Höchste Schweizerin hält Plädoyer für Sprachenvielfalt, Südostschweiz, 28.11. von Andri Nay
Über 30 verschiedene Sprachen werden an der Pädagogischen Hochschule Graubünden gesprochen. Genau der richtige Ort für die höchste Schweizerin und ihren Beitrag zur Sprachendebatte.
Graubünden ist mit seinen
drei Kantonssprachen und fünf romanischen Idiomen ein Mekka für
Sprachen-Liebhaber. Da wundert es nicht, dass die mehrsprachige Nationalratspräsidentin
Marina Carobbio Guscetti die Einladung der Pädagogischen Hochschule Graubünden
(PHGR) annahm und am Dienstag einen Vortrag über die gesellschaftliche und
politische Bedeutung der Sprachenvielfalt hielt.
Carobbio, die erst wenige
Tage zuvor im Tessin überraschend zur Ständerätin gewählt worden war, sprach
vor rund 250 geladenen Gästen und Studierenden. Eine Sprachendebatte und ein
Podiumsgespräch mit Bildungsexperten umrahmten diesen Vortrag – natürlich alles
auf Italienisch, Romanisch und Deutsch.
«Sprache
vermittelt Wissen»
Schon Carobbios Vorredner
hielten ein Plädoyer auf die Sprachenvielfalt. «Wir haben in Graubünden nicht
nur Vielfalt in den Bergen und Seen, sondern auch in der Sprache», begrüsste
Gian-Paolo Curcio, Rektor der PHGR, die Gäste in der bis auf den letzten Platz
besetzten Aula. «Ohne Sprache gibt es keine Zukunft, keine Vergangenheit und
auch keine Kultur.» Und nicht zuletzt passend zur Veranstaltungsstätte verwies
der Hochschulrektor darauf, dass Sprache für die Bildung essenziell sei, indem
sie «Wissen vermittelt».
Vincenzo Todisco,
Co-Leiter der Sonderprofessur integrierte Mehrsprachigkeitsdidaktik (IMD)
sprach über die grosse Sprachenvielfalt an der PHGR: «Deutsch, Romanisch,
Italienisch, Englisch, Spanisch, Albanisch, Polnisch, Finnisch, Koreanisch und
sogar Gälisch sprechen die Studierenden der PHGR.» Insgesamt seien mehr als 30
verschiedene Sprachen und damit genauso viele unterschiedliche Kulturen
präsent. Doch sogar innerhalb einer Sprache gebe es Vielfalt: «Wir müssen nur
nach Haldenstein gehen und schon sprechen die Menschen ein wenig anders als in
Chur.»
Carobbios
grosser Auftritt
Hier knüpfte die höchste
Schweizerin bei ihrem Vortrag zur Bedeutung er Sprachenvielfalt an.
Nationalratspräsidentin Carobbio Guscetti meinte in ihrer Rede kurz und bündig:
«Wir müssen dankbar sein für die Mehrsprachigkeit unseres Landes – das ist
unsere Stärke».
Doch diese «Stärke» müsse
auch gepflegt werden. «Deshalb habe ich dieses Jahr alle Nationalratssitzungen
auf Italienisch geleitet.» Und es habe etwas gebracht: «Die Voten auf
Italienisch haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verdoppelt.»
Für Carobbio Guscetti geht
es dann beim Sprachenlernen auch um mehr als darum, ein paar Vokabeln zu
büffeln. «Eine Sprache zu lernen, bedeutet in eine andere Kultur einzutauchen
und gibt eine andere Sicht auf das Leben.»
Zum Abschluss der
Veranstaltung sagte Rico Cathomas, Co-Leiter der Sonderprofessur IMD, in einem
Podiumsgespräch: «Zweisprachigkeit bedeutet nicht generell Überforderung» und
Vincenzo Todisco ergänzte: «Wir müssen uns von der Idee, dass wir eine
Fremdsprache nach der Schule perfekt beherrschen, verabschieden. Sprachen
lernen, bedeutet lebenslanges Lernen.»
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