Das Buch «Eine Kultur schafft sich ab» vereint eine
Auswahl von Beiträgen zu den Themen Sprache, Schule und Bildung. Die Texte sind
im St. Galler Tagblatt und in Titeln der CH Media erschienen.
"Eine Kultur schafft sich ab", SRF Regionaljournal, 6.1. von Peter Schürmann
SRF News: In Ihren Kolumnen findet man immer eine
Gemeinsamkeit: Ihre scharfzüngige Kritik am Zeitgeist. Wer schafft denn jetzt
hier die Kultur ab?
Mario Andreotti: Es ist der Zeitgeist. Es muss
heute alles schnell gehen und pragmatisch sein, das heisst, einen praktischen
Nutzen haben. Da bleibt für eine umfassende, humanistische Bildung, aber auch
für einen sorgfältigen Umgang mit unserer Sprache, kaum mehr Zeit.
Humanistische Fächer wie Literatur, Geschichte, Philosophie werden zunehmend an
den Rand gedrängt oder verschwinden ganz aus dem Lehrplan. Weil sie angeblich
nutzlos sind und weil unsere Sprache fortlaufend beschädigt wird, ohne dass
dies Konsequenzen hat. Grammatikfehler, Interpunktionsfehler, Stilfehler und
das selbst in den Zeitungen, das meine ich, wenn ich von der Abschaffung der
Kultur spreche.
Wir wollen ein Thema fokussieren: die
Kantonsschule. Ihre These ist es, dass sich auch die Kanti abschafft. Wie
meinen sie das?
Das Gymnasium war lange der Königsweg zu den
Universitäten. Das Maturazeugnis war gleichbedeutend mit dem Zugang zu den
Universitäten. Dies ist heute leider längst nicht mehr so. Fachhochschulen
verlangen heute auch von Maturae und Maturi Aufnahmeprüfungen. Auch für das
Medizinstudium braucht es eine Aufnahmeprüfung, und selbst an der ETH kann ich
mit einer spezifischen Aufnahmeprüfung aufgenommen werden. Dies ist eine
Abwertung der Matura.
Ich habe beim Lesen Ihres Buches festgestellt, dass
sie der Meinung sind, dass das Neue nicht immer das Bessere ist. Würden Sie
sich als konservativ beschreiben?
Nein! In keiner Weise. Wer nicht dem Mainstream
folgt und nicht einfach Meinungen übernimmt, die man angeblich überall hat, der
gilt sofort als konservativ oder sogar als rechts-konservativ, als
fundamentalistisch oder gar als Sektierer. Mir geht es nicht darum, alles zu
verteufeln, was im Rahmen dieser Bildungsinitiativen gemacht wurde. Mir geht es
darum, die Schieflagen, die entstanden sind, kritisch zu begleiten.
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