20. November 2019

Basel will mehr gendergerechten Unterricht


«Es braucht kritische Lehrpersonen», sagte Beatrice Messerli vom Grünen Bündnis. Es brauche eine Schule, die ein Ort der Emanzipation und der Förderung der Gleichstellung sei. Dafür würde vielleicht ein halbes Semester genügen, an dem an der Pädagogischen Hochschule angehende Pädagogen künftig mit den Tücken des gendergerechten Unterrichts vertraut gemacht würden. Sie habe das selber in ihrer 41 Jahre langen Tätigkeit als Lehrerin erlebt: Immer wieder tappe man in die Rollenbilder-Falle.
Damit auch Buben Pirouetten tanzen, Basler Zeitung, 20.11. von Franziska Laur


Der Antrag wurde knapp überwiesen, obwohl die Bürgerlichen dagegen votierten. Sie argumentierten, so etwas brauche es nicht. Schliesslich werde an der Fachhochschule schon genug für dieses Thema sensibilisiert.

Jungs sollen tapfer sein
Etwas legte Beatrice Messerli allen Ratsmitgliedern, ob für oder gegen den Anzug, ans Herz: Sie sollten sich eine Dokumentation ansehen. Darin taucht die durchaus weibliche Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes in die Lebens- und Lernwelt von siebenjährigen Kindern ein. Und was sie dort entdeckt, ist witzig und regt zum Denken an. Die Stereotype, welche die Primarschüler pflegen, sind zunächst erschlagend: Jungs sollen tapfer sein, Mädchen dürfen weinen. Jungs sind wild und schlau, Mädchen hübsch und lieb. Und als die Kinder vier Menschenkörpern vier Berufsgattungen zuordnen müssen, sind die Männer Pilot und Automechaniker und die Frauen sind Floristin und Tänzerin.

Die Kleinen staunen Bauklötze, als die Berufsleute in echt ins Klassenzimmer kommen: Der verwegene wilde Kerl mit dem Bart ist Florist, der grosse schlanke Mann Tänzer, die mütterlich wirkende Dame Pilotin und die junge, kecke Frau Automechanikerin. Und plötzlich gucken die Mädchen hochinteressiert in den Automotor und stehen mit grossen Augen vor der Pilotin, als sie von fernen Horizonten erzählt, während die Jungs mit Hingabe einen Riesen-Blumenkranz basteln und Pirouetten drehen.

Mehr Männer in den Schulen
Befürworter des Anzugs sind der Meinung, dass die angehenden Lehrpersonen der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule FHNW mehr auf Fragen der Emanzipation sensibilisiert werden sollten. Bereits Schulkinder sollten dazu angeregt werden, zementierte Geschlechterrollen zu hinterfragen.

Gegen den Widerstand der Bürgerlichen und mithilfe der fraktionslosen Grossratsmitglieder der Grünliberalen schaffte das Grüne Bündnis die Überweisung des Anzugs mit 50 gegen 44 Stimmen. Die Regierung muss jetzt prüfen, wie der gendergerechte Unterricht auf der Stufe der Lehrerausbildung gefördert werden kann.

Klar überwiesen wurde ebenfalls ein Anzug, der die Regierung verpflichtet zu prüfen, wie der Anteil der männlichen Lehrpersonen auf der Stufe der Primarschule und im Kindergarten auf 35 Prozent erhöht werden kann. Eine bessere Durchmischung wirke sich nur positiv auf die Entwicklung der Kinder aus, argumentierten die Befürworter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen