9. August 2020

Masken an der Volksschule kein Thema

Freude und Neugier mischen sich mit Nervosität. Neue Gspänli, neue Lehrerinnen und Lehrer, ein neues Schulhaus. In einem Dutzend Kantone beginnt am Montag der Unterricht, Klassenzimmer und Pausenplätze füllen sich wieder mit Leben. Tausende Kinder gehen erstmals in die Schule, Tausende Jugendliche erstmals in die Oberstufe, ans Gymnasium, in die Berufsschule. Der erste Schultag, wir kennen es alle, ist speziell. Und dieses Jahr ist alles noch spezieller.

Spezieller Schulbeginn: Wo Schüler Masken brauchen - und warum sich der Schulleiterverband vor dem Herbst fürchtet, Schweiz am Wochende, 8.8. von Maja Briner

60 Masken und Desinfektionsmittel – liebevoll «Desifläschli» genannt – erhalten die Schüler im Berner Kirchenfeld-Gymnasium, dazu Anweisungen: Hände bitte häufig waschen, in Korridoren nur auf der rechten Seite gehen. Es ist ein Beispiel von vielen, wie die Pandemie den Schulstart prägt. Landauf, landab stellt sich die Frage: Wie können Schülerinnen und Schüler trotz Coronavirus möglichst normal unterrichtet werden? Und ganz konkret: Dürfen die Eltern der Erstklässler am ersten Tag in die Schule kommen? Müssen ältere Schüler nebst Büchern und Stiften Masken in den Schulsack packen?

Besonders viele Fragen stellen sich derzeit für die Sekundarstufe II, also etwa für Gymnasien und Berufsschulen. Anders als die Volksschule hatten sie vor den Sommerferien vielerorts noch auf Fern- oder Halklassenunterricht gesetzt. Nun kehren auch sie zum normalen Unterricht zurück. Und während Kinder das Virus kaum verbreiten, ist das bei jungen Erwachsenen anders. Für sie gilt auch in der Schule: 1,5 Meter Abstand halten. Über den Sommer wurde daher überflüssiges Mobiliar weggeräumt, Pulte wurden umgestellt. Zu reden gab und gibt aber vor allem eine Massnahme: die Maskenpflicht.

In mehreren Kantonen müssen Berufs- und Mittelschüler eine Maske tragen, wenn sie den Abstand von 1,5 Metern nicht einhalten können. Das gilt in der gesamten Westschweiz, wie die zuständige interkantonale Konferenz gestern mitteilte. In der Deutschschweiz sind die Regeln verschieden.

Im Aargau gilt Maskenpflicht, wenn im Schulzimmer weniger als 2,25 Quadratmeter pro Person zur Verfügung stehen. Basel-Stadt sieht nur punktuell eine Pflicht vor, etwa bei Laborunterricht. In Schwyz muss auf dem Schulareal Maske getragen werden, nicht aber im Klassenzimmer. Luzern plant gemäss früheren Angaben eine umfassende Maskenpflicht, genau informiert wird kommende Woche. Andere Kantone verzichten ganz auf eine Pflicht.

Lehrerverband kritisiert kantonalen Flickenteppich

Die Unterschiede stossen auf Kritik. Der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer (LCH) und der Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) hätten sich eine einheitlichere Lösung gewünscht. LCH-Zentralsekretärin Franziska Peterhans sagt: «Es wäre hilfreich, wenn sich die Kantone zumindest regional absprechen würden. Das wäre einfacher und besser nachvollziehbar.» Entschieden Nachbarkantone mit ähnlicher Ausgangslage unterschiedlich, könne das zu Verunsicherung führen.

Unterstützung für eine Maskenpflicht kommt aus der Wissenschaft. Der Basler Epidemiologe Marcel Tanner, Mitglied der bundesrätlichen Covid-19-Taskforce, hält diese an nachobligatorischen Schulen für sinnvoll, «insbesondere, wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann». Dass je nach Kanton unterschiedliche Schutzkonzepte gelten, sei richtig: «Die Massnahmen müssen zugeschneidert sein auf die jeweilige Situation, auf die epidemiologische Lage im Kanton oder der Region, aber auch auf die Infrastruktur der Schule.»

Aufatmen können Schüler bis zur neunten Klasse: Für sie sind Masken kein Thema. «Eine Maskenpflicht an der obligatorischen Schule ist sicher nicht sinnvoll», sagt Thomas Minder, Präsident des Schulleiterverbands. Mit der Maske verstehe man sich beim Reden nicht so gut, zudem sei für jüngere Schulkinder die Mimik sehr wichtig.

Mit einiger Besorgnis schaut Minder auf den Herbst. «Meine grosse Befürchtung ist, dass wir im Herbst Unmengen an Lehrpersonen haben, die ausfallen, weil sie einen Husten haben und deshalb gemäss den Vorgaben des Bundes zu Hause bleiben müssen», sagt er. Und:

Auch Franziska Peterhans vom Lehrerverband geht davon aus, dass dies zu Problemen führen dürfte. Sie betont, es sei wichtig, sich an die Vorgaben des Bundes zu halten. «Klar ist aber auch: Es stehen nicht beliebig viele Personen bereit, um einzuspringen. Das wird eine Belastung sein.» Vieles dürfte auch davon abhängen, wie sich die Pandemie entwickelt – die Unsicherheit, sie ist gross.

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