuen §7c (Lehrmittel Volksschule) im Bildungsgesetz,
mit folgenden zwei Absätzen:
1 Der Fremdsprachenunterricht
an der Volksschule ist aufbauend strukturiert, von einfach zu schwierig. Er
setzt insbesondere auf die Schwerpunkte Wortschatzaufbau, Lese- und
Hörverständnis, Sprechen, Schreiben und Sprachstrukturen.
2 Die Lehrmittel Mille
feuilles, Clin d’oeil und New World sowie die dazugehörenden Begleitmaterialien
werden an der Volksschule nicht eingesetzt.
2. BKSD hält
Versprechen nicht ein
Auch die zweite Initiative ist
notwendig geworden, weil die BKSD ihr Versprechen, Stoffinhalte und Kompetenzbeschreibungen
im Lehrplan Volksschule Baselland gleich zu gewichten, nicht einhalten konnte,
möglicherweise auf Druck des Bildungsrates oder der Konferenz
der Schulleitungen. So sollten ursprünglich eine textliche und
visuelle Gleichgewichtung der Stoffinhalte und
Kompetenzbeschreibungen sowie eine entsprechende Kommunikation der
BKSD gegenüber den Schulen und der Öffentlichkeit realisiert werden. Dies war
ein entscheidender Grund, weshalb die Starke
Schule die Initiative „Ja zu Lehrplänen mit klar definierten
Stoffinhalten und Themen“ zugunsten des Gegenvorschlages zurückgezogen
hat. Der Gegenvorschlag wurde vom Volk dann auch am 10. Juni 2018 mit rund 85%
Ja-Stimmen deutlich befürwortet. Stossend ist: Heute
dominieren die 3‘500 Kompetenzbeschreibungen den Lehrplan Volksschule Baselland
visuell und textlich.
Mit der Initiative möchten wir die
Anzahl Kompetenzbeschreibungen auf eine vernünftige und zu bewältigende Grösse
von maximal 1‘000 reduzieren. Die Initiative verlangt die Änderung von §7b (Lehrplan
Volksschule) im Bildungsgesetz, mit folgenden zwei Absätzen:
1 Die Stufenlehrpläne
der Primarstufe und der Sekundarstufe I bestehen aus klar definierten
Stoffinhalten und Themen sowie aus für beide Schulstufen zusammengezählt
maximal 1‘000 einzelnen Kompetenzbeschreibungen jeglicher Art. Für die
Promotion sind schwerpunktmässig die Stoffinhalte und Themen massgebend.
2 Für die Sekundarstufe
I sind die Stoffinhalte und Themen nach Jahreszielen und Anforderungsniveaus
differenziert und abgestimmt auf die Inhalte und Anforderungen der beruflichen
Grundbildung mit oder ohne Berufsmaturität, der Fachmittelschule und des
Gymnasiums.
Auch wenn
Regierungsrätin Monica Gschwind in verschiedenen Bereichen (Sammelfächer,
Stundentafel, Lernlandschaften, Stoffinhalte im Lehrplan Volksschule Baselland
etc.) viele Ziele erfreulicherweise umsetzen konnte und insgesamt eine gute
Regierungsarbeit leistet, bleibt betreffend Passepartout und Lehrplan
Volksschule Baselland weiterhin Handlungsbedarf.
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