2. Dezember 2019

«Dis donc»-Euphorie in der NZZ


Robin Schwarzenbach lobt das Französischlehrmittel «Dis donc» in höchsten Tönen. Wenn man sich die Informationen zum Lehrmittel «Dis donc» im Lehrmittelverlag ansieht, handelt es sich dabei um ein Lehrwerk, das der gleichen Didaktik folgt wie Passepartout in den Kantonen VS, BE, FR, SO, BL und BS: Authentische Texte, funktionale Mehrsprachigkeit, Strategien, anspruchsvolle Arbeitsaufträge, Computerisierung des Lehrganges, Konstruktivismus, etc.
Auf den ersten Blick scheinen die Themen näher an den Lehrplankompetenzen zu liegen als in «Mille feuilles» und «Clin d’oeil». Von Anfang an wurde der Differenzierung mit entsprechenden Algorithmen offenbar Beachtung geschenkt, während bei Passepartout die Differenzierungshilfen aufwändig nachträglich erstellt werden müssen. Wie effizient das gelungen ist, lässt sich ohne genauere Prüfung nicht sagen.
"Dis donc"-Euphorie in der NZZ, 2.12. von Felix Schmutz


Der NZZ-Artikel von Schwarzenbach argumentiert ziemlich naiv mit Modernität dank Digitalisierung, mit dem angeblichen Spassfaktor, mit der Individualisierung. Das ist der typische Qualitätsbeweis durch Euphorisierung der Berichterstattung, wie man es von gekauften Kommunikationsagenturen kennt. Wo aber ist der Nachweis, dass hier überhaupt etwas gelernt wird? Gibt es eine seriöse Vergleichsstudie? Wer mit der professionell aufgezogenen Propaganda zu Passepartout vertraut ist und erfahren hat, wie jämmerlich die Kenntnisse der «Opfer» ausfallen, nimmt erstaunt zur Kenntnis, mit welcher Leichtgläubigkeit andere nun in die gleiche Falle tappen. Torheit ist offenbar kantonsüberschreitend wie die Grippe.

Warum funktioniert diese Didaktik nicht? Ganz einfach: Der Lehrgang bietet Material, das bestens geeignet ist für Leute, welche die Sprache schon können. Diese erhalten lustige, spannende und informative Texte, Filme, Lieder, mit denen sie ihren Wortschatz erweitern können und die sie zu schönen Arbeitsaufträgen anregen. Dumm ist nur, dass die Lernenden die Sprache noch gar nicht können, dass sie diese zuerst lernen müssten, dass die Sprachmittel für anspruchsvolle Aufgaben noch längst nicht ausreichen. Das ist genau das Problem bei den Passepartout-Lehrmitteln: Kinder beschäftigen sich mit der Vogelwelt, mit dem Schiffsbau, mit moderner Kunst, mit technischen Erfindungen, mit kulturellen Sehenswürdigkeiten, alles in authentischer Sprache, im spezialisierten Wortschatz, ganz toll, aber die Autoren vergessen das unbedeutende Detail, dass die Lernenden die Sprache noch nicht können. Diese Sprachkenntnisse müssten eben schrittweise zuerst aufgebaut werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen