Corona-Ferien
waren gestern. Spätestens seit Mitte Woche müssen Schülerinnen und Schüler
wieder büffeln – und das von zu Hause aus. Doch dass Fernunterricht nicht
gleich Fernunterricht ist, wird vor allem im Kanton Baselland mit seinen 86
Gemeinden schnell deutlich. Je ein Primar- und ein Sekundarlehrer erzählen der
bz, wie sie den zu Hause sitzenden Kindern Schulstoff vermitteln.
Die Schule in Zeiten von Corona, BZ Basel, 20.3. von Michael Nittnaus
Stefan
Kränzle möchte als Erstes mit einem Vorurteil aufräumen: «Für uns Lehrer sind
es auch keine Ferien. Wir betreiben zurzeit einen massiven Mehraufwand.» In
mehreren Nacht- und Wochenendschichten hätte sich die Primarschule Hölstein auf
die neue Situation vorbereitet, erzählt der Schulleiter, der auch selbst eine
Klasse führt. Zwei Lehrer-Teams für Kindergarten bis zur zweiten Primarstufe
sowie von der dritten bis zur sechsten Klasse hätten getrennt Ideen kreiert.
«Mathe und Deutsch sind einfach im Fernunterricht zu vermitteln, aber mir war
es wichtig, dass auch Musik, Gestalten und Bewegung vorkommen», so Kränzle. Die
Lehrer hätten einen Wochenplan erstellt, der alle Bereiche berücksichtigt.
Deshalb kann eine Aufgabe auch ein Spaziergang an der frischen Luft sein oder
das Helfen im Haushalt.
Materialien mussten die Schüler gestaffelt in der Schule abholen, darunter auch
Springseile oder Jonglierbälle. Für den Kindergarten hat die Schule ein
30-seitiges Kreativ-Dossier zum freien Download auf die Website gestellt. «Das
wird bereits im ganzen Kanton unter den Schulen herumgereicht», sagt Kränzle.
Aussergewöhnlich für die Primarstufe ist, dass Hölstein ab der dritten Klasse
bereits über das Chatprogramm «Teams» mit den Schülern kommuniziert. Dafür
seien die Lehrer am Mittwochabend extra weitergebildet worden. Die Kinder
erhalten Tablets oder Laptops. Kränzle: «Lange wurden die sozialen Medien in
der Schule verteufelt, doch jetzt sehen wir, wie wichtig sie sein können.»
Zwei bis vier Stunden Aufwand pro Tag seien vorgesehen. Prüfungen gibt es – vorerst
– keine. Kränzle sieht es positiv: «Vielleicht kommen wir mit dem Stoff nicht
so weit wie sonst, dafür lernen die Kinder viel fürs Leben.»
Ein Baselbieter Sekundarlehrer erzählt
Dass
dieser Tage so viele verschiedene Unterrichtskonzepte herumschwirren, ist auch
David Christen aufgefallen: «Wir tauschen uns viel mit anderen Schulen auch aus
anderen Kantonen aus. Die Menge an Informationen ist durchaus ein Problem»,
sagt der Lehrer an der Sekundarschule Laufental zur bz. Anfang Woche hätten
sich jeweils die verschiedenen Lehrer einer Klasse beraten. Das Glück der Sek
Laufental: Bereits vergangenen Sommer wurde hier das Chatprogramm «Teams»
eingeführt. Die Umstellung auf Fernunterricht dürfte den Lehrern und Schülern
also etwas leichter fallen.
Christen setzt denn auch voll auf diesen Kommunikationskanal. Zwischen 8 und 8.15 Uhr
müssten sich alle seine Erstklässler einloggen und bei ihm melden. Bis um 11.45
Uhr müssen sie für ihren Klassenlehrer immer erreichbar sein. Vor dem Mittag
müssen sie ihm kurz berichten, wie es gelaufen ist und sich abmelden. Der
Nachmittag sei dagegen freier einteilbar. Über das spezialisierte
Aufgabenverwaltungstool in «Teams» vergibt Christen Arbeiten, die er mit
Abgabefristen versehen kann. Die Vorgabe der Schule sei, dass die Jugendlichen
jeden Tag rund fünf Stunden beschäftigt sind. «Die Stoffmenge ist mit vorher
vergleichbar», sagt der 36-Jährige, der Deutsch, Englisch, Geschichte und
Geografie unterrichtet.
Prüfungen gebe es an der Sek Laufental bis zu den Frühlingsferien sicher noch keine, so
Christen. Anders hatte es die Sek Muttenz vor: Gewisse Lehrer setzten mehrere
Prüfungen an, zu denen die Schüler in kleinen Gruppen an der Schule hätten
erscheinen sollen. Wie die bz weiss, krebste die Schulleitung mittlerweile aber
zurück. Christen kann sich auch noch nicht vorstellen, wie etwa Prüfungen über
«Teams» ablaufen könnten. «Die Schüler aus der Ferne zu kontrollieren, wäre
sicher schwierig.»
Seine Klasse mache bis jetzt sehr gut mit. «Ein bis zwei, die ich ermahnen
muss, gibt es natürlich immer», so Christen. Der Fernunterricht sei gerade in
der Anfangsphase für viele Jugendliche sicher auch spannend. Dauere er aber
über Wochen und Monate an, könne die Motivation einreissen. Christen: «Was
eindeutig fehlt, ist der persönliche Kontakt, um besser auf jeden Einzelnen
eingehen zu können.»
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