«Es braucht kritische Lehrpersonen», sagte Beatrice Messerli vom Grünen
Bündnis. Es brauche eine Schule, die ein Ort der Emanzipation und der Förderung
der Gleichstellung sei. Dafür würde vielleicht ein halbes Semester genügen, an
dem an der Pädagogischen Hochschule angehende Pädagogen künftig mit den Tücken
des gendergerechten Unterrichts vertraut gemacht würden. Sie habe das selber in
ihrer 41 Jahre langen Tätigkeit als Lehrerin erlebt: Immer wieder tappe man in
die Rollenbilder-Falle.
Damit auch Buben Pirouetten tanzen, Basler Zeitung, 20.11. von Franziska Laur
Der Antrag wurde knapp überwiesen, obwohl die Bürgerlichen dagegen
votierten. Sie argumentierten, so etwas brauche es nicht. Schliesslich werde an
der Fachhochschule schon genug für dieses Thema sensibilisiert.
Jungs sollen tapfer sein
Etwas legte Beatrice Messerli allen Ratsmitgliedern, ob für oder gegen
den Anzug, ans Herz: Sie sollten sich eine Dokumentation ansehen. Darin taucht
die durchaus weibliche Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes in die Lebens- und
Lernwelt von siebenjährigen Kindern ein. Und was sie dort entdeckt, ist witzig
und regt zum Denken an. Die Stereotype, welche die Primarschüler pflegen, sind
zunächst erschlagend: Jungs sollen tapfer sein, Mädchen dürfen weinen. Jungs
sind wild und schlau, Mädchen hübsch und lieb. Und als die Kinder vier
Menschenkörpern vier Berufsgattungen zuordnen müssen, sind die Männer Pilot und
Automechaniker und die Frauen sind Floristin und Tänzerin.
Die Kleinen staunen Bauklötze, als die Berufsleute in echt ins
Klassenzimmer kommen: Der verwegene wilde Kerl mit dem Bart ist Florist, der
grosse schlanke Mann Tänzer, die mütterlich wirkende Dame Pilotin und die
junge, kecke Frau Automechanikerin. Und plötzlich gucken die Mädchen
hochinteressiert in den Automotor und stehen mit grossen Augen vor der Pilotin,
als sie von fernen Horizonten erzählt, während die Jungs mit Hingabe einen
Riesen-Blumenkranz basteln und Pirouetten drehen.
Mehr Männer in den Schulen
Befürworter des Anzugs sind der Meinung, dass die angehenden
Lehrpersonen der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule FHNW mehr auf
Fragen der Emanzipation sensibilisiert werden sollten. Bereits Schulkinder
sollten dazu angeregt werden, zementierte Geschlechterrollen zu hinterfragen.
Gegen den Widerstand der Bürgerlichen und mithilfe der fraktionslosen
Grossratsmitglieder der Grünliberalen schaffte das Grüne Bündnis die
Überweisung des Anzugs mit 50 gegen 44 Stimmen. Die Regierung muss jetzt
prüfen, wie der gendergerechte Unterricht auf der Stufe der Lehrerausbildung
gefördert werden kann.
Klar überwiesen wurde ebenfalls ein Anzug, der die Regierung
verpflichtet zu prüfen, wie der Anteil der männlichen Lehrpersonen auf der
Stufe der Primarschule und im Kindergarten auf 35 Prozent erhöht werden kann.
Eine bessere Durchmischung wirke sich nur positiv auf die Entwicklung der
Kinder aus, argumentierten die Befürworter.
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