30. April 2020

Graubünden prüft Abschaffung der Gymi-Aufnahmeprüfung

Ein Auftrag von Grossrat Remo Cavegn fordert die Abschaffung der Prüfung für den Übertritt ins Gymnasium. Andere Kantone sind diesen Weg bereits gegangen. Die Bündner Regierung will das Anliegen extern prüfen lassen.
Abschaffung der Kanti-Prüfungen unter der Lupe, Südostschweiz, 30.4. von Patrick Kuoni

Die Bündner Regierung steht einer Abschaffung der Prüfung für die Aufnahme an Bündner Mittelschulen skeptisch gegenüber. Dies lässt sie in einer Antwort auf einen Auftrag von CVP-Grossrat Remo Cavegn (Bonaduz) durchblicken. Der Auftrag fordert von der Regierung, die Grundlagen für einen Systemwechsel zu schaffen.

Mehr Druck auf die Lehrpersonen
In ihrer Antwort begründet die Regierung ihre kritische Haltung gegenüber der Idee damit, dass ein Verzicht den Druck auf die zuweisenden Lehrpersonen erhöhen würde. Sie lässt auch die Begründung von Cavegn nicht gelten, dass die Prüfung aufgrund von externen Vorbereitungskursen zu einer sozialen Ungleichheit führe, weil sich nur Vermögende diese leisten könnten.

Die Regierung hält fest, dass sie externen Kursen zwar kritisch gegenüberstehe. «Wie der Schweizer Bildungsbericht 2018 bestätigt, sind solche Kurse für einen nachhaltigen schulischen Erfolg aber nicht entscheidend.» Es sei gar anzunehmen, dass Angebote für Nachhilfeunterricht bei einem Aufnahmeverfahren ohne Prüfung zunehmen würden, sodass auch die Ungleichheit grösser werden könnte. «Auch konnte aufgezeigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, trotz ungenügender Kompetenzen ins Gymnasium aufgenommen zu werden, in Kantonen ohne Aufnahmeprüfung deutlich höher ist als in solchen, in denen eine Prüfung das hauptsächliche Selektionsinstrument darstellt», schreibt die Bündner Regierung weiter.

Cavegn ist erfreut
Trotz der kritischen Anmerkungen wird das Anliegen von Cavegn aber von der Regierung nicht abgelehnt. Sie will den Auftrag von Cavegn abändern, um eine umfassendere Prüfung des Anliegens zu ermöglichen. So soll ein externes Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Cavegn zeigt sich denn auch gegenüber Radio Südostschweiz ziemlich zufrieden mit der Antwort: «Es ist positiv, dass die Bündner Regierung eine neutrale Stelle beauftragen möchte, um die Vor- und Nachteile eines Systemwechsels aufzuzeigen.» Dies sei sinnvoll, um einen faktenbasierten Entscheid treffen zu können. «Es ist wichtig, dass ein Thema, das bei vielen Eltern Unverständnis auslöst, genauer angeschaut wird.»

Graubünden wäre nicht der erste Kanton, der einen prüfungsfreien Übertritt ins Gymnasium einführen würde. Die Kantone Zug, Luzern, Bern, Uri und der Halbkanton Basel-Landschaft kennen beispielsweise bereits ein solches System.


1 Kommentar:

  1. Grossrat Remo Cavegn (CVP) möchte die Aufnahmeprüfung ans Gymnasium abschaffen und damit die «Chancengleichheit» der Schüler erhöhen. Diese werde durch den Besuch von Kursen, die auf die Aufnahmeprüfung vorbereiten, eingeschränkt. Graubünden hat die höchste Gymnasialquote der Ostschweiz. Eine Abschaffung der Prüfung führt dazu, dass die Zahl der Gymnasiasten noch ansteigen wird, denn Lehrpersonen erteilen Schülern eher gute Noten, um nicht in Konflikt mit ehrgeizigen Eltern zu geraten. Das ist das Gegenteil von Chancengerechtigkeit. Lehrerurteile und Erfahrungsnoten sind immer auch subjektiv, Prüfungen sind demgegenüber gerechter. Weiter ist anzufügen, dass höhere Gymnasialquoten auch mit sinkenden Ansprüchen einhergehen. Wollen wir das wirklich? Bereits jetzt gehen Wissenschaftler davon aus, dass mindestens 30 Prozent der Schüler nicht die nötige Intelligenz für ein Gymnasium mitbringen. Wieso also den Weg für noch mehr frustrierte Studenten ebnen? Sinnvoller erscheint es mir, darüber nachzudenken, wie die Geschlechterquote zwischen Mädchen und Buben ausgeglichen werden könnte. Hier fehlt offenbar der politische Wille, die seit Jahren benachteiligten Buben zu fördern. Ausserdem könnte man, statt die Aufnahmeprüfung abzuschaffen, diese so gestalten, dass sie auf dem Stoff basiert, der in der Schule auch durchgenommen wird.

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