28. Oktober 2019

Beurteilung der MINT-Fächer wird schwieriger


In den Augen der Weininger Oberstufenlehrpersonen Ursina Lüthi-Buchli und Lukas Rechsteiner ist es höchste Zeit, dass die Studienbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik eine höhere Priorität erhalten.
So kommt die neue Gewichtung der MINT-Fächer bei Lehrpersonen an, Limmattaler Zeitung, 27.10. von Lydia Lippunger


Seit diesem Sommer unterrichten die Oberstufenlehrpersonen im Kanton Zürich den Fächerbereich MINT. Die Abkürzung steht für die im Lehrplan 21 zusammengefassten Studienbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Schon vor der Einführung des neuen Lehrplans wurden diese Fächer an der Oberstufe unterrichtet, doch ab diesem Schuljahr nehmen sie doppelt so viel Platz im Stundenplan ein wie bis anhin. Die Lektionen wurden auf Kosten der Fremdsprachen aufgestockt.
MINT gibt vor allem logisch denkenden Schülern eine Möglichkeit, ihre Stärken zu zeigen. «Das Fach hat nun die gleiche Gewichtung wie Französisch oder Englisch und ist somit für mathematisch begabte Schüler wertvoll», sagt Lukas Rechsteiner. Er ist Sekundarlehrer und mit seiner Arbeitskollegin Ursina Lüthi-Buchli verantwortlich für MINT an der Oberstufe in Weiningen. Lüthi-Buchli unterrichtet bereits seit 16 Jahren Naturwissenschaften. In ihren Augen ist es höchste Zeit, dass dieses Fach eine höhere Priorität erhält. «Einerseits war es dringend notwendig, da die Naturwissenschaften gegenüber den sprachlichen Fächern viel zu wenig stark gewichtet wurden. 

Andererseits erhoffe ich mir durch MINT einen grossen Mehrwert für das Allgemeinwissen der Schüler», sagt sie. Dabei geht es laut Rechsteiner nicht nur darum, dass später möglichst viele einen technischen Beruf erlernen, sondern dass sie die verschiedenen technischen Gebiete kennen lernen können.

Spass an der Praxis, doch die Theorie kommt zu kurz
Viele Schüler mögen den Alltagsbezug und das praktische Lernen mit MINT. So wird beispielsweise ein Modell gebaut, anstatt dass man es nur von der Tafel abzeichnet. Doch trotz der Begeisterung für die stärkere Gewichtung der Naturwissenschaften befürchten beide Lehrpersonen, dass spielerische Elemente zu hoch gewichtet sind. Da bleibe die Theorie auf der Strecke.

«Ich bin froh, haben wir endlich ein Lehrmittel für die Naturwissenschaften. Doch viele Themen werden nur kurz angeschnitten und man kann sie kaum vertiefen», so Lüthi-Buchli. Auch die Beurteilung gestalte sich schwieriger und aufwendiger, da vermehrt das Arbeiten und der Prozess der Schüler getestet werden soll. Zudem sei es momentan schwierig, für die doppelte Anzahl MINT-Lektionen genügend geeignete Klassenzimmer zu finden.

Das Klischee, dass die naturwissenschaftlichen Themen nur Knaben ansprechen, stimme nicht. Lüthi-Buchli sagt: «Mädchen und Knaben sind interessiert und auch gut darin. Einzig in gewissen Bereichen der Physik sind die Knaben tendenziell etwas interessierter.» Rechsteiner dagegen sagt, es komme auf den Bereich an. «In Menschenkunde oder Chemie sind die Mädchen stark. Doch in Physik und technischen Themen wie Motorenkunde sind die Knaben besser erreichbar.» Der Ausbau des Faches «Natur und Technik» gefällt beiden Lehrpersonen, doch das Fach müsse sich nun erst einmal etablieren. Acht Wochen sei eine zu kurze Zeit, um das neue Fach definitiv zu beurteilen. «Im Moment dreht sich alles um den Lehrplan 21. Doch wir werden auch wieder auf den Boden der Realität zurückkommen», sagt Rechsteiner. Damit meint er, dass man die Pädagogik nicht auf den Kopf stellen könne, sondern auch künftig pragmatische Lösungen suchen und neue Elemente einbauen muss.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen