Der Geschichtsunterricht braucht einen kräftigen Anschub, von Hanspeter Amstutz, 28.4.
Weniger
rosig sehe ich seine qualitative Einschätzung des Geschichtsunterrichts an der
Volksschule. Das Fach Geschichte ist bei den Verteilkämpfen um Lektionenanteile
und bei der Selbständigkeit als Studienfach völlig zwischen Stuhl und Bank
gefallen. Mit nur einer wöchentlichen Geschichtslektion in der Sekundarschule kann
geschichtliches Wissen nur bruchstückhaft vermittelt werden. Von einem für
Jugendliche verständlichen Aufbau des Werdens der modernen Schweiz von 1848 bis
in die Gegenwart kann kaum noch die Rede sein. Dabei ist die moderne Schweizer
Geschichte eine Fundgrube für politisch relevante Ereignisse, wenn diese didaktisch
gut aufbereitet werden. Zwar finden sich in den neuen Lehrmitteln gute
Anregungen für entdeckendes Lernen, doch bei der Förderung der
bildunterstützten Erzählkunst besteht in der Aus- und Weiterbildung der
Lehrpersonen grosser Nachholbedarf.
In der
Praxis hat der elementare Geschichtsunterricht den Weg nach der Dekonstruktion
der Mythen noch nicht gefunden. Aus dem Bedenken heraus, das Erzählen von
fragwürdigen Ereignissen aus der Schweizer Urgeschichte sei nicht zu
rechtfertigen, hört der Geschichtsunterricht in vielen sechsten Klassen nach
dem Thema Ritter und Burgen einfach auf. Die bewegte Sturm- und Drangzeit der
Alten Eidgenossenschaft bleibt so ein weisser Fleck. Dies wäre eher zu
verschmerzen, wenn dafür identitätsstiftende Alternativen wie beispielsweise die
grossartige Geschichte der Gotthardbahn vermittelt würden.
Der
festgefahrene Karren des Geschichtsunterrichts benötigt dringend einen
kräftigen Anschub. Dafür braucht es ein schülergerechtes Bildungsprogramm mit zusammenhängendem
Basiswissen, eine fachspezifische Ausbildung der Lehrpersonen und eine
Aufstockung der Lektionenzahl. Nur so kann es gelingen, dem kulturbildenden Fach
Geschichte wieder einen besseren Platz an unseren Schulen einzuräumen.
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